Simone Nieweg, 1962 geboren, gehört zur zweiten Generation der Becher-Schüler an der Düsseldorfer Kunstakademie. Anders als ihre Vorgänger, die mit den großen Themen der Kunstgeschichte - Portrait, Architektur und Interieurs - die internationale Photoszene eroberten, hat sie sich einem Motiv zugewandt, das unspektakulär, wenn nicht gar provinziell zu sein scheint. Ihre Vorliebe gilt den Kleingartenanlagen am Rand von Großstädten, meist des Ruhrgebiets, und all den Erzeugnissen, die Hobby- und Freizeitgärtner auf kleinstem Raum anpflanzen und großziehen, manchmal auch verwahrlosen lassen. Kürbisse, Wirsing, Steckrüben und Stangenbohnen, Komposthaufen und Geräteschuppen photographiert sie in Nahsicht, ausschließlich in Farbe und mit einem so sicheren Instinkt für Komposition, als ginge es um Portraits oder um Dürers "Großes Rasenstück". Niewegs Blick geht aber auch über die Zäune der Schrebergärten hinaus - auf die angrenzenden Felder mit Mais oder Getreide, brachliegende oder frisch gepflügte Äcker, Wirtschaftswege, Waldränder, Landschaft. Fernab von Idylle und Beschaulichkeit entsteht mit ihren Bildern, die eine bewundernswerte Geduld und Präzision der Wahrnehmung verraten, ein neuer Begriff von Landschaftsdarstellung. Unser Band begleitet eine Ausstellung der Photographien von Simone Nieweg im Huis Marseille, Amsterdam. Die einführenden Texte verfaßten Els Barents und Andrea Domesle.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Es muss nicht immer Italien sein, wenn man sich an grauen Herbsttagen nach der Schönheit der Natur sehnt. Diesen Eindruck hat Rezensentin Yvonne Gebauer von dem ihrer Meinung nach außerordentlich gelungenen Katalog mitgenommen, der Simone Niewegs unter anderem in Amsterdam und Berlin gezeigte Fotoausstellung begleitet. Dabei lassen die Objekte der Fotografin nicht auf Anhieb vermuten, dass sich hinter dem oberflächlichen Eindruck ein Zauber verbergen könnte. Gebauer ist es jedoch offensichtlich nicht schwer gefallen, dem Blick der Künstlerin auf unscheinbare Brachlandflächen zu folgen und deren Reize zu entdecken. Sie empfiehlt den Katalog sowie den Spaziergang mit dem entsprechend sensibilisierten Auge durch öde deutsche Landschaften als wirkungsvolles Heilmittel gegen die Tristesse in herbstlich trüben Wohnzimmern.
© Perlentaucher Medien GmbH
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