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In Land und Beute sind Reinhard Jirgls Kritiken, Beobachtungen und Polemiken zum ersten Mal nachlesbar: Mit seinen Reflexionen über Traum und Trauma des 20. Jahrhunderts und seinen Bemerkungen über Erinnern - Schreiben - Lesen führt er mitten hinein in das Zentrum einer gegenwartsbewussten schreibenden Existenz. Der Autor, dessen Roman Abschied von den Feinden 1995 mit einem Schlag als "ein literarisches Ereignis" (Frankfurter Rundschau) wahrgenommen wurde und der seither in weiteren monumentalen Romanen die deutsche Geschichte und Gegenwart gestaltet hat, legt hier Rechenschaft ab über sein…mehr

Produktbeschreibung
In Land und Beute sind Reinhard Jirgls Kritiken, Beobachtungen und Polemiken zum ersten Mal nachlesbar: Mit seinen Reflexionen über Traum und Trauma des 20. Jahrhunderts und seinen Bemerkungen über Erinnern - Schreiben - Lesen führt er mitten hinein in das Zentrum einer gegenwartsbewussten schreibenden Existenz. Der Autor, dessen Roman Abschied von den Feinden 1995 mit einem Schlag als "ein literarisches Ereignis" (Frankfurter Rundschau) wahrgenommen wurde und der seither in weiteren monumentalen Romanen die deutsche Geschichte und Gegenwart gestaltet hat, legt hier Rechenschaft ab über sein Schreiben und seine eigene Gegenwart: "Noch nie ist die deutsche Nachkriegszeit so überzeugend geschildert worden", schrieb Iris Radisch in der Zeit über Jirgls Werk.
Autorenporträt
Reinhard Jirgl, geboren 1953 in Berlin, wo er auch heute lebt. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Alfred-Döblin-Preis, den Marburger Literaturpreis, den Joseph-Breitbach-Preis, den Stadtschreiber-Preis von Bergen und den Georg Büchner-Preis 2010. Bei Hanser erschienen zuletzt Abtrünnig (Roman aus der nervösen Zeit, 2006), Land und Beute (Aufsätze, 2008), Die Stille (Roman, 2009), Mutter Vater Roman (Neuausgabe, 2012), Nichts von euch auf Erden (Roman, 2013) und 2016 der Roman Oben das Feuer, unten der Berg. Mit Beginn des Jahres 2017 hat Reinhard Jirgl sich vollständig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Er verzichtet auf Lesungen sowie andere Auftritte, desgleichen auf jede Publikation seiner auch weiterhin entstehenden Manuskripte. Alle neu geschriebenen Texte verbleiben in Privatbesitz.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2008

Abgehobene Flugzeuge
Entschlossen theorieverspiegelt: Reinhard Jirgls Essayband „Land und Beute”
Reinhard Jirgl ist der Ingenieur unter den deutschen Schriftstellern. Seine Texte machen oft den Eindruck, als wären sie aus elektronischen Schaltteilen zusammengelötet. Die Worte, die er mit erfundenen Satzzeichen und eigenwilliger Schreibweise verbindet, scheinen mathematischen Funktionen gehorchen zu müssen. Deshalb bezeichnet er seine Texte gerne als „Arbeiten”, und Arbeit ist es allemal auch, sie zu lesen.
Das gilt verschärft für die Aufsätze aus den Jahren 1996 bis 2006, die nun gesammelt erschienen sind. Jirgl ist sich sehr bewusst darüber, in einer Zeit zu leben, „in der eine allgemeine Theorieverdrossenheit zunimmt”. Ohne Theorie, hält er dagegen, hätte kein Flugzeug je vom Erdboden abgehoben, und bei Kopfschmerzen würde uns noch immer der Schädel aufgemeißelt. Ähnlich verhält es sich demnach auch mit der Literatur: Ohne Sprach- und Stiltheorie wären „keine anderen Romane je geschrieben worden, als die, die schon immer geschrieben worden sind”, behauptet er, verkennt damit aber doch den Unterschied zwischen einem Schaltplan und einem Roman.
War die Voraussetzung für Kafka tatsächlich eine Stiltheorie? Setzten die Spielereien des Dadaismus eine Dada-Theorie voraus? Um im Bild des Flugzeugs zu bleiben: Literarische Texte fliegen von alleine. Wenn sie theoretisch begründet werden, ist es mit ihrer Leichtigkeit zumeist vorbei. Jirgls Aufsätze führen Theorie als eine Sprechweise vor, ohne dass man sagen könnte, worauf sie sonst noch zielen. Sollte er damit Werbung für den Nutzen der Theorie in theoriefeindlicher Zeit unternehmen wollen, so geht das Vorhaben nicht auf.
Seine Gegenstände – Ironie, Identifikation, Schreiben und Lesen, Natur und Heimat, aber auch etwas so Begehbares wie Berlin – verschwinden in den hochkomplizierten Denkbewegungen, statt greifbar zu werden. Die entstehenden Syntaxgefüge schlüsseln die Welt nicht auf und taugen nicht als Werkzeuge der Erkenntnis. Interessant wird es immer dann, wenn Jirgl seiner Abstraktionslust einmal widersteht und sich aufs Beschreiben und Beobachten einlässt – etwa dann, wenn er in seinem Berlin-Essay endlich auf die Architektur der Stadt zu sprechen kommt und die Spiegelfassade des Innenministeriums mit dem verborgenen Blick hinter verspiegelten Sonnenbrillen vergleicht. Doch solche Momente sind leider viel zu selten. Jirgls Essays verweigern den Blick hinter die Theorieverspiegelung. JÖRG MAGENAU
REINHARD JIRGL: Land und Beute. Aufsätze aus den Jahren 1996 bis 2006. Hanser Verlag, München 2008. 252 Seiten, 19,90 Euro.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.02.2008

Eingemachtes

Was sind, wenn wir uns über Literatur unterhalten, die im Grunde immer gleichen Fragen, mit denen wir nicht fertig werden? Beispielsweise und gerade wieder gestellt die, was die Literatur mit dem (wirklichen) Leben zu tun hat. Oder: Kann Literatur das Leben oder sogar uns selbst besser machen, auch Krieg und andere Schrecken verhindern? Und: Welchen Stellenwert hat Literatur in der sogenannten Informations- und Wissensgesellschaft. Reinhard Jirgl gibt auf diese und noch viele andere Fragen Antworten, und das Verblüffende dabei ist: Sie fallen trotz eines kulturpessimistischen Einschlags, bei dem man hier und da Adorno heraushören mag, positiv und geradezu optimistisch aus, sofern es um die Zukunft der Literatur und des Mediums Buch geht. Was hier in Form von Kritiken, Polemiken und Aufsätzen des 1953 in Berlin geborenen Romanschriftstellers aus einem Jahrzehnt versammelt ist, geht, mit hoher sprachkritischer Empfindsamkeit und energisch-furchtlosem Gedankengang buchstäblich ans Eingemachte eines ganzen Jahrhunderts. (Reinhard Jirgl: "Land und Beute". Aufsätze aus den Jahren 1996 bis 2006. Carl Hanser Verlag. Edition Akzente, München 2008. 256 S., br., 19,90 [Euro].) edo.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Schwerstarbeit war die Lektüre von Reinhard Jirgls gesammelten Essays aus den Jahren 1996 bis 2006 für Jörg Magenau und in ihrer Theorieversessenheit keine reine Freude, wie er zugeben muss. Laut Jirgl hätte es in der Literatur ohne Stil- und Sprachtheorie keine Weiterentwicklung gegeben, eine Auffassung, der der Rezensent vehement widerspricht. Sollte der Autor mit seinen Essays die von ihm beklagte allgemeine "Theorieverdrossenheit" überwinden wollen, ist er nach Ansicht des erschöpft wirkenden Rezensenten gründlich gescheitert, denn Magenau findet, dass in den "hochkomplizierten Denkbewegungen" und der überkomplexen Syntax des Autors die Inhalte seiner Texte sich geradezu verflüchtigen. Nur wenn der Autor mal beschreibend-konkret wird, weckt er das Interesse Magenaus, aber das ist, wie er bedauernd konstatiert, in diesem Band nicht oft der Fall.

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