Die christlichen Orden sind uns heute in erster Linie durch bedeutende architektonische Anlagen und Bauten, geistliche Musik und vielfältige andere kulturelle Zeugnisse gegenwärtig. Ihre Darstellung beschränkt sich jedoch meist auf die institutionellen und die rein religiösen Aspekte des Ordenslebens.Der neue Kröner-Band bietet erstmals komprimiert und allgemeinverständlich einen umfassenden Überblick über die Kulturleistungen der großen christlichen Orden. Die 13 Artikel über die wichtigsten Orden behandeln jeweils Geschichte, Spiritualität und Verfassung, Literatur, Architektur und bildende Kunst, Musik, Theologie und Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Bildungswesen und in vielen Fällen noch Sozialwesen und Wirtschaft. Die Register, systematischen Übersichten und das Glossar machen dieses Buch zu einem handlichen Nachschlagewerk zur Kultur der Klöster.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.1997Paternoster der Ordensgeschichte
Geistliche Gemeinschaften herauf und herunter: Ein Handbüchlein
Die Vielfalt der Ordensgemeinschaften, Ergebnis einer langen historischen Entwicklung, hat schon zu mancherlei Überblicks- und Nachschlagewerken Anlaß gegeben. Hinzu kommt nun ein handliches Bändchen, das sich vor allem die Würdigung der jeweiligen kulturellen Leistung zur Aufgabe gemacht hat, wobei "Kultur" in einem ziemlich weiten Sinne verstanden wird und laut Vorwort auch "soziale Tätigkeit und Bildungswesen, regelmäßige Tageseinteilung und Arbeitsethos" umfaßt, zudem in zeitlicher Erstreckung bis zur Gegenwart.
Um der Fülle des Stoffes Herr zu werden, hat man sich zu einer Konzentration auf besonders verbreitete Richtungen und zu einem pragmatischen Umgang mit der Kategorie "Orden" entschlossen. So werden Augustiner-Chorherren, Hospitalorden und Geistliche Ritterorden zusammenfassend behandelt, obgleich sie als solche nie einen rechtlichen Verband gebildet haben, und auch das orthodoxe Mönchtum kommt zur Sprache, das gar keinen Ordensbegriff kennt. Andererseits fehlt ein gesonderter Abschnitt über weibliche Gemeinschaften, die nur insoweit mitberücksichtigt sind, als sie sich parallel zu Männerorden entwickelt haben.
Unter diesen Maßgaben ist ein Handbuch entstanden, das nach einem einleitenden Essay der beiden Herausgeber über "Mönchtum und Kultur" in dreizehn Einzelabschnitten die verschiedenen Erscheinungsbilder monastischer und kanonikaler Kultur vorstellt. Die Autoren, zum guten Teil selbst Angehörige der von ihnen beschriebenen Orden, folgen einem Gliederungsschema, das mit Informationen zur Geschichte, Spiritualität und Verfassung beginnt, um dann die Bereiche "Literatur", "Architektur und bildende Kunst", "Musik", "Theologie und Geisteswissenschaften", "Naturwissenschaften" und "Bildungswesen", gegebenenfalls auch "Wirtschaftsführung" und "Sozialwesen", zu beleuchten. Was zu diesem langen Themenkatalog auf jeweils zwölf bis fünfzig Seiten dargelegt wird, ist durchweg zuverlässig und auf dem (unterschiedlich hohen) Niveau derzeitiger Forschung, naturgemäß aber auch arg knapp geraten. Einige Autoren verstehen sich auf exemplarische Schwerpunkte (wie den St. Galler Klosterplan, die zisterziensische Wirtschaftsweise, das Jesuitendrama), andere flüchten in die Aufzählung möglichst vieler Namen und Werktitel, die kaum erläutert werden.
Mitunter wirkt es auch ein wenig pedantisch, wenn unbedingt noch über das Musikleben in den Hospitalorden oder die Theologie in den Ritterorden Auskunft gegeben werden muß, während für Albertus Magnus und Thomas von Aquin bei den Dominikanern weniger Raum bleibt als in jedem Konversationslexikon. Die schwierige Frage nach einem inneren Zusammenhang, einem gemeinsamen Profil der geistigen Errungenschaften eines Ordens über die Jahrhunderte hinweg wird selten gestellt und noch seltener beantwortet. Dennoch, zur ersten Orientierung kann das Bändchen nützlich sein wie auch dazu, das breite Fundament europäischer Kultur bewußt zu machen, das seit dem frühen Mittelalter in der Welt der Klöster und Stifte gelegt worden ist. RUDOLF SCHIEFFER
Peter Dinzelbacher, James Lester Hogg (Hrsg.): "Kulturgeschichte der christlichen Orden in Einzeldarstellungen". Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1997. XII, 419 S., Abb., geb., 42,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Geistliche Gemeinschaften herauf und herunter: Ein Handbüchlein
Die Vielfalt der Ordensgemeinschaften, Ergebnis einer langen historischen Entwicklung, hat schon zu mancherlei Überblicks- und Nachschlagewerken Anlaß gegeben. Hinzu kommt nun ein handliches Bändchen, das sich vor allem die Würdigung der jeweiligen kulturellen Leistung zur Aufgabe gemacht hat, wobei "Kultur" in einem ziemlich weiten Sinne verstanden wird und laut Vorwort auch "soziale Tätigkeit und Bildungswesen, regelmäßige Tageseinteilung und Arbeitsethos" umfaßt, zudem in zeitlicher Erstreckung bis zur Gegenwart.
Um der Fülle des Stoffes Herr zu werden, hat man sich zu einer Konzentration auf besonders verbreitete Richtungen und zu einem pragmatischen Umgang mit der Kategorie "Orden" entschlossen. So werden Augustiner-Chorherren, Hospitalorden und Geistliche Ritterorden zusammenfassend behandelt, obgleich sie als solche nie einen rechtlichen Verband gebildet haben, und auch das orthodoxe Mönchtum kommt zur Sprache, das gar keinen Ordensbegriff kennt. Andererseits fehlt ein gesonderter Abschnitt über weibliche Gemeinschaften, die nur insoweit mitberücksichtigt sind, als sie sich parallel zu Männerorden entwickelt haben.
Unter diesen Maßgaben ist ein Handbuch entstanden, das nach einem einleitenden Essay der beiden Herausgeber über "Mönchtum und Kultur" in dreizehn Einzelabschnitten die verschiedenen Erscheinungsbilder monastischer und kanonikaler Kultur vorstellt. Die Autoren, zum guten Teil selbst Angehörige der von ihnen beschriebenen Orden, folgen einem Gliederungsschema, das mit Informationen zur Geschichte, Spiritualität und Verfassung beginnt, um dann die Bereiche "Literatur", "Architektur und bildende Kunst", "Musik", "Theologie und Geisteswissenschaften", "Naturwissenschaften" und "Bildungswesen", gegebenenfalls auch "Wirtschaftsführung" und "Sozialwesen", zu beleuchten. Was zu diesem langen Themenkatalog auf jeweils zwölf bis fünfzig Seiten dargelegt wird, ist durchweg zuverlässig und auf dem (unterschiedlich hohen) Niveau derzeitiger Forschung, naturgemäß aber auch arg knapp geraten. Einige Autoren verstehen sich auf exemplarische Schwerpunkte (wie den St. Galler Klosterplan, die zisterziensische Wirtschaftsweise, das Jesuitendrama), andere flüchten in die Aufzählung möglichst vieler Namen und Werktitel, die kaum erläutert werden.
Mitunter wirkt es auch ein wenig pedantisch, wenn unbedingt noch über das Musikleben in den Hospitalorden oder die Theologie in den Ritterorden Auskunft gegeben werden muß, während für Albertus Magnus und Thomas von Aquin bei den Dominikanern weniger Raum bleibt als in jedem Konversationslexikon. Die schwierige Frage nach einem inneren Zusammenhang, einem gemeinsamen Profil der geistigen Errungenschaften eines Ordens über die Jahrhunderte hinweg wird selten gestellt und noch seltener beantwortet. Dennoch, zur ersten Orientierung kann das Bändchen nützlich sein wie auch dazu, das breite Fundament europäischer Kultur bewußt zu machen, das seit dem frühen Mittelalter in der Welt der Klöster und Stifte gelegt worden ist. RUDOLF SCHIEFFER
Peter Dinzelbacher, James Lester Hogg (Hrsg.): "Kulturgeschichte der christlichen Orden in Einzeldarstellungen". Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1997. XII, 419 S., Abb., geb., 42,- DM.
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