Toleranz ist eine Haltung, mit der sich viele gerne schmücken - die Reichen gegenüber den Armen, die Starken gegenüber den Schwachen, die Heteros gegenüber den Homos. Wer es sich leisten kann, ist tolerant. Wenn aber "Ehrenmorde" als ganz normale Verbrechen gelten, wenn Terroristen zu "Widerstandskämpfern" deklariert werden, wenn ein Regierender Bürgermeister die Teilnehmer einer Sadomaso-Fete persönlich willkommen heißt und ein rechtskräftig verurteilter Kindermörder Prozesskostenhilfe bekommt, um einen Prozess gegen die Bundesrepublik führen zu können, weil ihm bei der Vernehmung Ohrfeigen angedroht wurden - dann wird Toleranz zu einem gesellschaftlichen Selbstmord auf Raten. Unter solchen Bedingungen, so Henryk M. Broders provokative These, wird Intoleranz zur Pflicht und Tugend: Intoleranz gegenüber dem wohlfeilen Gutmenschentum, gegenüber totalitären Utopien - gegenüber Menschen und Kulturen, die ihrerseits nichts von Toleranz halten.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Michael Angele hat einige Beklemmungen bei dieser Kritik. Er fürchtet, den Zorn des streitbaren Publizisten auf sich zu ziehen. Dann wagt er aber doch einige kritische Anmerkungen. Den Tenor "Keine Toleranz für Toleranz-Gegner", kennt der Rezensent schon aus dem letzten Buch, er bezieht sich hauptsächlich auf den Islam, aber auch auf Rechtsextreme oder "Gutmenschen". Vergnüglich zu lesen sind manche Passagen schon für den Rezensenten - allerdings wäre ihm manchmal eine überzeugende Argumentation lieber gewesen. Denn in Broders Buch - so sehr Polemik "selbstgerecht, beleidigend und aggressiv" sein dürfe - vermisst Angele die Zwischentöne und die überraschenden, unerhörten Gedanken, die der "große" Titel vermuten lasse. Stattdessen findet sich der Rezensent in einem Gerichtsaal wieder: Die Rollen sind klar verteilt, und Ankläger Broder wirft dem SZ-Kritiker "gefühlte fünf Phoenix-Ereigniskanal-Stunden" lang seine Indizien um die Ohren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der 63-jährige Autor mahnt, wettert und eifert. Sein scharfer, entschiedener Ton hat wohltuenden Seltenheitswert in einer Zeit der weichzeichnenden Gesellschaftspolitik.« Frankfurter Neue Presse