In einer Zeit, wo der Medienbegriff universell zu werden droht, wird eine Kritik der neuen Medien nötig. Gegen deren eschatologische Perspektive erinnert Jochum daran, daß das eschaton eine unübersteigbare Grenze unserer Welt markiert, die die Frage nach dem Jenseits offen hält. Neue Medien und Eschatologie, das klingt wie die Zusammenstellung einander widerstreitender Begriffe: hier die neuen Medien, die unseren Alltag telematisch umzugestalten beginnen, und dort die religiöse Dimension einer Eschatologie, die nicht vom Alltag spricht, sondern von den letzten Dingen, wenn sich am Ende aller Zeiten das transzendente Ziel der Geschichte enthüllen wird. Was könnte einander ferner sein als ein alltäglicher Umgang mit den neuen Medien und jenes eschaton, jenes Äußerste und Letzte einer aus dem Christentum hervorgegangenen Geschichtstheologie? Aber diese Ferne ist nur eine scheinbare. Wer genauer hinsieht, muß erkennen, daß die Attraktivität der neuen Medien sich eben nicht aus ihrem schieren Gebrauch speist, sondern aus dem theologischen Versprechen, das eschaton mit eigenen Mitteln herbeiführen zu können, um den Menschen von seinem Leib und einer Welt zu erlösen, die ihm auf Schritt und Tritt Grenzen setzen.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die Neuen Medien sind bei Uwe Jochum der Cyberspace, genauer gesagt: es sind die Phantasmen, der Körperlosigkeit insbesondere, die die ersten Begegnungen mit dem Cyberspace ausgelöst haben. Den Ausschweifungen der Vorstellungskraft möchte Jochum mit seiner "Kritik" einen Boden der Tatsachen einziehen - und zwar nicht durch empirische Beobachtungen, sondern durch die Auseinandersetzung mit dem, was er als "Medientheologie" wahrnimmt (so jedenfalls die Formulierung des Rezensenten Uwe Justus Wenzel). Gegen die frei flottierenden Träume von Selbsterlösung und Transzendenz im Raum ohne Körper setzt er den "Horizont der Endlichkeit", den Verweis auf die "irdische conditio humana". Was dem Rezensenten zu kurz kommt, ist die genauere Beleuchtung "medienanthropologischer" Fragestellungen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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