Ziel der Untersuchung ist es, neben der allgemeinen Erhellung der damaligen Kritik auch die Widersprüche der von 1890 bis 1905 im deutschen Sprachraum führenden Kunstkritik aufzuzeigen und zu erklären. Einer Kritik, die als Sprachrohr der Secessionsbewegungen, des wichtigsten Phänomens des damaligen deutschsprachigen Kunstbetriebs, funktionierte. Diese wohlwollende Kritik war sowohl strukturell, als Gruppenabspaltung von der in den 1880er Jahren dominierenden Kritik, thematisch, durch das Propagieren der impressionistischen, naturalistischen und sogenannten neuidealistischen Kunstproduktion, rhetorisch, in der Betonung des Jugendlichen, Militanten, Elitären und Internationalen, als auch personell mit den Secessionen eng verschränkt. Es geht also nicht um die "Moderne Kunst und ihre Feinde" - wie im Untertitel von Peter Parets grundlegendem Buch über die Berliner Secession -, sondern durchaus um ihre Freunde. Wichtiger ist es, den Prozess der Konstruktion von Bedeutung und Werten nachvollziehen zu können und die damalige Kritik nicht nur als Dokument, sondern auch als nach wie vor taugliche Linse und nicht zuletzt als Spiegel der heutigen Situation zu verwenden.