Die Intention zu dieser Studie entstammt dem Umgang mit chronischen Schmerzpatienten sowie den persönlichen Erkenntnissen und Erfahrungen mit dieser Klientel in der komplementärmedizinischen Praxis. Das Phänomen des Zähneknirschens, welches zahlreiche physiologische Aspekte beinhaltet und in seiner pathogenen Ausprägung unter der medizinischen Bezeichnung Bruxismus gebräuchlich ist, wird mit seinen möglichen Folgen an schmerzhaften und funktionellen Symptomen beleuchtet. Hierbei werden auch andere Begleitstörungen, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, wie zum Beispiel die Craniomandibuläre Dysfunktion (Kopf- und Kiefergelenkstörungen) und weitere Komorbiditäten einer genauen Betrachtung unterzogen. Da dieses Geschehen zugleich ein übliches Ausdrucksverhalten des Menschen darstellt, wird dieser Überblick nicht allein aus dem Blickwinkel der Medizin vermittelt, sondern auch ausgewählte Aspekte aus der Kulturwissenschaft sind enthalten. Desweiteren werden evidente Therapiemöglichkeiten aufgezeigt, die eine Verringerung von orofazialen und myofaszialen (Kiefer-, Gesichts- und Muskel-) Schmerzen zu bewirken vermögen. Ferner wird eine Hypothese aufgestellt, wie sich die zur Verfügung stehenden Interventionen ausbauen und komplementieren lassen, um einen wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt in der Schmerzbehandlung bei Bruxismus zu gewinnen. Aufgrund der großen medialen Aufmerksamkeit ist das Knirschen mit den Zähnen zu einer besonderen Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit gelangt. Bisweilen wird es sogar zu einer neuen „Modeerscheinung“ hochstilisiert und mit anderen psychischen Störungen verallgemeinert dargestellt. Ist das Zähneknirschen tatsächlich ein Stressbewältigungsmuster und Symbol der Überforderung sowie progredienter Autodestruktion, ein Symptom innerhalb der Gesellschaft, welches zusammen mit anderen Phänomenen wie Angststörungen, Burnout und Depression stetig zunimmt? So scheint der Bruxismus, welcher bereits als „Volkskrankheit“ bezeichnet wird, ein Indikator für Schwierigkeiten zu sein, mit den Lebensbedingungen zurecht zu kommen, die insbesondere Menschen in den Industrienationen entwickeln, wie Adorno und Horkheimer anmerken. Der Bruxismus wäre demnach ein Symptom für eine durch Disstress bedingte emotional angespannte Befindlichkeit, welche in einen komplexen (psychosomatischen) Regelkreis eingebettet ist. Unterschiedliche medizinische Fachbereiche haben sich dieses Themas angenommen. So bieten heute Psychologie, Zahnmedizin und Schlafforschung unterschiedliche Betrachtungs- und Behandlungsmöglichkeiten an. Dabei steht in der Psychosomatik eher die Verhaltenskontrolle, wie Vermeidung, Bewältigung und Reduzierung von Stressaktivität und damit verbundener Anspannung des muskuloskeletalen Systems im Vordergrund. In der Zahnmedizin (somatogen) hingegen werden eher die pathomechanischen Auswirkungen des Bruxismus behandelt. Im Fokus stehen hierbei die Verringerung von Schmerz und die Vermeidung von Destruktion, die Verbesserung von Funktion und Okklusion (Bisslage) sowie eine Unterstützung der adaptiven Regulationssysteme im stomatognathen System (Kiefer- und Kausystem). Die unterschiedlichen Therapieansätze der verschiedensten Fachdisziplinen zu diesem Krankheitsbild werden zum besseren Verständnis differenziert betrachtet. Resilienz, Kopfschmerzen, Gesichtsschmerzen, Kulturwissenschaft, Schmerzbeeinflussung, Chronische Schmerzen