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Die "Enzyklopädie deutscher Geschichte" soll für die Benutzer - Fachhistoriker, Studenten, Geschichtslehrer, Vertreter benachbarter Disziplinen und interessierte Laien - ein Arbeitsinstrument sein, mit dessen Hilfe sie sich rasch und zuverlässig über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse und der Forschung in den verschiedenen Bereichen der deutschen Geschichte informieren können. Geschichte wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden: der Geschichte in der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Staates in seinen inneren und äußeren Verhältnissen wird ebenso ein großes Gewicht beigemessen…mehr

Produktbeschreibung
Die "Enzyklopädie deutscher Geschichte" soll für die Benutzer - Fachhistoriker, Studenten, Geschichtslehrer, Vertreter benachbarter Disziplinen und interessierte Laien - ein Arbeitsinstrument sein, mit dessen Hilfe sie sich rasch und zuverlässig über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse und der Forschung in den verschiedenen Bereichen der deutschen Geschichte informieren können.
Geschichte wird dabei in einem umfassenden Sinne verstanden: der Geschichte in der Gesellschaft, der Wirtschaft, des Staates in seinen inneren und äußeren Verhältnissen wird ebenso ein großes Gewicht beigemessen wie er Geschichte der Religion und der Kirche, der Kultur, der Lebenswelten und der Mentalitäten.
Autorenporträt
Frank-Lothar Kroll ist Privatdozent für Neuere und Neueste Geschichte und lehrt derzeit an der Technischen Universität Chemnitz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.11.2003

Mattigkeit der Gebildeten
Frank-Lothar Krolls Bildungsgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts
Die Enzyklopädie deutscher Geschichte fordert in ihrer nützlichen Dreiteilung von den Autoren Höchstleistungen an darstellerischer Konzentration. Im vorliegenden Band sollen zuerst die großen kulturellen Entwicklungslinien, die Explosion des wissenschaftlichen Wissens und die politische Fixierung auf wechselnde Bildungsziele des besonders kurzen 20. Jahrhunderts zusammengeführt werden. Sodann müssen die aktuellen Forschungskontroversen vom Durchbruch der künstlerischen Moderne um 1910 bis zur Universitätsreform und wissenschaftlichen Wiedervereinigung von 1990 beurteilt werden. Zum Schluss ermöglicht eine verlässliche Arbeitsbibliographie dem Leser das Selbststudium.
Frank-Lothar Kroll hat seinen Zettelkasten gut sortiert. Der Aufweis der Kampfplätze, auf denen um Weimarer Intellektuellendiskurse, polykratische Kulturpolitik im Dritten Reich, den abendländischen Traditionalismus nach 1945, den Paradigmenwechsel von 1968 oder die verzweigte Medienkultur gestritten wurde, ist ihm mit Geschick gelungen.
Um so mehr überrascht es, dass von den Akzenten dieses Forschungskapitels der kulturgeschichtliche Abriss des ersten Teils wenig profitiert. Freimütig bekennt Kroll im Vorwort, die Naturwissenschaften seien seine Sache nicht. Dadurch kommen weder die scharfen Rivalitäten noch die spezifischen Verknüpfungen zwischen kulturzentrierten und biologischen Weltbildern zum Ausdruck, die den Anfang und das Ende dieses wissenschaftsgläubigen Jahrhunderts so markant miteinander verbunden haben. Aber auch von der dramatischen Enteignung der selbstzufriedenen Geschichtswissenschaft durch die Nationalökonomie und die zur Selbständigkeit drängenden Soziologie spürt man wenig. Die Weimarer Republik wird in der klassischen Rechts-Links-Polarisierung gedeutet, obwohl sich der Bürgerkrieg der Kulturwerte mit dem dreipoligen Modell von liberalem Kapitalismus, marxistischem Sozialismus und nationalistischer Rechten inzwischen besser erklären lässt.
Blass bleibt die These vom begrenzten Pluralismus unter der totalitären Kulturpolitik der Nazis. Es gibt ein Plädoyer für die Aufwertung der Inneren Emigration gegenüber der Exilliteratur. Nicht zur Sprache kommt das anhaltende Wechselspiel zwischen Gleichschaltung und Selbstgleichschaltung, zwischen politischem Druck und ökonomischen Interessen, wie es kürzlich am Beispiel des Bertelsmann-Verlages gezeigt worden ist. Der Aufstieg eines Unternehmens wie Bertelsmann zum Symbol der bundesrepublikanischen Lesewelt findet im gesamten Buch nicht statt.
Krolls Interesse gilt der Prägekraft von Wissenschaft und Bildung für die jeweilige „Staatskultur”. Das gilt auch für den abschließenden Vergleich der Bundesrepublik mit der DDR. Für die DDR trifft er recht gut den lustlosen Ton, in dem sozialistischer Humanismus und Antifaschismus mehr sozial disziplinierend verordnet, als geistig gelebt wurden. Für die BRD überzeugt ihn der Soziologe Friedrich H. Tenbruck, der mit seinen Schülern in der „Kritischen Theorie” der sechziger Jahre die Leitphilosophie der westdeutschen Gesellschaft ausgemacht hatte. Die Erfolgsgeschichte der „Frankfurter Schule” stelle die verspätete intellektuelle Gründungsgeschichte der Bundesrepublik dar, und das nicht zu ihrem Vorteil. Ob hier tatsächlich eine Staatskultur geformt worden ist, wird der Leser schwer nachvollziehen können, denn der sorgfältig arrangierte Index der behandelten Personen und referierten Autoren zur Bildungsgeschichte des 20. Jahrhunderts kommt ohne den Namen von Jürgen Habermas aus.
Haben wir ein Jahrhundert des beschleunigten Wandels oder des rasenden Stillstands erlebt? Trotz wachsender Kontroversen um Anfang und Ende des menschlichen Lebens, um neue Wissensbilder und die Macht der elektronischen Medien, sieht der Autor das Jahrhundert intellektuell müde enden. Ein „weitgehend in Selbstzufriedenheit verharrendes Land” hätten die Bildungseliten in die neue Berliner Republik überführt. Hier erklingt einmal mehr die Melodie von der „Mattigkeit der Gebildeten”, wie sie schon die Kulturkritik um 1900 begleitet hat. Aber es muss nicht das letzte Wort zu einer kulturgeschichtlichen Enzyklopädie des 20. Jahrhunderts sein.
GANGOLF HÜBINGER
FRANK-LOTHAR KROLL: Kultur, Bildung und Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Enzyklopädie Deutscher Geschichte, Bd. 65. Oldenbourg Verlag, München 2003. 170 Seiten, 19,80 Euro.
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