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Er wird von den Frauen geliebt und verlassen, er wird von den Kindern verlacht und von Nonnen getröstet; er ist ein innerlich amoklaufender Flaneur, der nach Nähe giert und sie nicht ertragen kann. "Landschaft mit Wölfen", das sind sieben heiße Julitage im Leben von Neuhaus, dem Helden in Matthias Altenburgs neuem Roman. Neuhaus ist ein gebildeter Streuner auf der Suche nach Schönheit. Er führt Fremde durch Frankfurt und treibt doch selbst wie ein Fremder durch diese Stadt, in der das Glück nur an den Rändern zu finden ist. Neuhaus streift mit der Schäferhündin Saba durch das Viertel, geht auf…mehr

Produktbeschreibung
Er wird von den Frauen geliebt und verlassen, er wird von den Kindern verlacht und von Nonnen getröstet; er ist ein innerlich amoklaufender Flaneur, der nach Nähe giert und sie nicht ertragen kann. "Landschaft mit Wölfen", das sind sieben heiße Julitage im Leben von Neuhaus, dem Helden in Matthias Altenburgs neuem Roman. Neuhaus ist ein gebildeter Streuner auf der Suche nach Schönheit. Er führt Fremde durch Frankfurt und treibt doch selbst wie ein Fremder durch diese Stadt, in der das Glück nur an den Rändern zu finden ist. Neuhaus streift mit der Schäferhündin Saba durch das Viertel, geht auf Partys und zum Boxkampf, schaut in alle Fenster und mustert seine Umgebung wie ein hellwacher Gott seine verkommene Schöpfung: Eine Welt, die aussieht als warte sie auf Erlösung. Mit seiner klaren schnellen Sprache bringt Matthias Altenburg einen Ton in die neue deutsche Literatur, der am ehesten die Songs von Tom Waits und an die Filme von Jim Jarmusch erinnert.
Autorenporträt
Matthias Altenburg, geboren 1958, Schriftsteller, Kritiker, Essayist. Veröffentlichungen in 'Der Spiegel', 'Die Zeit', 'Die Woche', 'Stern', 'SZ-Magazin', Hörfunk und Fernsehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.12.1997

Mit den Wölfen im Nordend heulen
Der Frankfurter Schriftsteller Matthias Altenburg stellt im Literaturhaus sein Buch vor

Was ist das, eine trotzige Schönheit? Doch wohl kaum diese Flut rüder Wortsalven, die aus dem Magazin eines schriftstellernden John Wayne hervorzuschießen scheint. Mit der einen Eloge nicht genug: Überdies bezeichnet der Verlag Kiepenheuer & Witsch Matthias Altenburgs jüngsten Roman "Landschaft mit Wölfen" auf dem Buchrücken gar als das "Bild einer Generation". Ob wahr oder übertrieben: Dem Autor ist es recht. Denn, so Altenburg bei seiner Lesung im Literaturhaus, Etiketten und Hinweise auf die Zielgruppe erhöhen nach Einschätzung des Buchhandels die Kauflust der Leser. Nur eines möchte der in Frankfurt lebende Schriftsteller keinesfalls: von mediokren Kritikern als "liebenswerter Pfiffikus" oder "mit spitzer Feder" Schreibender tituliert werden. Für das platte Lob "faszinierend" hält Altenburg eine besondere Strafe bereit: zehn Jahre Bayerischer Wald.

Sein Held und Ich-Erzähler Neuhaus hätte sich angesichts dieser spießigen Aussicht wohl auf der Stelle entleibt; seine Frankfurter Nordend-Existenz dürfte ihm allerdings kaum lebenswerter erschienen sein, zumal ihn der Gedanke an Selbstmord des öfteren überkommt. Der blutige Amoklauf am Ende des Buches ist Ausdruck der Kapitulation vor einer verstörten und verstörenden Welt. In "Landschaft mit Wölfen" siedelt Altenburg die Handlung mitten in Frankfurt im sogenannten akademischen Subproletariat an (daher die reflektierende und zugleich derb-zotenhafte Sprache) und beabsichtigt mit den aus genauer Beobachtung des eigenen Umfelds gespeisten Bildern die Kreation eines gegenwartshistorischen Großstadt- und Gesellschaftsgemäldes. Maria Gazzetti bezeichnete Altenburg als "die Frankfurter Antwort auf die Kultur des politisch Korrekten"; die den Abend moderierende Literaturkritikerin Verena Auffermann nannte ihn "zivilisationsskeptisch und ziemlich aggressiv".

In seinem Roman habe er das Nordend und mithin "unseren amerikanisierten Alltag" karikiert: Mord, Müll, Einsamkeit und die "Altenplage", vor allem auch die Medienkultur. Altenburgs Held ist menschenverachtend, zynisch, bösartig hellsichtig. Anfang Dreißig soll er sein; ein paar Jahre weniger oder mehr würden ihm ebenso gut stehen, denn wie eine Rasierklinge schabt sein Blick generationsübergreifend den Firnis der Zivilisation von der Wirklichkeit ab. Nicht schön, sondern schonungslos und verzweifelt. Altenburgs Roman entströmt mitunter fast komisch anmutender aggressiver Geist. Auf Abstand zu dem Ich-Erzähler gerät der Leser kaum; vielmehr ist er versucht, ihm immer wieder mit einem "Ja" beizupflichten, wenn Neuhaus zornig die Konturlosigkeit der Gegenwart anprangert.

Sieben schöpfungsgeschichtliche Tage - eine Genesis des Bösen - begleitet der Leser den Erzähler, der immer wieder die genaue Uhrzeit angibt, als helfe sie dabei, sich im Dickicht der Gedanken, Gefühle und unglücklichen Respektlosigkeiten zurechtzufinden. Sie bleibt austauschbar, ebenso wie die Stadt, in der dieser Roman spielt. Was Altenburgs misanthropischer Abrechnung mit dem Jetzt zu ihrer Lebendigkeit verhilft, sind der knappe, rhythmische Stil und die lässig hingeworfenen Figurenzeichnungen: die verwirrte "alte Sängerin von unten" mit den grotesk rotlackierten Fußnägeln, Tanita, von der das Ich sich einst aus Überdruß, aber ohne Überzeugung getrennt hatte. Oder die vermeintlich glückliche, aber blöde grinsende Schwangere. Überzogen und rein unterhaltsam muten dagegen die Menschenskizzen von einer Party an. Lieber "hört" man Neuhaus selbst zu, wenn er die eigene Zerrissenheit zwischen Sehnsucht nach Nähe und Unfähigkeit, diese zu ertragen, mit Worten entblößt. "Sind Sie ein Moralist?" fragte Auffermann den Autor. Es sei zwar im Literaturbetrieb so gut wie ein Todesurteil, entgegnete Altenburg: "Aber . . . ich glaube, ja." KATJA MÖHRLE

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