Wer kennt nicht das Gefühl, Beteiligter eines zwischenmenschlichen Konfliktes am Arbeitsplatz zu sein und dagegen anzukämpfen, nicht die Contenance zu verlieren? Sich "Luft zu machen" führt zwar in der Regel dazu, dass man eine innere Befreiung verspürt. Da der Mensch aber in einer Gesellschaft lebt, deren Funktionalität von sozialen Verhaltensregeln eines Zusammenlebens abhängt, kann dem Wunsch nach einer Entladung nicht ohne Einschränkung stattgegeben werden. Während sich das erforderliche Maß der Rücksichtnahme außerhalb von Vertragsbeziehungen lediglich an dem Schutz der Ehre bzw. dem Wahrheitsgehalt einer Kritik ausrichtet, werden Kundgaben innerhalb eines Schuldverhältnisses einem speziellen Pflichtenprogramm unterstellt. Denn wenn Menschen eine rechtliche Beziehung zueinander eingehen, geht es nicht mehr nur um das Mindestmaß eines erträglichen Zusammenlebens, sondern auch um die Sicherung des vom Leistungsaustausch unabhängigen Erhaltungsinteresses vor den Gefahren geschäftlichen Kontakts. Diese Gefahren resultieren für das Arbeitsleben aus dem Umstand, dass der Arbeitsort kein Raum kommunikativer Sterilität ist. Als logische Begleiterscheinung des gemeinsamen Schaffens und Wirkens findet im Arbeitsverhältnis ein gegenseitiger Bewertungsprozess statt. Wo ein regelmäßiger Meinungskampf stattfindet, besteht immer die Gefahr, dass über das Ziel hinausgeschossen wird und dadurch die Ehre oder die wirtschaftlichen und beruflichen Interessen des Vertragspartners unangemessen verletzt werden. Pointiert ausgedrückt: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Der Verfasser hat es unternommen, eine vertragliche Grenze zwischen der Kritik als Waffe und der Kritik als arbeitsförderndes Instrument zu ziehen. Hierbei wird berücksichtigt, dass ein Meinungskampf nicht nur zwischen den Vertragspartnern, also dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, sondern auch zwischen den Arbeitskollegen untereinander stattfinden kann, die gerade nicht vertraglich miteinander verbunden sind.