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Ein alter Mann wacht auf: Owen Mackenzie, ein Computeringenieur der ersten Generation, der mit einem Partner eine kleine Software-Firma gegründet und rechtzeitig an Apple verkauft hat. Seither hat er keine Geldsorgen mehr. Der Unruhestand seiner 70 Jahre lässt uns teilnehmen an seiner erotischen Biographie. Sie beginnt mit einem dem Knaben unverständlichen Graffito an der Wand der Schule, mit Blicken in den Umkleideraum der Mädchen, der merkwürdigen Reaktion der Mutter, als er bei einem Sonntagsspaziergang ein Kondom findet. Dann: Petting der Teenager in Vaters Auto, Studium am MIT,…mehr

Produktbeschreibung
Ein alter Mann wacht auf: Owen Mackenzie, ein Computeringenieur der ersten Generation, der mit einem Partner eine kleine Software-Firma gegründet und rechtzeitig an Apple verkauft hat. Seither hat er keine Geldsorgen mehr. Der Unruhestand seiner 70 Jahre lässt uns teilnehmen an seiner erotischen Biographie. Sie beginnt mit einem dem Knaben unverständlichen Graffito an der Wand der Schule, mit Blicken in den Umkleideraum der Mädchen, der merkwürdigen Reaktion der Mutter, als er bei einem Sonntagsspaziergang ein Kondom findet. Dann: Petting der Teenager in Vaters Auto, Studium am MIT, Verliebtsein, frühe Heirat mit Kommilitonin Phyllis, die Hochzeitsnacht, Kinder, Seitensprünge - ernsthafte und beiläufige -, Geliebte, Scheidung, neue Ehe mit Julia, der Geschiedenen des Geistlichen.
Autorenporträt
John Updike, geboren 1932 in Shillington/Pennsylvania; Kindheit in materieller Bedrücktheit; 1950 Stipendium zum Studium am Harvard College, Hauptfach Anglistik; Abschluss des Untergraduiertenstudiums 1954 mit summa cum laude. 1953 Heirat mit der Kunststudentin Mary Entwistle Pennington, mit ihr zusammen - nach dem Studium - ein Jahr an die Ruskin School of Drawing and Fine Art in Oxford/England. Rückkehr in die USA. 1955 - 57 fest angestellt beim Magazin 'The New Yorker', danach freier Mitarbeiter mit Veröffentlichung von Kurzgeschichten sowie einflussreicher literarischer Kritiken. 1957 Umzug nach Ipswich im neuenglischen Massachusetts. 1964 Vortragsreisen durch die UdSSR, Rumänien, Bulgarien und Tschechien. Seit 1964 Mitglied des National Institute of Arts and Letters. 1973 Fulbright-Lektor in Afrika. 1976 Mitglied der American Academy of Arts and Letters. Auszeichnungen: 1983 Lincoln Literary Award und Distinguished Pennsylvania Artist Award, 1988 St. Louis Literary Award, 1989 National Medal of Arts, 1991 Premio Scanno, 1993 Common Wealth Award und Conch Republic Prize for Literature, 1995 Commandeur de l'ordre des arts et des lettres und The Howells Medal from the Adademy of Arts and Letters. John Updike verstarb 2009.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.01.2006

Zucker, Wasser, Eis und Bourbon
Kleinstadt, Ehe und Betrug: In seinem neuen Roman "Landleben" kehrt John Updike zu seinen großen Themen zurück

Schon wieder ein neuer Updike? Manchmal fragt man sich tatsächlich, wie das überhaupt sein kann. Da sitzt der große alte Mann in seinem Haus in Beverly Farms, an der Küste von Massachusetts, in dieser Sommervilla, die er vor mehr als zwanzig Jahren mit seiner Frau gekauft hat, wechselt zwischen vier verschiedenen Arbeitszimmern hin und her und schreibt: von Montag bis Samstag, ohne Blockaden, einen Roman nach dem anderen. Wenn er einmal nicht schreibt, sondern zum Beispiel zu einer Geburtstagsfeier eines seiner Kinder nach New York fährt, hat er sogleich das Gefühl, seine chemische Zusammensetzung würde sich ändern. Dann liegt er nachts wach im Hotelbett und macht sich Vorwürfe: "Johnny, statt Parties zu feiern, solltest du zu Hause an deinem Roman weiterarbeiten!" Er kann nicht anders.

Und es wäre übertrieben, zu sagen, daß John Updike sich mit dieser Schreibwut nur Freunde gemacht hätte. David Foster Wallace hat einmal gefragt, ob Updike eigentlich überhaupt je einen Gedanken gehabt habe, den er nicht umgehend publiziert habe, was Updike natürlich wenig beeindruckte: "Das ist vorgekommen", entgegnete er fein ironisch, "aber ich habe ja noch ein wenig Zeit, es nachzuholen. Hätte ich weniger veröffentlicht, wäre ich sicherlich beliebter. Aber ich glaube, meinen Koffer noch nicht ganz ausgepackt zu haben. Und dieses Jucken ist immer noch da, sich Menschen auszudenken und durch deren Augen zu leben. Man schreibt doch, um nicht dauernd man selbst sein zu müssen."

Als er im letzten Jahr seinen Koffer noch weiter auspackte und den Roman "Sucht mein Angesicht" herausbrachte, dachte man für einen Moment, die Updike-Lichter seien endgültig ausgegangen. "Sucht mein Angesicht", sein vierundfünfzigstes Buch, war nervtötend. Es war, auf dreihundert Seiten, das Protokoll eines Interviews, das eine verklemmte, "klappmessergleiche" Kunstjournalistin namens Kathryn in Kampfstiefeln und mit "Pferdegesicht" mit der Witwe eines berühmten Malers führte, die Lee Krasner, der Lebensgefährtin von Jackson Pollock, nachgebildet war. Die Frauen redeten und redeten. Sie redeten in einem seltsam anmutenden Altherrenton über Kunst, über Männer und Frauen und darüber, daß Malen wie Sex sei. Und man sehnte sich zurück nach Harry "Rabbit" Angstrom, den "Blumentopfstädten" der amerikanischen Provinz und nach den alten Ehebruchsgeschichten.

Jetzt gibt es gute Nachrichten: John Updike ist wieder da angekommen, wo er herkommt, wo er sich auskennt wie kein anderer: in der Kleinstadt. In dieser Woche erscheint bei Rowohlt sein neuer Roman "Villages" unter dem Titel "Landleben"; ein fast wehmütiger Rückblick auf das Leben in kleinen Orten, auf diesen engen Kosmos, deren Bewohner, so fernab sie von großen Städten auch leben mögen, sich über Generationen hinweg immer im Zentrum des Universums glauben werden. Wie schon vor zwanzig Jahren, in "Der weite Weg zu zweit", ist es auch diesmal die Geschichte einer allmählich zerbrechenden Ehe, mit diesem ganzen Updikeschen Betrugswahnsinn (Alissa, Vanessa, Karen, Faye und wie sie alle heißen), eine Geschichte der Befreiung: "Daß eine Ehe zu Ende geht, ist alles andere als ideal. Aber alle Dinge unter dem Himmel gehen zu Ende, und wenn zeitliche Begrenztheit einer Sache ihren Wert nähme, dann könnte nichts im Leben wirklich gelingen", hieß es so groß in "Der lange Weg zu zweit". "Landleben" sagt es noch einmal, eingebettet in eine Kleinstadtchronik vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute: "Kleinstadt-Sex 1" bis "Kleinstadt-Sex 6" heißen lustig und lapidar die Kapitel.

Es beginnt, glücklich, an einem Morgen. Der alte Owen Mackenzie, Computeringenieur der ersten Generation, der mit seinem Partner Ed einst eine kleine Software-Firma gründete und sie rechtzeitig an Apple verkaufte, wacht auf. Gerade hat er von seiner zweiten Ehefrau Julia geträumt, der großen Liebe: Von gesichtslosen Amtspersonen war er in einen Raum geführt worden, in dem sie auf einem Bett tot und nackt dalag. Hätte ich mich nicht in ihr Leben eingemischt, wäre sie noch am Leben, hatte er im Traum gedacht. Doch ist sie nicht tot. Er hört sie unten in der Küche. Er hört ihre Gummi-Flip-Flops, die zu tragen sie nicht aufgibt, als wäre sie noch immer jung. Sie klatschen hin und her, vom Kühlschrank zur Arbeitsfläche zum Frühstückstisch und weiter ins Eßzimmer, wo sie die Pflanzen gießt. Allmählich vermischen sich die vertrauten Geräusche mit Erinnerungen. Und so läßt Updike Owen Mackenzie erwachend sein Leben Revue passieren.

Schon immer war es John Updikes Stärke, das private Erleben seiner Figuren mit historischen Ereignissen zu verschränken, die individuelle Geschichte vor der kollektiven aufscheinen zu lassen. Wenn Owen also an seine Kindheit in Willow, Pennsylvania, zurückdenkt: an das für ihn damals unverständliche Graffito einer nackten Frau in komischer m-förmiger Stellung an der Wand der Schule, die ersten sexuellen Erlebnisse im Auto des Vaters, das Studium am MIT, frühe Heirat, Ehe, Betrug, Scheidung, dann sind diese Bilder von Generationen- und Zeitgeschichte nie losgelöst.

Updike überblendet in "Landleben" erotische Biographie, Kleinstadtchronik und Computergeschichte. Noch einmal seziert er die amerikanische Mittelschicht des zwanzigsten Jahrhunderts, ironisch immer, aber nie verächtlich: Da wird ein Old-Fashioned nach Anleitung des Kollegen gemixt ("man verrührt den Zucker in ein bißchen Wasser, bevor man Eis und Bourbon dazugibt"), Kaminholz gestapelt und Müll sortiert; es werden Hobbykeller angelegt, Autos angeschafft, Kinder gezeugt und - vor allem - die Ehefrauen der Nachbarn verführt. "Es ist eine verrückte Sache, am Leben zu sein", heißt es einmal. "Kleinstädte sind dazu da, diese Verrücktheit zu mäßigen - sie vor Kindern zu verbergen, sie zum privaten Gebrauch in Flaschen abzufüllen, ihre Imperative sanft in Gewohnheiten umzumodeln, uns vor dem Dunkel draußen und dem Dunkel drinnen zu schützen."

Er habe eine ganze Weile nicht über Ehebruch geschrieben, hat Updike letztes Jahr noch gesagt, weil Ehebruch heute überhaupt nicht mehr die Bedeutung habe, die er für seine Generation gehabt habe. "Für uns war das geradezu eine betörende Sache - die Reichen haben es ja immer schon getan. Für die Mittelklasse aber war es neu, genug Polster zu haben, um sich den Luxus erlauben zu können, eine andere Person als den eigenen Ehepartner zu begehren." Heute dagegen sei die Institution Ehe doch so provisorisch, daß der Ehebruch nicht mehr diesen Kitzel der Schändung von etwas Heiligem auslöse. Für ihn sei das Ehegelöbnis noch ewig gewesen und das Auseinanderbrechen einer Familie eine Tragödie. Als eine Art Vermächtnis hat er diese Mittelstandstragödie, deren unvergleichlicher Experte er ist, jetzt noch einmal aufgeschrieben. Und das ist beklemmend und toll.

JULIA ENCKE

John Updike: "Landleben". Roman. Deutsch von Helmut Frielinghaus und Susanne Höbel. Rowohlt, 414 Seiten, 19,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eine Art Faszination spricht aus Ingeborg Harms' Besprechung dieses Romans um den Ingenieur Owen, seine Affären und das langsame Verenden seiner zwei Ehen in einer Kleinstadt in den sechziger Jahren. Owen, so die Rezensentin, ist einer, der zu früh geboren ist für das, was er leben will, nämlich die "lobenswerte Wirtschaftlichkeit" von Affären, die die Enge einer Ehe umgehen. Wie Updike diesen "beharrlichen Chronisten zerschellender Träume" sprachlich in Szene setzt, ist für die Rezensentin von bestechendem Reiz. Und noch etwas hebt diesen Roman für die Rezensentin heraus: Updike feiere nicht die Virilität eines alternden Mannes oder den Sexus, sondern die Frau und den "transzendenten Wert" - wie es im Buch heißt - den sie dem Geschlechtsakt verleiht.

© Perlentaucher Medien GmbH
Updike ist mit «Landleben» zu seinem erzählerischen Glanz zurückgekehrt. Er erzählt so frisch und anschaulich wie immer, vielleicht noch etwas unangestrengter. Neue Zürcher Zeitung