Egon Friedell, eigentlich Egon Friedmann, (1878-1938) war ein österreichisches Multitalent, das auf allen Gebieten der Künste und Wissenschaft zu Hause war, er war Schriftsteller, Kabarettist, Schauspieler, Theater- und Kulturkritiker. Literarisch machte Friedell vor allem durch seine Essays,
Aphorismen und Kabaretttexte auf sich aufmerksam und avancierte so zu einer zentralen Gestalt des Wiener…mehrEgon Friedell, eigentlich Egon Friedmann, (1878-1938) war ein österreichisches Multitalent, das auf allen Gebieten der Künste und Wissenschaft zu Hause war, er war Schriftsteller, Kabarettist, Schauspieler, Theater- und Kulturkritiker. Literarisch machte Friedell vor allem durch seine Essays, Aphorismen und Kabaretttexte auf sich aufmerksam und avancierte so zu einer zentralen Gestalt des Wiener Feuilletons.
Berühmt wurde Friedell durch seine dreibändige „Kulturgeschichte der Neuzeit“, die in einem stark essayistischen Stil neue historische Zusammenhänge aufzudecken suchte und die Thomas Mann dazu bewegte, den Verfasser einen der größten Stilisten deutscher Sprache zu nennen. Die monumentale Kulturgeschichte, die der Autor mit dem Untertitel „Die Krisis der europäischen Seele von der Schwarzen Pest bis zum Ersten Weltkrieg“ versehen hatte und deren drei Bände von 1927 bis 1931 im Münchner C. H. Beck Verlag erschienen, stellt die kulturelle Entwicklung der westlichen Zivilisation vom Beginn der Renaissance bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts dar. Sie umspannt als Panorama alles, was die europäische Seele in diesem halben Jahrtausend bewegte und erschütterte.
Friedells Werk ist eine persönliche Kulturgeschichte, indem der Autor versuchte, in die historische Materie vom Standpunkt des Künstlers einzudringen, der die Fakten so formt und beleuchtet, dass in ihnen die „Seele des Zeitalters“ erkennbar wird. Egon Friedell schildert auf originelle und geistreiche Weise zahlreiche historische Ereignisse. Daneben gibt es Skizzen und Porträts von europäischen Geistesgrößen, wie Shakespeare, Goethe und Schiller, Mozart, Balzac oder Wilhelm Busch.
Das umfangreiche Werk gliedert sich in eine Einleitung, in der Friedell seine Methodologie erläutert, in fünf chronologisch geordnete Bücher und einen Epilog. Das Buch eines „Dilettanten“ wurde ein großer Erfolg und ermöglichte Friedell, in der Folge als freier Schriftsteller zu arbeiten. 1937 wurden seine historischen Schriften von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und verboten.
Obwohl Egon Friedell nach eigenen Worten bemüht war, „eine möglichst unwissenschaftliche Darstellung zu geben“, hat das Werk bis heute viel von seiner Frische und Faszination bewahrt. Niemals vorher oder nachher ist die Kultur des Abendlandes so umfassend und amüsant dargestellt worden. Seit über siebzig Jahren hat sich die „Kulturgeschichte“ zu einem wahren Longseller entwickelt und gilt immer noch als ein Geheimtipp.
Im Diogenes Verlag liegt nun die 2. Auflage der opulenten Taschenbuchausgabe „Kulturgeschichte der Neuzeit“ vor. 2008 erschien hier bereits eine Hörbuchfassung (gelesen von dem bekannten Synchronsprecher Achim Höppner) auf einer MP3-Audio-CD, die ausgewählte Kapitel dieses außergewöhnlichen Geschichtswerks dem Hörer auf faszinierende Weise näher bringt.
Nach über achtzig Jahren ist die „Kulturgeschichte der Neuzeit“ immer noch ein anregendes, lebendiges und begeisterndes Buch. Es ist ein enzyklopädisches Gedankengebäude, das auch im 21. Jahrhundert Bestand hat.