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"Die viel Blut vergießen, stehen in der Acht der Götter" (Agamemnon 461f.). Mit diesem heute noch gültigen Satz erinnert der antike Dichter Aischylos alle, die sich berufen fühlen, Kriege zu führen, an ihre hohe Verantwortung. Er richtet damit den Fokus nicht zuletzt auf jene, die politische und militärische Führungspositionen in einer Hand vereinen - auf die Kriegsherren. Dieser Begriff bezeichnet die Letztverantwortlichen für gesamtstaatliche Kriegsanstrengungen. Es hat sie seit den Anfängen der Geschichtsschreibung durch alle Epochen hindurch gegeben, auch wenn ihre Bezeichnung als…mehr

Produktbeschreibung
"Die viel Blut vergießen, stehen in der Acht der Götter" (Agamemnon 461f.). Mit diesem heute noch gültigen Satz erinnert der antike Dichter Aischylos alle, die sich berufen fühlen, Kriege zu führen, an ihre hohe Verantwortung. Er richtet damit den Fokus nicht zuletzt auf jene, die politische und militärische Führungspositionen in einer Hand vereinen - auf die Kriegsherren. Dieser Begriff bezeichnet die Letztverantwortlichen für gesamtstaatliche Kriegsanstrengungen. Es hat sie seit den Anfängen der Geschichtsschreibung durch alle Epochen hindurch gegeben, auch wenn ihre Bezeichnung als Großkönig, Stratege, Fürst, Diktator, Oberbefehlshaber usw. je nach Kultur, Regierungsform und Zeitstellung wechselte. So steht im Zentrum dieses Bandes die Frage nach der Bedeutung historischer Persönlichkeiten für eine Geschichte von Staat und Krieg durch die Zeiten hindurch. Sind es wirklich die "großen Männer" und gelegentlich die "großen Frauen", die Geschichte machen?

22 ausgewiesene Historikerinnen und Historiker zeigen in ihren ebenso informativen wie nachdenklich geschriebenen Beiträgen die historischen Hintergründe von Kriegen und Schlachten und die Handlungsspielräume der jeweiligen Kriegsherren - von der Antike bis ins 20. Jahrhundert.
Autorenporträt
Stig Förster lehrt als Professor für Neueste allgemeine Geschichte an der Universität Bern.

Markus Pöhlmann hat als Historiker eng mit Stig Förster und Dierk Walter an der Universität Bern zusammen gearbeitet und ist derzeit Bildredakteur der Zeitschrift DAMALS.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.09.2006

Solches Glück hat nur der Kämpfer
Sie konnten in einem Augenblick alles riskieren: Kriegsherren von Cixi bis Hindenburg
Das Vorwort zu diesem Sammelband nennt zwölf Titel – von „Feldherr” bis „warlord” – , die nicht gleichgesetzt sein sollen mit dem des Kriegsherren. Was ein Kriegsherr ist, wird eigens definiert: Er ist der Inhaber der obersten militärischen und politischen Funktion im Staat. Somit ist ein reizvolles historisches Thema angedeutet. In Biografien von Personen, die den meisten Gebildeten bekannt sein dürften , wird ein exemplarisches Zusammenwirken von politischer und militärischer Orientierung vorgestellt, Anschauungsmaterial zu den oft zitierten Sätzen von Clausewitz, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, und Clemenceau, der Krieg sei eine zu ernste Sache, um ihn den Generälen zu überlassen.
Nicht jedem Gebildeten werden freilich alle Persönlichkeiten bekannt sein, die hier versammelt sind: von dem Indianerhäuptling Tecumseh hat man vielleicht in der Kindheit gehört, von der Chinesin Cixi wohl weder damals noch später. Attila und Dschingis Khan sind zwar Namen von überragender historischer Bedeutung, aber nicht gerade solche, denen man sich mit Clausewitz im Gepäck nähert. Der römische Kaiser Marcus Aurelius genießt sicherlich überall höchstes Ansehen, das Kriegführen gehört jedoch kaum zu den Leistungen, aufgrund derer er die Blicke der Nachgeborenen auf sich gezogen hat.
Sauber erfüllen lediglich die Monarchen die Definition der Herausgeber, wenn auch in unterschiedlichem Grade. Xerxes gewiss weniger als Alexander der Große, Friedrich der Große mehr als Schwedens Karl XII. und in besonderer Weise Kaiser Wilhelm II., bei dem erlernter militärischer Sachverstand politische Kompetenz und Handlungsbereitschaft eindeutig überwog. Dierk Walters Aufsatz über diesen letzten Preußen auf dem Thron gehört zu den besten des Buches.
Annähernd dahin kommen die Diktatoren, Stalin, Hitler und Mao, der hier als Despot figuriert. Über das, was die Aufsätze leisten, hinaus erklärungsbedürftig ist die Beachtung von Leuten wie Lincoln, Churchill und Nixon. Nixon ist wahrscheinlich nur hereingeholt worden, um das Bild vom Kriegsherrn kräftig einzutrüben. Churchill und Lincoln im Krieg waren herausragend wegen des Rangs ihrer Persönlichkeit, nicht wegen ihrer Funktion. Das Gleiche gilt mit Einschränkung für Caesar. Am fragwürdigsten erscheint die Berücksichtigung von Hannibal, Ludendorff und Paul von Lettow-Vorbeck. Diesen dreien sind denn auch die unzureichendsten Beiträge des Buches gewidmet. Die Kriegsführung Hannibals stellt Pedro Barcelo richtig in einen Zusammenhang mit einigem propagandistischen Aufwand bei dem Versuch, Verbündete auch in Italien zu gewinnen, was er ebenso falsch wie anachronistisch als „ideologische Offensive” bezeichnet. Aber ob Hannibal überhaupt in der Lage war, seinen Krieg mit allen Mitteln der politischen Macht Karthagos zu führen, bleibt die Frage. Insofern war er vielleicht doch eher Feldherr als Kriegsherr.
Ganz gewiss nicht Kriegsherr war Erich Ludendorff. Er hatte nicht einmal das Zeug dazu. Eine sorgfältige Analyse der Schlacht bei Tannenberg hätte gezeigt, dass Ludendorff dort wie ein hochbegabter, stets besorgter Angestellter agierte, Hindenburg dagegen wie ein risikobewusster, aber in der Aktion gelassener Unternehmer. Bis Kriegsende blieb Hindenburg neben dem quirligen Ludendorff ein Ruhepol. Kriegsherren waren beide nicht, ihr Kaiser, Wilhelm II. aber auch nicht. Es gab damals keinen.
Der Beitrag von Tanja Bührer zu Paul von Lettow-Vorbeck, dem einsamen Kriegshelden in Deutsch-Ostafrika, bietet keine Biografie, nicht einmal als Skizze, auch kein Porträt. Er versucht lediglich zu behaupten, dass Lettows Entscheidung für Kampfhandlungen einen Putsch bedeutet habe, da er gegen den Willen des Gouverneurs Schnee handelte. Richtig ist, dass Schnee die Lage falsch einschätzte und nicht mit dem sofortigen militärischen Vorgehen der Engländer rechnete. Da musste der Offizier tätig werden. Der Qualität ihrer Arbeit setzt die Autorin damit das bezeichnende Siegel auf, dass sie im Schlusssatz den Kapp-Putsch in das Jahr 1923 verlegt.
Fast alle Beiträge dieses Sammelbands verraten ein verblüffendes Desinteresse der Autoren an den militärischen Voraussetzungen für die Rolle als Kriegsherr – eine positive Ausnahme macht hier Dennis Shoewalter, der es aber insofern leicht hat, als diese Voraussetzungen bei Friedrich dem Großen die geringste Rolle spielten. Hans Joachim Gehrkes Ausführungen zu Alexander sind vorzüglich zu lesen; an die eigentümliche Disposition des Kriegsherrn, in einem Augenblick alles riskieren zu können und zu dürfen, traut er sich aber nicht heran. Die Belagerung und Eroberung von Tyros ist nicht deshalb bemerkenswert, weil hernach der König mit den Bewohnern höchst grausam verfuhr, sondern weil das Wetter im östlichen Mittelmeer ihn vor einer Katastrophe bewahrte. Solches Glück hat aber nur der Kämpfer.
Gerade wenn es, wie die Herausgeber schreiben, in diesem Buch nicht um die Schlachten geht, sondern um die Personen, die bereit und in der Lage waren, solche Schlachten in Serie zu riskieren, muss man erklären können, wodurch sich die Tapferkeit eines Chefs der Freiwilligen Feuerwehr in Vaterstetten von der Tapferkeit eines Soldaten unterscheidet. Wenn es politisch korrekt sein soll, da nicht hinzugucken, kann man über Kriegsherren nicht schreiben.
JÜRGEN BUSCHE
STIG FÖRSTER, MARKUS PÖHLMANN, DIERCK WALTER (Hrsg.): Kriegsherren der Weltgeschichte. 22 historische Porträts. Verlag C.H. Beck, München 2006. 415 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ziemlich durchwachsen findet Rezensent Jürgen Busche diesen Band mit zweiundzwanzig Porträts von Kriegsherren, den Stig Förster, Markus Pöhlmann und Dierk Walter herausgegeben haben. Busche bezweifelt, ob die Porträtierten allesamt unter die "Kriegsherr"-Definition der Herausgeber fallen, wonach ein Kriegsherr Inhaber der obersten militärischen und politischen Funktion im Staat ist. Zumindest bei Kandidaten wie Hannibal, Ludendorff und Paul von Lettow-Vorbeck hält er die Bezeichnung als Kriegsherr für nicht gerechtfertigt. Neben einigen richtig missglückten und mehreren mittelmäßigen Beiträgen bietet der Band zur Freude Busches auch ein paar gelungene Porträts. Ausdrücklich lobt er Hans Joachim Gehrkes Ausführungen zu Alexander dem Großen und Dennis Shoewalters Beitrag über Friedrich den Großen. Insgesamt überwiegen für Busche allerdings die negativen Seiten, zumal für ihn nahezu alle Beiträge dieses Bandes ein "verblüffendes Desinteresse der Autoren an den militärischen Voraussetzungen für die Rolle als Kriegsherr" verraten.

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