Deutschlands Weltmachtambitionen wurden im 20. Jahrhundert von einer vielstimmigen Mobilisierung deutscher Kultur begleitet, die neben einer großen Anzahl ästhetischer Innovationen auch barbarische Exzesse zeitigte. Frank Trommler unternimmt zum ersten Mal eine zusammenhängende Darstellung dieser Mobilisierung seit 1900 in ihrem Wechselverhältnis mit Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, der Sowjetunion und den USA. Er stellt die Arbeit der 1920 im Auswärtigen Amt eingerichteten Kulturabteilung in den Kontext dieser Entwicklungen und verfolgt mit neuen Materialien und Archivquellen die offizielle auswärtige Kulturpolitik der Weimarer Republik, des Dritten Reichs, der Bundesrepublik und der DDR bis zur Wiedervereinigung 1990. Der Einsatz von Kultur und Wissenschaft in den beiden Weltkriegen erfährt ebenso breite Beachtung wie das Verhältnis des Deutschen Reiches zu Österreich, den deutschen Auswandererkulturen und dem Judentum. Mit dieser ausgreifenden Agenda erweist sich das Thema auswärtiger Kulturbeziehungen als Schlüssel für das Verständnis moderner internationaler Geschichte.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Christoph Bartmann, seit 2011 Direktor des Goethe-Instituts in New York, gruselt es vor der deutschen Kulturpolitik am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Frank Trommler beschreibt in seiner Studie "Kulturmacht ohne Kompass" die Ambitionen der Deutschen, zunächst vor allem des Kaisers, die Größe und Macht des eigenen Reiches im Ausland darzustellen, berichtet der Rezensent. Mit der Weimarer Republik sei dann die zweite Phase auswärtiger Kulturpolitik angebrochen. Diese brachte zwar Ideen einer "weltbürgerlichen Kunstdiplomatie" hervor, die sich im nationalistischen Klima aber kaum durchsetzen konnten, erfährt Bartmann. Es folgen die "Phasen" des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, bis Trommlers Untersuchung im Jahr 1989 endet, was für den Rezensenten nach einer Fortsetzung schreit. Wollte man eine Bilanz dieses Buches ziehen, so könnte man das mit einem Satz Adornos tun, meint Bartmann: "Wer Kultur sagt, sagt auch Verwaltung, ob er will oder nicht", zitiert der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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