Raúl Corrales, Alberto Korda, Liborio Noval sowie Osvaldo und Roberto Salas sind die wichtigsten Fotografen der kubanischen Revolution. Der Ausstellungsband bietet eine umfassende Werkschau mit ca. 200 Bildern aus der Zeit von 1959 bis 1970. Sie geben nicht nur einen Einblick in die politische Umstrukturierung des Landes, sondern formulieren über die geschichtliche Bedeutung hinaus eine Ästhetik der Revolution, die bis heute prägend ist. Die wohl bekannteste Fotografie unter ihnen, das unzählige Male reproduzierte Porträt Che Guevaras von Alberto Korda, ist heute nicht nur Symbol einer politischen Einstellung, sondern steht auch für ein Lebensgefühl von jugendlicher Rebellion und Nonkonformität. Ergänzt werden die Fotografien durch etwa 100 Plakate der Zeit und Ausschnitte aus der Zeitung Revolución, in der viele der Fotografien zum ersten Mal veröffentlicht wurden.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.02.2008Warum ist der Umsturz so sexy?
Fidel Castro geht. Was von ihm bleibt, ist der Glamour der Revolte
Woran liegt es eigentlich, dass wir, einerseits, ja längst gelernt haben, dass Fidel Castro ein Fluch für Kuba war und Ernesto "Che" Guevara ein kompletter Versager - und andererseits möchte man, wenn man diese Bilder sieht, aus den frühen Jahren der kubanischen Revolution, sich sofort einen Bart wachsen lassen, eine olivgrüne Jacke anziehen, eine Zigarre in den Mundwinkel schieben und dann die Obrigkeit stürzen?
Es liegt sicher nicht nur daran, dass olivgrüne Jacken über offenen Hemden, dunkle Bärte über brauner Haut und verwegene Kappen auf jugendlichen Köpfen verdammt gut aussehen; daran liegt es aber auch. Und daran, dass der revolutionäre Jargon auf Spanisch so melodiös klingt: "Aquí se queda la clara / La entrañable transparencia / De tu querida presencia / Comandante Che Guevara!" Solche Sätze glaubt man als blasser Nordeuropäer mit dem Herzen zu verstehen. Und vielleicht muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass weder Castro noch sein Gefährte Guevara zu den armen Bauern gehörten - der eine war der Sohn eines Plantagenbesitzers, der andere, über seine Mutter, ein Abkömmling des letzten Vizekönigs von Peru. Und als rich kids, um kurz in die Sprache des imperialistischen Feindes zu verfallen, hatten beide nicht nur zu leben gelernt. Sondern auch, wie man die eigene Lebenskunst inszeniert.
Vor allem scheint aber der (noch ein feindlicher Begriff) sex appeal dieser Fotos daher zu kommen, dass die kubanische Revolution eher dem Mythos als der Geschichte angehört: zu groß und zu schön ist die Erzählung vom Sturz des Diktators Battista und dem Sieg derer, die einfach jünger und schöner waren: Von diesem mythischen Moment, der womöglich bis zum Jahr 1965 dauerte (als Kuba sich für kommunistisch erklärte), künden diese Fotos. Und wenn Ernest Hemingway sich mit Castro fotografieren lässt, dann ist es, als spreche da ein Autor mit einer literarischen Figur. Und wenn Castro und Guevara neben der großen Angel sitzen, sieht es aus, als spielten sie eine Erzählung von Hemingway nach.
Der comandante en jefe ist endlich, viel zu spät, zurückgetreten; es wird Jahre dauern, sein marodes Land zu renovieren - das war vielleicht das größte aller Missverständnisse: dass, wer eine Revolution gewinnt, danach das Land auch regieren muss.
CLAUDIUS SEIDL
Das Buch "Kuba - Bilder einer Revolution" erscheint demnächst bei Philo Fine Arts.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Fidel Castro geht. Was von ihm bleibt, ist der Glamour der Revolte
Woran liegt es eigentlich, dass wir, einerseits, ja längst gelernt haben, dass Fidel Castro ein Fluch für Kuba war und Ernesto "Che" Guevara ein kompletter Versager - und andererseits möchte man, wenn man diese Bilder sieht, aus den frühen Jahren der kubanischen Revolution, sich sofort einen Bart wachsen lassen, eine olivgrüne Jacke anziehen, eine Zigarre in den Mundwinkel schieben und dann die Obrigkeit stürzen?
Es liegt sicher nicht nur daran, dass olivgrüne Jacken über offenen Hemden, dunkle Bärte über brauner Haut und verwegene Kappen auf jugendlichen Köpfen verdammt gut aussehen; daran liegt es aber auch. Und daran, dass der revolutionäre Jargon auf Spanisch so melodiös klingt: "Aquí se queda la clara / La entrañable transparencia / De tu querida presencia / Comandante Che Guevara!" Solche Sätze glaubt man als blasser Nordeuropäer mit dem Herzen zu verstehen. Und vielleicht muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass weder Castro noch sein Gefährte Guevara zu den armen Bauern gehörten - der eine war der Sohn eines Plantagenbesitzers, der andere, über seine Mutter, ein Abkömmling des letzten Vizekönigs von Peru. Und als rich kids, um kurz in die Sprache des imperialistischen Feindes zu verfallen, hatten beide nicht nur zu leben gelernt. Sondern auch, wie man die eigene Lebenskunst inszeniert.
Vor allem scheint aber der (noch ein feindlicher Begriff) sex appeal dieser Fotos daher zu kommen, dass die kubanische Revolution eher dem Mythos als der Geschichte angehört: zu groß und zu schön ist die Erzählung vom Sturz des Diktators Battista und dem Sieg derer, die einfach jünger und schöner waren: Von diesem mythischen Moment, der womöglich bis zum Jahr 1965 dauerte (als Kuba sich für kommunistisch erklärte), künden diese Fotos. Und wenn Ernest Hemingway sich mit Castro fotografieren lässt, dann ist es, als spreche da ein Autor mit einer literarischen Figur. Und wenn Castro und Guevara neben der großen Angel sitzen, sieht es aus, als spielten sie eine Erzählung von Hemingway nach.
Der comandante en jefe ist endlich, viel zu spät, zurückgetreten; es wird Jahre dauern, sein marodes Land zu renovieren - das war vielleicht das größte aller Missverständnisse: dass, wer eine Revolution gewinnt, danach das Land auch regieren muss.
CLAUDIUS SEIDL
Das Buch "Kuba - Bilder einer Revolution" erscheint demnächst bei Philo Fine Arts.
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