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Ein anregender Augenschmaus für Freunde der arabischen Welt Rund 80 Rezepte finden sich in diesem reich bebilderten Band. Dennoch ist er weit mehr als ein Kochbuch. Seine Themen sind neben der arabischen Küche die Gastfreundschaft in den arabischen Ländern, berühmte Gastgeber und berühmte Gäste, Essgewohnheiten und Speisevorschriften, die Einflüsse der arabischen Küche auf Europa und die Entwicklungen der "Fusion-Küche". Der Leser wird mit acht Ländern, ihren jeweiligen Traditionen und Gerichten, näher bekannt gemacht. Essays über die Kultur der Märkte, über Handelswege, Gewürze und…mehr

Produktbeschreibung
Ein anregender Augenschmaus für Freunde der arabischen Welt
Rund 80 Rezepte finden sich in diesem reich bebilderten Band. Dennoch ist er weit mehr als ein Kochbuch. Seine Themen sind neben der arabischen Küche die Gastfreundschaft in den arabischen Ländern, berühmte Gastgeber und berühmte Gäste, Essgewohnheiten und Speisevorschriften, die Einflüsse der arabischen Küche auf Europa und die Entwicklungen der "Fusion-Küche". Der Leser wird mit acht Ländern, ihren jeweiligen Traditionen und Gerichten, näher bekannt gemacht. Essays über die Kultur der Märkte, über Handelswege, Gewürze und Kaffeehäuser, islamische Feste und ihre kulinarischen Höhepunkte runden das Ganze ab.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Der Gastgeber ißt nicht, damit die Gäste satt werden
Mit ethnologischer Nase: Florian Harms und Lutz Jäkel machen einen Rundgang durch die arabische Küche / Von Jürgen Dollase

Unsere gewohnte eurozentrische Vorstellung von Küchenqualität gerät unter Druck. Betroffen davon sind alle Beteiligten, ob sie in familiär-regionalen Geschmackswelten oder im festen Griff der Regeln der klassisch-französischen Haut-Cuisine denken. Es hat seine Folgen, daß man nie schmecken gelernt hat, sondern nur in einen bestimmten Geschmack sozialisiert worden ist. Die globale Verbreitung von Länderküchen aller Art, von der chinesischen und japanischen bis zu südamerikanischen und vorderasiatischen hat nicht nur unsere Großstädte und ihre ethnisch gefärbten Viertel vitalisiert, sondern die Kleinstädte und Dörfer erreicht, in denen nicht selten ein "deutsches" Restaurant zum Exoten mutiert ist.

Dieses veränderte Angebot ist auch nicht mehr eine Migrationsfolge (wie es lange Jahre Viertel in Marseille, Paris oder Brüssel waren), sondern Effekt einer vom globalen Tourismus geförderten Nachfrage. So freudig der Interessierte dieses Angebot nutzen mag, so differenziert ist die Rezeption in der Hochküche. Dabei täuschen die verschiedenen Ansätze, mit etwas Zitronengras hier und Sushi dort, darüber hinweg, daß die Spitzenküche nach wie vor Schwierigkeiten damit hat, andere Realien, als die in ihrem Kanon aufgeführten, zu Ehren zu bringen. Es fällt auf, daß man zwar immer wieder etwas für die eigene Küche "entdeckt" (zum Beispiel die Sojasauce), damit vorschnell herumhantiert, um es dann kritisierend zur Seite zu legen. Überzeugend vertiefte Lösungen sind selten. In der Folge dieser naiven Rezeption fällt für die Küchen vieler Länder nur die Rolle der Kuriosität ab - nicht eine Begegnung auf Augenhöhe mit der Perspektive, Bereicherung zu erzielen. Muß man Küchenstile für minderwertig halten, weil bei ihnen das Fleisch nicht den Gargrad der artifiziellen europäischen Spitzenküche hat oder Gewürze so eingesetzt sind, daß sie den Grundgeschmack eines Produktes überdecken?

 "Kulinarisches Arabien" ist der Titel eines prächtig bebilderten Bandes von dem Islamwissenschaftler und Politologen Florian Harms (Text) und dem Islamwissenschaftler und Historiker Lutz Jäkel (Photos), den man "umgekehrt" kritisch lesen kann -  nicht muß: zum Beispiel gegen die Gewürz-Hysterie unserer Hochküche, die zwar den nicht heimischen Pfeffer gerne im Übermaß einsetzt, bei jedem "fremden" Gewürz aber die Grundlagen der eigenen Nostalgie gefährdet sieht.

Anders als bei verschiedenen neueren, vor allem Rezepturen enthaltenden Werken aus französischen Verlagen (zum Beispiel David Waines: "La cuisine des califes", 1998, oder Farouk Mardam-Bey: "La cuisine de Ziryâb", 1998, oder Amiard/Mouton/Segui-Tsouli/Rauzier: "Saveurs Marocaines", 2001) gehen die Autoren einen anderen Weg. Das Anliegen, einen "appetitanregenden Text- und Bildband" zu gestalten, sollte man nicht als touristisch-plakativ mißverstehen. In einer entspannten Art wird hier unmittelbar und ohne sich in realitätsfernem, abstrakt-ästhetischen Niemandsland zu bewegen eine Verknüpfung mit der gut beobachteten Alltagskultur hergestellt. Das reicht über die Breite des kulinarischen Lebens, von abgelegenen Dörfern bis in die internationalen Luxushotels von Dubai, und spart auch eine landestypisch variierte McDonald's-Kopie in Ägypten nicht aus. Es geht um "Eßgewohnheiten, Bräuche, Traditionen, historische Hintergründe und kulinarische Anekdoten", wobei man sich bei den achtundachtzig abgedruckten Rezepten auf die für die Region typischen, individuellen Formen "klassischer" Rezepturen eingelassen hat, die man sich sowohl von Hausfrauen als auch von Spitzenköchen hat zeigen lassen.

Die Informationen stammen in jeweils eigenen Kapiteln aus Marokko, Tunesien, Libyen, Ägypten, Jordanien, Palästina, Libanon, Syrien und den Vereinigten Arabischen Emiraten und verraten langjährige Beschäftigung mit dem Thema (die Autoren haben unter anderem in Damaskus studiert). Der Blick ähnelt in seiner Präzision dem von Ethnologen, wenn von der Alltagskultur, der Einbindung des Essens in das tägliche Leben, dem Ablauf des Essens oder bestimmten Servierweisen die Rede ist. Man erfährt in erläuternden Kästen Details, wie die über den Lehm-Schmortopf "Tadschiin" (die Schreibweise im Buch ist eingedeutscht), das Wesen des berühmten "Couscous" ("Ksksuu") oder über das Schächten, dessen Rezeption bei uns die Autoren als von Unkenntnis geprägt bezeichnen.

Immer wieder  gibt es atmosphärisch dichte Bilder, wie jenes von "der größten Freiluft-Garküche in der arabischen Welt", der Dschemaa el-Fnaa in Marrakesch, und "Tausendundeine Nacht" ist nie sehr weit entfernt. Trägt das, oder reagieren wir einmal mehr auf die Macht der Bilder und die Ohnmacht der Sprache? Glücklicherweise sind die oft wie zeitlos wirkenden Farbtupfer der Alltagskultur durch interessante Blicke auf das Leben auch im modernen Arabien und kulturhistorische Erläuterungen ergänzt. Wir lernen, daß die ehemals karge Küche der Beduinen und Berber mit Datteln, Schafsmilch und Schafsfleisch  ab dem siebten Jahrhundert im Rahmen der Eroberungszüge ihre bis heute gültige Produktpalette von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Nüssen, Kräutern und vor allem Gewürzen aller Art entwickelt hat. Bagdad war eine frühe Hochburg der Kochkunst, und das älteste erhaltene Kochbuch des arabischen Raums mit über vierhundert Rezepten stammt von Al-Musaffa bin Sayyar aus dem zehnten Jahrhundert und zeigt prägende Elemente der arabischen Küche, wie die starke Würzung und die Verwendung von Nüssen und Obst mit Fleisch.

Die Rezepte sind den jeweiligen kulinarischen Länderbeschreibungen angefügt und verraten die kochpraktischen Erfahrungen der beiden Autoren. Neben gut nachvollziehbaren Erläuterungen gibt es Hinweise zum Einkauf der Zutaten und zu eventuellem Ersatz (wenn etwa die würzige "Merguez"-Wurst nicht zu bekommen ist). Trotz eines mehrseitigen und erfreulich detaillierten Gewürz-Glossars bleibt für den Interessierten das eine oder andere Manko. Zum einen sind die bei uns "normal" erhältlichen Gewürze von teilweise sehr karger Qualität und erreichen oft nur einen geringen Teil der Würzintensität und geschmacklichen Komplexität sehr guter Gewürze. Zum anderen bleibt dem Außenstehenden nur das blinde Vertrauen in die Rezepturen, weil ihm der vergleichende geschmackliche Horizont fehlt. Wenn dann nicht nur mit schlechten Gewürzen, sondern auch mit Ersatzprodukten hantiert wird, muß selbst ein Ansatz von Authentizität auf der Strecke bleiben. Nimmt man die teilweise differenzierten Rezepturen entspannt als Anlaß, die eigene Küchenpalette um arabische Elemente zu erweitern, kann man vielleicht den landestypischen Hang zu individuellen Versionen adaptieren. Sehr zu empfehlen wären da ein "Lamm-Tadschiin mit Pflaumen und Mandeln" oder das Magruud-Rezept (ein Früchtebrot mit Datteln) eines tunesischen Konditors.

Was modernere Entwicklung angeht, überrascht das Buch mit Namen und Kreationen arabischer und europäischer Köche in den großen Hotels der Region. Speziell in Dubai kommt es - ähnlich wie in Hongkong für die euro-asiatische Fusionsküche - zu bemerkenswerten Entwicklungen, weil dort "Meisterköche aus aller Welt die arabische und europäische Küche zueinander führen". Als profiliertester Koch gilt mit Ingo Maass ein gebürtiger Kieler, dessen "New Arab Cuisine" interessante Kreationen, wie ein "Lammfilet mit Kaffeebohnen-Kardamom-Kruste auf Auberginenmus mit Granatapfelsauce", präsentiert. Noch revolutionärer als der kulinarische Bereich im engeren Sinne würde sich bei uns zweifellos die sprichwörtliche arabische Gastfreundschaft auswirken. Da ißt schon mal der Gastgeber nicht mit, weil seine Gäste auf alle Fälle genug zu essen haben sollen. Der Dank an Gott vor dem Essen ist selbstverständlich und Legende die Geschichte vom Mann, der sein einziges Reittier für die Gäste schlachtete.

Es bleibt einige Faszination nach der Lektüre dieses gelungenen Buches, die nicht nur an die halluzinatorischen abendlichen Gänge durch die in ihrer Totalität kaum zu übertreffenden arabischen Eß-Viertel erinnert, sondern auch Wehmut über kulturelle Verschiebungen bei uns auslöst, die viele Dinge verkomplizieren, und das mit so wenig Effekt.

Florian Harms, Lutz Jäkel: "Kulinarisches Arabien". Marokko, Tunesien, Libyen, Ägypten, Dubai, Jordanien, Syrien, Libanon". Christian Brandstätter Verlag, Wien 2004. 272 S., 260 Farb-Abb., geb., 69,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In der Konfrontation mit fremdländischer Küche zeigt sich das eine immer wieder, klagt der Rezensent Jürgen Dollase: nämlich, "dass man nie schmecken gelernt hat", weil man als naturgegeben das akzeptierte, was auf den Tisch kam. Durch die Globalisierung des Reisens und des Küchenimports hat sich das zu ändern begonnen - wenngleich gerade auch die Hochküche noch von Dogmen (Stichwort: "Gewürz-Hysterie") und Berührungsängsten geprägt ist. Zur Aufklärung bestens geeignet erscheint dem Rezensenten nun dieser "prächtig bebilderte" Band, der achtundachtzig Rezepte mit Informationen zur Alltagskultur in beinahe ethnologischer Manier verknüpft und von allen Snobismen frei sei. Man erfährt etwas über die Sitten - etwa die, dass mancherorts der Gastgeber höflicherweise nicht mitisst -, aber auch über neue Kreationen im arabischen Raum tätiger Spitzenköche, so etwa ein "Lammfilet mit Kaffeebohnen-Kardamom-Kruste auf Auberginenmus mit Granatapfelsauce" von Ingo Maass in Dubai. Alles in allem besitzt dieser Band für Dollase "einige Faszination".

© Perlentaucher Medien GmbH