Im Koreanischen bezeichnet man Fotografie als "Sa-Jin", was "Abbildung der Seele" bedeutet. Ausgehend von diesem Konzept versteht Kyungwoo Chun Fotografieren als einzigartigen Seelen-Austausch zwischen der Person vor der Kamera und dem Fotografen, als gegenseitige Einflussnahme durch das Entwickeln von Empathie. In seinen eigenen Fotos, aber auch in Videos und Video-Performances versucht Chun diese Wirkung durch extreme Langzeitbelichtungen von bis zu mehreren Stunden zu verdeutlichen. Eben nicht als Abbild oder Charakterstudie intendiert, entstehen dabei ungewöhnlich dichte Porträts oder Erscheinungen, welche er nicht im herkömmlichen westlichen Sinne "schießt", sondern die sich während des Dialogs gleichsam akkumulieren. Wie Stephan Berg beobachtet: "Am Ende entsteht so ein Bild, in dem die miteinander verbrachte Zeit und die Person des Fotografen wie des Fotografierten sich überlagern."