Annemarie Schantor untersucht erstmals alle kaiserzeitliche Porträts aus Rom und Italien, die Inhaber:innen von Kultämtern zeigen. Aber wie genau wurden die Ämter und ihre Attribute genutzt, um die dargestellte Person zu charakterisieren? Um diese Frage zu beantworten, wurde das Repertoire der Kultkennzeichen mit dem in den schriftlichen Zeugnissen und in den generischen Darstellungen überlieferten verglichen. Dabei wurde deutlich, dass nicht alle Attribute eines Kultes in den Selbstdarstellungen genutzt wurden. Stattdessen wurden einige wenige ausgewählt - stets unter dem Gesichtspunkt ihrer positiven Wirkung. Wichtige Faktoren waren Tradition und Luxus. Wurden bislang die Bildnisse als objektiv-dokumentarische Zeugnisse des jeweiligen Kultes gedeutet, so kann die Autorin aufzeigen, dass die Kultzeichen häufig ungewöhnliche, von den Konventionen des römischen Porträts abweichende Attribute waren. Die Religion war dabei dasjenige Feld, das die meisten Abweichungen von den Konventionen des römischen Porträts erlaubte. Schantor gibt mit ihrer Studie nicht nur neue Impulse für die Erforschung der antiken Religion, sondern zeigt zudem, dass in einem Bildnis nicht nur das Kultamt, sondern mehrere Rollen der Dargestellten und damit ein vielschichtiges Bild der porträtierten Person präsentiert werden konnten.