Es gibt Länder, die sind noch immer in einem frühen Stadium des Kampfes gegen die Korruption. Polizei und Staatsanwaltschaften sind personalschwach, abhängig und stark politisiert, es gibt keine Anti-Korruptionsprogramme der Regierung, politische Unterstützung kann zu einer Beschleunigung von Karrieren in Justiz und Exekutive führen, persönliche Freunde werden ohne Qualifikation in höchste Ämter gehievt, selbst Minister verschaffen sich finanzielle Vorteile, Politiker entziehen sich geschickt und schamlos der Strafverfolgung durch Behörden, die Bürger eines Landes werden systematisch bestohlen, kein Sektor ist immun.
Die Rede ist von Österreich.
Dieses Buch ist eine Anklage. Und es gilt der Generalverdacht.
Die Rede ist von Österreich.
Dieses Buch ist eine Anklage. Und es gilt der Generalverdacht.
Ein Buch über die Korruptionspraxis in Österreich
Ist Österreich ein Mekka für Korruption? Mögliche Schmiergeldzahlungen rund um Beschaffungsvorgänge, Milliardenverluste in der Skandalbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA)und verdoppelte Kosten für einen neuen Terminal des Flughafens Wien sind Fälle aus der jüngeren Vergangenheit, die das nahelegen.
Österreich hat ein legeres Verhältnis zu vielem. Dazu gehören die undurchsichtige Parteienfinanzierung und der saloppe Umgang mit Lobbyisten: Die Parteienfinanzierung über Spenden ist im Großteil der EU-Staaten strenger geregelt als in Österreich. Ebenso undurchsichtig ist die Einkommens- und Vermögenslage von Politikern. In seinem Buch "Land der Diebe" beurteilt der Wiener Publizist Kurt Kuch den österreichischen Umgang mit Korruption als verheerend. Der Autor beleuchtet zahlreiche Verdachtsfälle von Korruption und berichtet über neue Hinweise auf unsaubere Methoden in der Politik.
Zudem geht der Journalist mit der Justiz hart ins Gericht. Justiz und Gesetzgebung würden "bei der Bekämpfung legalisierter und illegaler Korruption" versagen. Mokant äußert sich Kuch über die mangelhafte Rücktrittskultur österreichischer Politiker vor allem im Vergleich zu seinem wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschland: "In Deutschland treten Politiker zurück, weil sie dienstrechtlich erworbene Flugmeilen privat genutzt oder weil sie bei der Doktorarbeit abgeschrieben haben. In Österreich fahren Politiker auch privat Autos, die ihnen gar nicht gehören." Angesichts der Tatsache, dass es in Österreich möglich sei, als Finanzminister zu vergessen, seine Steuern zu zahlen, erscheinen derartige Autogeschichten fast schon als vernachlässigbare Bagatelle.
Das Buch bietet nicht nur eine umfangreiche Analyse der Fehlentwicklungen des politischen Systems in Österreich, sondern dokumentiert auch neue unveröffentlichte Verdachtsfälle. Wer wissen will, warum die Beobachtung des Staatsmannes Metternich, wonach der Balkan in Wien beginnt, 200 Jahre nach dessen Wirken noch immer stimmt, sollte dieses Buch lesen.
MICHAELA SEISER.
Kurt Kuch: Land der Diebe.
Ecowin Verlag, Salzburg 2011, 272 Seiten, 22,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Angetan zeigt sich Rezensent Klaus Ott von dieser heftigen Österreich-Kritik des Journalisten Kurt Kuch. Er würdigt den Chefreporter der Zeitschrift News als einen der besten investigativen Reporter Österreichs. Der Band "Land der Diebe" versammelt nach Auskunft von Ott eine ganze Reihe von Geschichten über nachgewiesene und mutmaßliche Fälle von Filz, Korruption und Amtsmissbrauch in der österreichischen Politik und Wirtschaft. Sie vermitteln für ihn einen spannenden Einblick in die "Selbstbedienungsmentalität" der oberen Kreise. Zudem führt das Buch ihm vor Augen, wie schwer es der Journalismus in Österreich hat, da das Recht verbietet, was für Journalisten in Deutschland selbstverständlich sei.
© Perlentaucher Medien GmbH
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