In India it costs a poor family 50 rupees, to hire a midwife to administer the birth of a child. For an additional ten rupees, the parents are assured that the birth of a girl will be met with an act of infanticide by the midwife. The alternative for many is an institution like the Delhi orphanage in which Fazal Sheikhs work on the predicament of the girl-child in India began 99% of that orphanages population are girls. By delving into the story of the girl-child, Sheik renders the other side of the spectrum of women in India. Ladli is the second part of his project on India, which was begun with Moksha (published in 2005 by Steidl).Co-published with Fondation Henri Cartier-Bresson, Paris
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2007Tochter, Frau, verdammt sollst du sein!
Ladli bedeutet in Hindi „geliebte Tochter” – und ist damit ein Widerspruch in sich. In der traditionellen indischen Gesellschaft zählen Frauen nichts und Töchter noch weniger. Mädchen werden ausgesetzt, weil sie Mädchen sind, oder schon als Säuglinge umgebracht. Weibliche Embryos werden in solchen Mengen abgetrieben, dass Indien schon jetzt mit einem gewaltigen Frauenmangel zu kämpfen hat. Nicht, dass diese Entwicklung den Mädchen etwas nützte: Sie werden verkauft, weil ihre Eltern arm sind, sie werden entführt und unter Männern geteilt und in die Prostitution gezwungen. Sie werden mit Kerosin übergossen und angezündet, weil sie keine Söhne gebären oder zu wenig Mitgift mitgebracht haben. Sterben die Ehemänner, werden die Witwen oft verstoßen oder als Haushaltssklavinnen höchstens noch geduldet.
Der New Yorker Fotograf Fazal Sheikh hat unzähligen solchen Fälle ein Gesicht gegeben, er hat Organisationen besucht, die versuchen, solchen Frauen und Mädchen ein neues Leben zu geben. Er fand junge und harte Gesichter, alte und verbitterte, immer misstrauisch, immer auf der Hut. Es sind Frauen dabei, die ihr Gesicht verbergen, weil sie Angst haben, und deren gekrümmter Rücken genug erzählt. Es sind Bilder von alten Frauen, von verbrannten Frauen, von toten Frauen, einige starke unter ihnen, aber ohne viel Hoffnung. Es sind Babys im Waisenhaus, die vielleicht noch Glück hatten, weil sie gefunden wurden. Fazal Sheikh dokumentiert in seinen Arbeiten die Verlorenen und Verstoßenen der Erde – für das Doppelprojekt „Ladli” und „Mokhsa” über Witwen in der heiligen Stadt Vrindavan hat er den International Henri Cartier-Bresson Grand Prize erhalten. „Ladli” (Steidl, Göttingen 2007, 192 S., 25 Euro) ist kein Buch für den Kaffeetisch, es ist ein Buch zum Hineinlesen, man muss es aushalten. Und wütend werden. Und etwas ändern. PETRA STEINBERGER
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Ladli bedeutet in Hindi „geliebte Tochter” – und ist damit ein Widerspruch in sich. In der traditionellen indischen Gesellschaft zählen Frauen nichts und Töchter noch weniger. Mädchen werden ausgesetzt, weil sie Mädchen sind, oder schon als Säuglinge umgebracht. Weibliche Embryos werden in solchen Mengen abgetrieben, dass Indien schon jetzt mit einem gewaltigen Frauenmangel zu kämpfen hat. Nicht, dass diese Entwicklung den Mädchen etwas nützte: Sie werden verkauft, weil ihre Eltern arm sind, sie werden entführt und unter Männern geteilt und in die Prostitution gezwungen. Sie werden mit Kerosin übergossen und angezündet, weil sie keine Söhne gebären oder zu wenig Mitgift mitgebracht haben. Sterben die Ehemänner, werden die Witwen oft verstoßen oder als Haushaltssklavinnen höchstens noch geduldet.
Der New Yorker Fotograf Fazal Sheikh hat unzähligen solchen Fälle ein Gesicht gegeben, er hat Organisationen besucht, die versuchen, solchen Frauen und Mädchen ein neues Leben zu geben. Er fand junge und harte Gesichter, alte und verbitterte, immer misstrauisch, immer auf der Hut. Es sind Frauen dabei, die ihr Gesicht verbergen, weil sie Angst haben, und deren gekrümmter Rücken genug erzählt. Es sind Bilder von alten Frauen, von verbrannten Frauen, von toten Frauen, einige starke unter ihnen, aber ohne viel Hoffnung. Es sind Babys im Waisenhaus, die vielleicht noch Glück hatten, weil sie gefunden wurden. Fazal Sheikh dokumentiert in seinen Arbeiten die Verlorenen und Verstoßenen der Erde – für das Doppelprojekt „Ladli” und „Mokhsa” über Witwen in der heiligen Stadt Vrindavan hat er den International Henri Cartier-Bresson Grand Prize erhalten. „Ladli” (Steidl, Göttingen 2007, 192 S., 25 Euro) ist kein Buch für den Kaffeetisch, es ist ein Buch zum Hineinlesen, man muss es aushalten. Und wütend werden. Und etwas ändern. PETRA STEINBERGER
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