Nach 1968 brach in der Neuen Linken Europas ein regelrechtes Mao-Fieber aus. Der Weg derjenigen, die der maoistischen Utopie ihr Leben widmeten, führte an der gesellschaftlichen Realität vorbei und hinterließ, wie Gerd Koenen es ausdrückt, ein "schwarzes Loch" in der eigenen Biographie. Tausende Akteure, einige von ihnen heute Teil der gesellschaftlichen Eliten, waren und sind von diesem Scheitern betroffen und müssen bei der Rekonstruktion ihrer Lebensläufe damit umgehen. Dieser Band untersucht, warum sich in den 1970er Jahren so viele Menschen für die chinesische Kulturrevolution begeisterten. Wie unterschiedlich konstruierten sich die Linken im deutschsprachigen Raum ihren Maoismus und ihre Kulturrevolution? Warum konnte der chinesische Sozialismus sowohl in der Kommune I, als auch den K-Gruppen oder der frühen RAF überhaupt zum Bezugspunkt werden? Wie erinnern sich Zeitzeugen heute an ihre maoistische Vergangenheit? All diese Fragen verfolgt dieses Buch.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Als linksliberal und aufrührerisch, wie Michael Naumann es bezeichnete, möchte Lorenz Jäger das selige "Kursbuch" nicht in Erinnerung behalten. Besser gefällt ihm die Einschätzung von Laura K. Diehl, die es in ihrem Beitrag zu diesem Band als Zentrum des Maoismus im deutschsprachigen Raum begreift. Dem Rezensenten offenbart diese Lesart zusammen mit weiteren untersuchten Essays von Peter Schneider etwa die Bedeutung des europäischen Maoismus, die spätere Reue seiner Protagonisten angesichts der Greuel der chinesischen Kulturrevolution sowie die "Aufmerksamkeitsgewinne der Maoisten". Was Jäger in diesem "schönen" Buch vermisst, ist die Kunst. Immendorff und Godard, meint er, hätten die Faszination dieser "exotischen Doktrin" ganz gut abgebildet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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