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Produktdetails
  • Verlag: Rotbuch Verlag
  • 1999.
  • Seitenzahl: 195
  • Deutsch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 263g
  • ISBN-13: 9783434530473
  • ISBN-10: 3434530479
  • Artikelnr.: 08159836
Autorenporträt
Wolf Wagner, geboren 1944, bis 1992 Privatdozent für Politische Wissenschaften an der FU Berlin sowie freier Therapeut, ist Professor für Sozialwissenschaften am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Erfurt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.1995

In erster Linie Bestandsaufnahme
Zu den Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika

Manfred Mols, Christoph Wagner (Herausgeber): Deutschland - Lateinamerika. Geschichte, Gegenwart und Perspektiven. Vervuert Verlagsgesellschaft, Frankfurt am Main 1994. 429 Seiten, 48 Mark.

Wolf Grabendorff u. a. (Herausgeber): Anuario de las Relaciones Europeo-Latinoamercanas. IRELA, Madrid 1994. 591 Seiten, 70 Dollar.

Manfred Mols, einer der anerkannten Lateinamerika-Experten der deutschen Universitäten, meint in dem von ihm zusammen mit Christoph Wagner herausgegebenen Buch, außer dem angelsächsischen Nordamerika gebe es keine überseeische Region der Welt, zu der Deutschland so enge, über viele Generationen andauernde und meistens belastungsfreie Beziehungen aufgebaut habe wie zu Lateinamerika. Für dieses fast ressentimentfreie Verhältnis gibt Mols eine Reihe von guten Gründen an, von denen Leistung und Ansehen der nach Lateinamerika ausgewanderten Deutschen sicher die wichtigste Rolle spielen, während die Tatsache, daß Deutschland nie als Kolonialmacht auf dem amerikanischen Kontinent auftrat, wohl weniger mit dem positiven Bild der Deutschen im iberischen Amerika zu tun hat. In seinen Ausführungen über Lateinamerika in der deutschen Außenpolitik bezeichnet Mols zu Recht die Einreihung "dieses äußersten Teils des Westens" (Alain Rouqué) unter den unpräzisen Sammelbegriff "Dritte Welt" als einen Fehler. Es hat wenig gebracht, Dritte-Welt-Politik in Lateinamerika zu betreiben, so sehr eine solche Politik auch von manchen Ländern dort zeitweise gewünscht wurde. Weniger verständlich erscheint, warum Mols die angebliche Konkurrenzsituation zwischen Deutschland und Spanien innerhalb der europäischen Beziehung zu Lateinamerika so herausstellt und sich dabei sogar auf einige der recht groben Argumente aus dem Beitrag des studentischen Mitarbeiters Schäfer verläßt. Es gibt sicher hin und wieder Rivalitäten bei der Besetzung von Posten, doch von einer "Unterordnung der eigenen Lateinamerika-Interessen unter die spanischen" kann nicht die Rede sein. Die Behauptung, Deutschland sei "in jeder Hinsicht in Lateinamerika ungleich präsenter als Spanien, das in Lateinamerika weder ein besonders ins Gewicht fallender Wirtschaftspartner noch ein auffälliger Geber von Entwicklungshilfe ist", stimmte in seinem ersten Teil nie und ist in seiner zweiten Aussage schon seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr zutreffend. Die Ausführung Schäfers über die Besetzung von Posten Brüsseler Ministerialdirektoren und Straßburger Ausschußvorsitzender mit Spaniern statt mit Deutschen wirkt ausgesprochen kleinlich; seine hämischen Hinweise auf die angebliche Bedeutungslosigkeit der ibero-amerikanischen Gipfeltreffen verraten zumindest Unkenntnis, was wiederum nicht überraschen darf, wenn der Autor sich bei Zitaten mit Vorliebe auf eine so zweifelhafte Zeitschrift wie "Visión" stützt. Solch kleinlichen und nutzlosen Polemiken sind glücklicherweise sehr selten in diesem Buch, das in erster Linie Information und Bestandsaufnahme, aber auch Anregung mit wichtigen Verbesserungsvorschlägen sein will.

Wie man genaue Information mit sachlicher Kritik (so an den lange Zeit schönfärberischen und dann langweiligen Lehrbüchern und der immer noch klassenbewußten Auswahl von Schülern an deutschen Schulen) verbinden kann, das zeigt Olaf Jacob in seinem Beitrag über die kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen. Mit der in der frühen Bundesrepublik kaum bekannten und heute vergessenen Lateinamerika-Diplomatie der DDR befaßt sich Raimund Krämer in seinem Beitrag für das Buch von Mols und Wagner, erschließt damit auch manchen Lateinamerika-Kennern Neuland. Für alle, die sich in Deutschland mit der Politik und der Wirtschaft Lateinamerikas beschäftigen, ist das Buch, das sich auf Ergebnisse eines Forschungsprojektes der Universität Mainz stützt, wichtig. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Lateinamerika-Büchern sind auch die Angaben in spanischer und portugiesischer Sprache korrekt geschrieben, von kleinen Schnitzern in wenigen Beiträgen ("die grupo" "die Frente Sandinista") abgesehen.

Über Deutschland und Lateinamerika hat Wolf Grabendorff einen profunden und in die komplexen Einzelheiten vordringenden Artikel in dem Jahrbuch des Instituts für die Beziehungen Europas zu Lateinamerika (IRELA) geschrieben. Grabendorff ist einer der Mitherausgeber des "Anuario de las Relaciones Europeo-Latinoamericanas", das jedes Jahr in spanischer und jetzt auch in englischer Sprache erscheint. Es enthält ausführliche Berichte auch über die besonderen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den regionalen Organisationen wie Mercosur oder Andenpakt im iberischen Amerika.WALTER HAUBRICH

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