In diesem Buch zieht der Meister der Naturfotografie alle Register seines Könnens: Bergspitzen, die in der Sonne leuchten wie rot glühendes Eisen; Vollmond über dem festlich beleuchteten Vorhang der Iguacu-Fälle; Kaskaden von Licht über brechenden Pazifikwellen - Bilder von geradezu außerirdischer Schönheit und zugleich ein eindrücklicher Appell, die Natur vor Zerstörung zu schützen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.09.2004Wolfes Revier: Streifzüge durch die Wildnis
Schon einmal waren Amerikaner angesichts wilder Landschaften hin und her gerissen zwischen schwärmerischer Schilderung und exakter Darstellung. Das war Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, als die beiden Forscher und Soldaten Meriwether Lewis und William Clark die weite Region zwischen dem Mississippi und dem Pazifik erkundeten. In schon brutal zu nennenden Wechseln folgten in ihren Tagebüchern auf Adjektive einer grenzenlosen Verehrung zentimeter genaue Angaben von geradezu abstoßend-nüchterner, positivistischer Präzision. Der Anflug von Romantik und die Wirkung des Sublimen wurden dadurch heftig konterkariert. Als traue man der eigenen Leidenschaft nicht.
Zweihundert Jahre später hat sich der amerikanische Tier- und Landschaftsfotograf Art Wolfe auf den Weg zu den letzten Wildnisgebieten auf sieben Kontinenten gemacht. Wie im Rausch scheint er Wüsten, Wälder und Gebirge wahrgenommen zu haben. Eisfelder erstrahlen unter violett-leuchtenden Wolken, Sterne kreisen in Langzeitbelichtungen über das nächtliche Firmament und ritzen verzaubernde Kreise in den Himmel. Es bäumen sich die Wellen der Brandung zu mächtigen Wänden auf, und es sprudeln die Vulkane über mit glühender Lava, daß man es Krachen zu hören vermeint. Der von Wolfe gern verwendete Farbverlauffilter sorgt für Tönungen an der Grenze zum Erträglichen. Kurz: So viel Drama war nie. Es ist, als sähe man der Welt bei ihrer Entstehung zu. Und manchmal denkt man sogar, der Heilige Geist schwebe noch über der leeren, wüsten Erde - wie etwa im Oberen Antelope Canyon in Arizona (unsere Abbildung). In dem Moment freilich scheint Art Wolfe selbst vor der Magie zu erschrecken und holt uns zurück in zwei Wirklichkeiten. Man möge sich vor einem Besuch vergewissern, daß es nicht regne, warnt er; denn viele Menschen seien hier ertrunken, "als plötzlich Sommergewitter aufzogen und die Schluchten flutartig überschwemmten". Und für Fotofreunde fügt er an: "Pentax 67II, Pentax-Smcp-67-Objektiv 45 mm, 4 Sekunden bei Blende 22, Fujichrome Velvia, Stativ Gitzo G1348."
F.L.
"Landschaften zwischen Himmel und Erde" von Art Wolfe (Fotos) und Art Davidson (Texte). Mit einem Vorwort von Robert Redford. Frederking & Thaler Verlag, München 2004. 240 Seiten, 334 Fotos. Gebunden, 50 Euro. ISBN ISBN 3-89405-627-4.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schon einmal waren Amerikaner angesichts wilder Landschaften hin und her gerissen zwischen schwärmerischer Schilderung und exakter Darstellung. Das war Anfang des neunzehnten Jahrhunderts, als die beiden Forscher und Soldaten Meriwether Lewis und William Clark die weite Region zwischen dem Mississippi und dem Pazifik erkundeten. In schon brutal zu nennenden Wechseln folgten in ihren Tagebüchern auf Adjektive einer grenzenlosen Verehrung zentimeter genaue Angaben von geradezu abstoßend-nüchterner, positivistischer Präzision. Der Anflug von Romantik und die Wirkung des Sublimen wurden dadurch heftig konterkariert. Als traue man der eigenen Leidenschaft nicht.
Zweihundert Jahre später hat sich der amerikanische Tier- und Landschaftsfotograf Art Wolfe auf den Weg zu den letzten Wildnisgebieten auf sieben Kontinenten gemacht. Wie im Rausch scheint er Wüsten, Wälder und Gebirge wahrgenommen zu haben. Eisfelder erstrahlen unter violett-leuchtenden Wolken, Sterne kreisen in Langzeitbelichtungen über das nächtliche Firmament und ritzen verzaubernde Kreise in den Himmel. Es bäumen sich die Wellen der Brandung zu mächtigen Wänden auf, und es sprudeln die Vulkane über mit glühender Lava, daß man es Krachen zu hören vermeint. Der von Wolfe gern verwendete Farbverlauffilter sorgt für Tönungen an der Grenze zum Erträglichen. Kurz: So viel Drama war nie. Es ist, als sähe man der Welt bei ihrer Entstehung zu. Und manchmal denkt man sogar, der Heilige Geist schwebe noch über der leeren, wüsten Erde - wie etwa im Oberen Antelope Canyon in Arizona (unsere Abbildung). In dem Moment freilich scheint Art Wolfe selbst vor der Magie zu erschrecken und holt uns zurück in zwei Wirklichkeiten. Man möge sich vor einem Besuch vergewissern, daß es nicht regne, warnt er; denn viele Menschen seien hier ertrunken, "als plötzlich Sommergewitter aufzogen und die Schluchten flutartig überschwemmten". Und für Fotofreunde fügt er an: "Pentax 67II, Pentax-Smcp-67-Objektiv 45 mm, 4 Sekunden bei Blende 22, Fujichrome Velvia, Stativ Gitzo G1348."
F.L.
"Landschaften zwischen Himmel und Erde" von Art Wolfe (Fotos) und Art Davidson (Texte). Mit einem Vorwort von Robert Redford. Frederking & Thaler Verlag, München 2004. 240 Seiten, 334 Fotos. Gebunden, 50 Euro. ISBN ISBN 3-89405-627-4.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Soviel Drama war nie!" ruft der Rezensent mit dem Kürzel "F.L." mit einiger Begeisterung beim Betrachten der Naturfotografien dieses Bildbandes aus. Der Ton der Besprechung legt den Schluss nahe, dass das Buch mit Tier- und Landschaftsfotos aus den letzten Wildnisgebieten der Welt das Potential zur Droge habt. Wie im Rausch scheine Fotograf Art Wolf Wüsten, Wälder und Gebirgen wahrgenommen zu haben, schwelgt der Rezensent. Mitunter ist ihm sogar, als sähe er auf den Bildern der Welt bei ihrer Entstehung zu. Manchmal sieht er sogar fast noch den Heiligen Geist über der leeren, wüsten Erden schweben. In den Augen von "F.L." erstrahlen Eisfelder und Sterne kreisen in Langzeitbelichtungen übers nächtliche Firmament. Nur der verwendete Farbfilter sorgt gelegentlich in den Bildern für Tönungen an der Grenze dessen, was der Rezensent noch erträglich findet.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH