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Als erster Läufer der Welt schaffte er die 100 Meter in glatten 10,0 Sekunden; 1958 wurde er Europameister, 1960 Olympiasieger. Bis heute ist Armin Hary der schnellste Sprinter, den Deutschland je besessen hat; vor einigen Jahren wählten ihn die Sportjournalisten zum 'Läufer des Jahrhunderts'. Harys Karriere bestand aus einem steilen Aufstieg aus bescheidenen Verhältnissen, einem kurzen, märchenhaften Gipfeltanz und einem schnellen Ende: Der Gängelei durch engstirnige Verbandsfunktionäre überdrüssig, erklärte er wenige Monate nach dem Olympiasieg seinen Rücktritt. Knut Teske hat - unter…mehr

Produktbeschreibung
Als erster Läufer der Welt schaffte er die 100 Meter in glatten 10,0 Sekunden; 1958 wurde er Europameister, 1960 Olympiasieger. Bis heute ist Armin Hary der schnellste Sprinter, den Deutschland je besessen hat; vor einigen Jahren wählten ihn die Sportjournalisten zum 'Läufer des Jahrhunderts'. Harys Karriere bestand aus einem steilen Aufstieg aus bescheidenen Verhältnissen, einem kurzen, märchenhaften Gipfeltanz und einem schnellen Ende: Der Gängelei durch engstirnige Verbandsfunktionäre überdrüssig, erklärte er wenige Monate nach dem Olympiasieg seinen Rücktritt. Knut Teske hat - unter Mitwirkung seines Protagonisten - eine Biografie von literarischer Qualität verfasst. Einfühlsam dechiffriert er die Persönlichkeit eines Sportidols, kenntnisreich skizziert er die Zeitläufe im Spitzensport, spannend und hautnah schildert er die Höhe- (und Tief-)punkte von Harys Karriere. Ein Sportbuch der absoluten Extraklasse.
Autorenporträt
Knut Teske arbeitete als Journalist 26 Jahre lang bei der 'Welt', zum Teil in führenden Funktionen. 2002 bis Januar 2007 leitete er die Axel-Springer-Journalistenschule. 1988 erhielt Teske den Theodor-Wolff-Preis des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Überwältigende Zeitreise

Die Geschichte ist Legende und endlich aufgeschrieben: Armin Harys Weltrekordjagd steckt voller Merkwürdigkeiten.

Von Michael Reinsch

Armin Hary löst sich vom Feld mit der Leichtigkeit eines heiteren Gedankens. Ein Sprint in Vollendung. Ein Kunstwerk, das man nicht vergessen kann.

So war das, als der Läufer des Jahrhunderts seinen Weltrekord aufstellte, 10,0 Sekunden, am 21. Juni 1960: leicht und überlegen. So sah es jedenfalls aus. Das Kampfgericht verweigerte der handgestoppten Zeit wegen nachträglich konstatierten Fehlstarts die Anerkennung. Eine halbe Stunde später startete Hary noch einmal zum Hundertmeterlauf. Er erkämpfte sich stampfend die Zehnkommanull mit Gewalt. Die Geschichte ist Legende und endlich aufgeschrieben: Drei Mal musste er den Weltrekord laufen, bis die phantastische Leistung akzeptiert war: in Zürich und schon 1958 in Friedrichshafen.

Hary, schnellster Mann der Welt und Olympiasieger von Rom, erlebte vor fünfzig Jahren, was Athleten heute unter der Überschrift Generalverdacht trifft. Ihm schlugen Zweifel, Misstrauen und Ablehnung entgegen. Eigennutz und Arroganz warf man Hary vor, schließlich Verstoß gegen das Amateurstatut, aber vor allem: ständige Fehlstarts. All das (er)klärt Knut Teske leidenschaftlich. Sein atemloses Buch von mehr als dreihundert Seiten liest sich wie der Bericht eines überwältigten Radioreporters auf Zeitreise.

Den großen Verdacht von heute versucht der Autor gar nicht erst zu zerstreuen, fällt die rauschhafte Ära Hary nach seiner Überzeugung doch in eine präanabole, also a priori unverdächtige Zeit. Nicht einmal das Wort Doping soll es damals gegeben haben. "Das eigentlich Tragische an seiner glanzvollen Karriere ist", schreibt Teske gleichwohl, "dass er sie nie hat in vollen Zügen genießen können." Dazu war sie wohl auch zu kurz. Dem steilen Aufstieg bis 1958 folgen eine verdorbene Saison und das Jahr 1960 mit Weltrekord und Olympiasieg. Dann trat Hary entnervt von den Angriffen der Funktionäre ab. Er war 24 Jahre alt.

Manchmal in erstaunliche Tiefe dringend, manchmal sprunghaft, spült der ungebändigte Sprachfluss dieser Biographie Zeugen und Anhaltspunkte dafür zutage, dass Hary als Erster sogar unter zehn Sekunden gelaufen ist. Die Fernsehaufzeichnung des annullierten Rekordlaufes auf der Aschenbahn von Zürich belegt, dass von einem Fehlstart keine Rede sein kann. Den Bonus der Handzeitnahme eingerechnet, ermittelt Teske für den Sprint 9,9 Sekunden. Ein Zeitnehmer gesteht, mehr als vierzig Jahre danach, er habe seine Uhr seinerzeit bei 9,8 gestoppt. Er habe sich geschämt, das zu verraten. Dabei hätte doch gelten sollen, was Teske (auf einen anderen Lauf bezogen) so beschreibt: "Wir hatten es doch gesehen und mussten das Unglaubwürdige glauben."

War nicht die ganze Karriere von Hary unglaublich? Wie er im August 1959 in Kalifornien untertauchte: Was würde das heute für Spekulationen auslösen! Doch damals gab es weder Doping-Tests noch Meldepflicht für Topathleten. Selbst Teske bleibt es ein Rätsel, was Hary bis Weihnachten in Amerika trieb. Es gibt keine Fotos aus jener Zeit, keine Läufer, mit denen er trainiert, keine Wettkämpfe und bei Hary selbst "nicht den Schatten einer Erinnerung".

Was soll der Leser glauben, der weiß, dass der amerikanische Olympiasieger im Hammerwurf von Melbourne 1956, Harold Connolly, Anabolika-Doping zugegeben hat? Was soll er denken, wenn eine der wenigen gesicherten Überlieferungen aus jener Zeit die ist, dass Hary in Bakersfield kurzzeitig bei Rex Grossart trainierte, der eigentlich Al Oerter betreute, jenen Diskuswerfer, der 1956 den ersten seiner vier Olympiasiege geholt hatte? Hary jedenfalls kam so stark aus Kalifornien zurück wie nie zuvor. Er hatte das Krafttraining entdeckt und galt als Erster, der Arme und Rumpf an der Hantel stählte. Seinen bedingungslosen Ehrgeiz, der sportlichen und persönlichen Krise davonzulaufen, beschrieb er schon 1960 offen: "Je mehr ich nachdachte, desto klarer wurde mir, dass ich alles nur über den Sport werden könnte. Meine Antwort auf all die Fragen war: Du musst Olympiasieger werden, und du wirst Olympiasieger!"

Vorstellbar ist, dass Hary in Kalifornien mit Dianabol, seinerzeit als sinnvolle Ergänzung von Krafttraining betrachtet, in Berührung kam. Auch der Kontakt zu dem Freiburger Sportarzt Herbert Reindell, der 1954 über die Wirkung von Aufputschmitteln forschte, würde heute mindestens so viel Verdacht erregen, wie damals seine Eskapaden aufregten. Allerdings: Die Wege von Hary und Grossart trennten sich, weil der Deutsche Wettkämpfe und Konditionstraining verweigerte. Und Reindell soll über die Reaktionszeit des Sprinters geforscht haben; leider sind keine Ergebnisse überliefert.

Die eine oder andere Straffung hätten dieser Hymne gutgetan. Doch andererseits: Sportfan zu sein heißt ja auch, Helden zu verehren. Da lässt man sich lieber von Stilblüten irritieren als von Merkwürdigkeiten einer Karriere. Nun denn: "Dieses abgelatschte, rundgelaufene Paar Schuhe wurde zur eigentlichen Erweckungsstunde des Supersprinters."

Knut Teske: "Läufer des Jahrhunderts. Die atemberaubende Karriere des Armin Hary" Hardcover, Verlag die Werkstatt, 320 Seiten mit elf Schwarzweißfotos, 24,95 Euro

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