Die Suche nach einer zuverlässigen Berechnungsmethode für den Längengrad (der senkrechte Grad parallel zu Greenwich, das andere ist der Breitengrad), nahm seinerzeit Ausmaße an, vergleichbar mit der Suche nach dem Jungbrunnen, dem Perpetuum Mobile oder der Verwandlung von Blei zu Gold.
Viele
Unglücke passierten auf Schiffsreisen, weil die Kapitäne nicht wussten, auf welchem Längengrad sie sich…mehrDie Suche nach einer zuverlässigen Berechnungsmethode für den Längengrad (der senkrechte Grad parallel zu Greenwich, das andere ist der Breitengrad), nahm seinerzeit Ausmaße an, vergleichbar mit der Suche nach dem Jungbrunnen, dem Perpetuum Mobile oder der Verwandlung von Blei zu Gold.
Viele Unglücke passierten auf Schiffsreisen, weil die Kapitäne nicht wussten, auf welchem Längengrad sie sich befanden, die Lösung dieses Problems würde viele Menschenleben und vor allem viele Ressourcen retten. Die Hauptantriebsfeder der Suche waren somit hauptsächlich wirtschaftliche Gründe, die Verluste an Schiffen und Fracht waren einfach enorm. Daher schrieb das britische Parlament 1714 eine fürstliche Belohnung für denjenigen aus, der eine „praktikable und nützliche Mathode zur Bestimmung der geographischen Länge“ entwickeln würde, den Longitude Act. Einige der Methoden sind aus heutiger Sicht eher abenteuerlich, wie das Gissen oder das Sympathie Pulver.
Die Astronomen scheiterten mit ihren Ideen an noch nicht vorhandenen Messdaten, daher hoffte man darauf, das Problem mittels einer genau gehenden Uhr zu lösen. Das klingt trivial, war es damals aber nicht, den damalige Uhren gingen bei Wärme schneller, bei Kälte langsamer, nach dem Aufziehen schneller als kurz vor dem Ablaufen, für eine sichere Bestimmung des Längengrades benötigte man aber eine nahezu sekundengenaue, von äußeren Einflüssen unabhängige Uhr, etwas was heute jede Quarzuhr aus dem Kaugummiautomaten leisten kann.
John Harrison, von Beruf her Schreiner, von Herzen jedoch Uhrmacher, nahm die Herausforderung an. Er erfand viele Bauteile, die noch heute in mechanischen Uhren Verwendung finden. Er geriet dabei jedoch in das Spannungsfeld von Theoretikern gegen Praktiker und Astronomen gegen Uhrmacher. Er geriet in die Mühlen der Administration, die ihn zu zermürben drohen.
Sachbücher können erstaunlich unterhaltsam sein. Dava Sobel erzählt in einer lockeren, ironischen, süffisant zynischen Erzählweise den Leidensweg, des John Harrison. Ein praktischer Mensch, umständlich aber solide, gegen ein Gremium von Wissenschaftlern, die davon überzeugt sind, dass sie recht haben, dass nur der Mond, nur die Sterne die Lösung sein können und keine mechanische Uhr eines autodidakten Bastlers. Man legt Harrison Steine in den Weg, wo es nur geht, man demütigt ihn und verweigert ihm die Anerkennung und dennoch macht er weiter. Mir war die Geschichte nicht neu, schon 2004 gab es auf ARTE eine Mission X Folge zu John Harrison Kampf um das Preisgeld (Mission X - Staffel 1 [4 DVDs]).
Was traurig ist an dieser Geschichte, ist dass sich bis heute in der Wissenschaft nichts geändert hat, was das gängeln von Kollegen angeht. Auch heute, werfen Gremien Wissenschaftlern Knüppel zwischen die Beine, ganz besonders, wenn in diesen Kollegen sitzen, die am selben Thema arbeiten. Missbrauch von Gremien, von Macht zur Unterdrückung einer Erfindung, um die eigenen Pläne zu befördern.
Andererseits, ganz Unrecht hatte Nevil Maskelyne, John Harrisons erbittertster Gegner auch nicht. Auch wenn Harrisons Methode sicherlich einfacher und verständlicher war, so war sie, anders als Maskeleynes Mondtabellen (die jedoch an einigen Tagen des Monats nicht funktionierten), für die meisten Seeleute einfach nicht erschwinglich, anders als der Nautical Almanac und die dafür benötigten Messgeräte. Neutral betrachtet, hatten beide Methoden ihre Berechtigung und ihre Schwächen, dennoch ist es nicht richtig, wie er Harrison gängelte.
Fazit: Ein spannendes Sachbuch, das sich wie ein Roman liest, vor allem wegen der teils wunderbar abstrusen Anekdoten.
Es gibt von diesem Buch zwei Ausgaben. Eine unbebilderte TB Ausgabe und eine deutlich teurere illustrierte Leinenvariante. Ich rate dringend zur illustrierten Variante (Längengrad. Die illustrierte Ausgabe), sonst sitzt man permanent am Rechner, um sich die Bilder der Beschriebenen Uhren und Probleme zu besorgen.