Escribe Marguerite Duras: B+[Cuando, en 1990, supe que el amante chino de El amante habia muerto hacia ya muchos anos] abandone el trabajo que estaba haciendo. Escribi la historia del amante de la China del Norte y de la nina. (b&) Escribi este libro en la enloquecida felicidad de escribirlo. Permaneci un ano en esta novela, encerrada en aquel ano de amorB; . Y si Marguerite Duras vuelve a esta historia extraordinaria es porque, como veremos, al revivirla reaparecen de pronto, con una nitidez y una precision hasta ahora ineditas, no solo los personajes de Thanh, el huerfano de las montanas de Siam, o del adorado hermano pequeno, el nino B+diferenteB; , incestuoso, o de la madre, ligeramente alelada, o de Helg-% Lagonelle, esa amistad B+raraB; , o del terrible hermano mayor, sino tambien, con detalles hasta ahora no contados, la trama de las extranas relaciones entre ellos. Aqui todos ellos hablan, B+se explicanB; , ocupan su lugar en la historia.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.02.2005 Band 49
Die Erotik der Erinnerung
Marguerite Duras Roman „Der Liebhaber”
Als man im Herbst 1984 vorsichtig bei Marguerite Duras anfragte, ob sie im Falle eines Falles den Prix Goncourt für ihren Roman „Der Liebhaber” annehmen würde (denn bei ihr war mit allem zu rechnen), antwortete sie als die Sphinx, als die sie sich gerne gab: „Proust hat ihn auch bekommen.” Als sie ihn dann tatsächlich bekam - und annahm -, war es trotz allem eine Überraschung. Mit siebzig Jahren wurde einer Autorin der publikumswirksamste Preis Frankreichs verliehen, die mit ihren eher poetisch-fragmentarischen als erzählten Büchern, mit ihren hermetischen Filmen lange schon ihren festen Platz unter den literarischen, aber nicht unbedingt viel gelesenen Schriftstellern ihrer Zeit hatte. Mit einem Schlag war aus Marguerite Duras eine Bestsellerautorin geworden.
Liest man den „Liebhaber” heute neu, so ist dieser überwältigende Erfolg alles andere als überraschend, und der Roman ist nicht zufällig der Höhepunkt im Werk Duras, das immer schon um ihr eigenes Leben kreiste. Die Elemente dieses Lebens sind bekannt: Geburt, Kindheit und Jugend in Vietnam, damals noch eine französische Kolonie, die, lange vor dem Weltkrieg und dem Vietnamkrieg, noch keine Assoziationen weckte von Tod und Grauen, sondern von fernöstlicher, geheimnisvoller Exotik, von Sonnenuntergängen über dem Mekong, von Hitze und stillstehender Zeit auf den Terrassen der Kolonialvillen. Duras hat diesen Mythos Indochinas und des eigenen Lebens immer wieder variiert, ausgeschmückt, zurückgenommen, wahre und erfundene Dinge verflochten, doch nie hat sie sich dabei einem konventionellen Roman so genähert wie hier. Die Geschichte des 14-jährigen Mädchens und ihres älteren chinesischen Geliebten verwebt den Traum von einem noch unberührten Vietnam mit der vieldeutig schimmernden Erotik, die auch den verbotenen Reiz mädchenhafter Sexualität nicht scheut.
Der „Liebhaber” ist ein Schnittpunkt im Werk von Duras. Nie hat sie den zuweilen geradezu manierierten Singsang ihrer Sprache so gewandt eingesetzt; nie hat sie den Exotismus so weit ins Breitwandformat getrieben; nie hat sie so gekonnt gespielt mit der voyeuristischen Verlockung kindlicher Erotik - zuweilen ein Balanceakt auf der Grenze zum Kitsch. Und nie hat sie so absichtsvoll die Unterschiede verwischt zwischen Phantasie und Wirklichkeit. Später hat Duras es abgelehnt, den „Liebhaber” als autobiografisch zu verstehen, doch sie selbst hat die Travestie von Erfundenem in Wirklichkeit zum Leitmotiv ihres Buches gemacht. Ist das kapriziöse Mädchen tatsächlich die junge Marguerite? Hat es ihn tatsächlich gegeben, den chinesischen Geliebten? Der ganze Reiz des Romans liegt in der kunstvollen Inszenierung und ebenso kunstvollen Nichtbeantwortung dieser Frage. Die Art, wie sich das „Ich” der altgewordenen Autorin in der Geschichte mit „die Kleine” der abstandwahrenden dritten Person abwechselt, ist ein Spiel zwischen erfundener und wirklicher Liebe. Getragen wird dieses Traumspiel von einer so einfachen wie melodischen, so schillernden wie monotonen Sprache, deren Faszination in Ilma Rakusas Übersetzung um kein Gran geringer ist als im klangvollen Französisch. Marguerite Duras wollte ihr eigenes Leben zum Mythos machen, ein einziges Mal ist es ihr in aller Vollkommenheit gelungen.
WOLFGANG MATZ
Marguerite Duras
Foto: Jerry Bauer / Suhrkamp
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Die Erotik der Erinnerung
Marguerite Duras Roman „Der Liebhaber”
Als man im Herbst 1984 vorsichtig bei Marguerite Duras anfragte, ob sie im Falle eines Falles den Prix Goncourt für ihren Roman „Der Liebhaber” annehmen würde (denn bei ihr war mit allem zu rechnen), antwortete sie als die Sphinx, als die sie sich gerne gab: „Proust hat ihn auch bekommen.” Als sie ihn dann tatsächlich bekam - und annahm -, war es trotz allem eine Überraschung. Mit siebzig Jahren wurde einer Autorin der publikumswirksamste Preis Frankreichs verliehen, die mit ihren eher poetisch-fragmentarischen als erzählten Büchern, mit ihren hermetischen Filmen lange schon ihren festen Platz unter den literarischen, aber nicht unbedingt viel gelesenen Schriftstellern ihrer Zeit hatte. Mit einem Schlag war aus Marguerite Duras eine Bestsellerautorin geworden.
Liest man den „Liebhaber” heute neu, so ist dieser überwältigende Erfolg alles andere als überraschend, und der Roman ist nicht zufällig der Höhepunkt im Werk Duras, das immer schon um ihr eigenes Leben kreiste. Die Elemente dieses Lebens sind bekannt: Geburt, Kindheit und Jugend in Vietnam, damals noch eine französische Kolonie, die, lange vor dem Weltkrieg und dem Vietnamkrieg, noch keine Assoziationen weckte von Tod und Grauen, sondern von fernöstlicher, geheimnisvoller Exotik, von Sonnenuntergängen über dem Mekong, von Hitze und stillstehender Zeit auf den Terrassen der Kolonialvillen. Duras hat diesen Mythos Indochinas und des eigenen Lebens immer wieder variiert, ausgeschmückt, zurückgenommen, wahre und erfundene Dinge verflochten, doch nie hat sie sich dabei einem konventionellen Roman so genähert wie hier. Die Geschichte des 14-jährigen Mädchens und ihres älteren chinesischen Geliebten verwebt den Traum von einem noch unberührten Vietnam mit der vieldeutig schimmernden Erotik, die auch den verbotenen Reiz mädchenhafter Sexualität nicht scheut.
Der „Liebhaber” ist ein Schnittpunkt im Werk von Duras. Nie hat sie den zuweilen geradezu manierierten Singsang ihrer Sprache so gewandt eingesetzt; nie hat sie den Exotismus so weit ins Breitwandformat getrieben; nie hat sie so gekonnt gespielt mit der voyeuristischen Verlockung kindlicher Erotik - zuweilen ein Balanceakt auf der Grenze zum Kitsch. Und nie hat sie so absichtsvoll die Unterschiede verwischt zwischen Phantasie und Wirklichkeit. Später hat Duras es abgelehnt, den „Liebhaber” als autobiografisch zu verstehen, doch sie selbst hat die Travestie von Erfundenem in Wirklichkeit zum Leitmotiv ihres Buches gemacht. Ist das kapriziöse Mädchen tatsächlich die junge Marguerite? Hat es ihn tatsächlich gegeben, den chinesischen Geliebten? Der ganze Reiz des Romans liegt in der kunstvollen Inszenierung und ebenso kunstvollen Nichtbeantwortung dieser Frage. Die Art, wie sich das „Ich” der altgewordenen Autorin in der Geschichte mit „die Kleine” der abstandwahrenden dritten Person abwechselt, ist ein Spiel zwischen erfundener und wirklicher Liebe. Getragen wird dieses Traumspiel von einer so einfachen wie melodischen, so schillernden wie monotonen Sprache, deren Faszination in Ilma Rakusas Übersetzung um kein Gran geringer ist als im klangvollen Französisch. Marguerite Duras wollte ihr eigenes Leben zum Mythos machen, ein einziges Mal ist es ihr in aller Vollkommenheit gelungen.
WOLFGANG MATZ
Marguerite Duras
Foto: Jerry Bauer / Suhrkamp
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