Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Einen "Bestseller und Evergreen seit 464 Jahren" erblickt Rezensent Carlos Widmann in Bartolome de las Casas? Bericht über den Massenmord an den Indios, den Michael Sievernich herausgegeben hat. Er bescheinigt dem wortmächtigen spanischen Bischof und späteren Dominikanermönch eine "sadistisch anmutende Detailfreude", findet sich in dem Text doch kaum eine Seite ohne abgeschnittene Nasen, abgehackte Hände, zerschmetterte Säuglingsköpfe oder in Strohhütten lebendig verbrannte Familien. Widmann schildert kurz die Rezeptionsgeschichte von Casas? Bericht, der in seiner Geschichte immer wieder instrumentalisiert wurde. So habe der Bericht, mit einem Vorwort Hans Magnus Enzensbergers versehen, zuletzt dem westdeutschen Protest gegen den Vietnamkrieg gedient und das Drittweltbild der deutschen Linken geprägt. Demgegenüber zeichnet sich Herausgeber Michael Sievernich für Widmann durch sein Bemühung um Objektivität aus: Er drucke Enzensbergers Vorwort nach, weil es zur Wirkungsgeschichte des Buches gehöre, sehe in Las Casas aber auch den Polemiker, der sich ausgiebig des "Stilmittels der Übertreibung" bedient habe.
© Perlentaucher Medien GmbH
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