Von der Autorin des Bestsellers "Noch ein Martini und ich lieg unterm Gastgeber"
Sie war der erste weibliche Superstar des 20. Jahrhunderts - kompromisslos und radikal. Die Tänzerin Isadora Duncan (1877 - 1927) war eine champagnertrinkende Rebellin mit Hang zum großen Drama und den falschen Männern. Ihrer Zeit stets ein Stück weit voraus, lebte sie eine Freiheit, die für Frauen bis dato undenkbar schien. Mit ihrer Kunst begeisterte sie die Massen. Auguste Rodin hielt sie für die bedeutendste Frau, der er je begegnet war, und es hieß, man müsse Isadora Duncan tanzen gesehen haben, um glücklich sterben zu können. Doch bei all ihrem Ruhm war die göttliche Isadora auch die Königin des Scheiterns, des Aufstehens und des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien. Mit ungebrochener Leidenschaft für das Leben und einem schier unerschütterlichen Humor bot sie einem grausamen Schicksal die Stirn. Michaela Karl macht aus einem hollywoodreifen Leben eine fesselnde Biografie, detailreich und aktuell. Ein großes Lesevergnügen.
Ausstattung: 8 Seiten s/w-Bildteil
Sie war der erste weibliche Superstar des 20. Jahrhunderts - kompromisslos und radikal. Die Tänzerin Isadora Duncan (1877 - 1927) war eine champagnertrinkende Rebellin mit Hang zum großen Drama und den falschen Männern. Ihrer Zeit stets ein Stück weit voraus, lebte sie eine Freiheit, die für Frauen bis dato undenkbar schien. Mit ihrer Kunst begeisterte sie die Massen. Auguste Rodin hielt sie für die bedeutendste Frau, der er je begegnet war, und es hieß, man müsse Isadora Duncan tanzen gesehen haben, um glücklich sterben zu können. Doch bei all ihrem Ruhm war die göttliche Isadora auch die Königin des Scheiterns, des Aufstehens und des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien. Mit ungebrochener Leidenschaft für das Leben und einem schier unerschütterlichen Humor bot sie einem grausamen Schicksal die Stirn. Michaela Karl macht aus einem hollywoodreifen Leben eine fesselnde Biografie, detailreich und aktuell. Ein großes Lesevergnügen.
Ausstattung: 8 Seiten s/w-Bildteil
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Maria Wiesner lernt nicht nur viel über Isadora Duncan in Michaela Karls Biografie über die Avantgardetänzerin, sondern auch über die Belle Epoque, über Theaterrevolutionen und die New Yorker Oberschicht. 100 Zeitgenossen lässt Karl auftreten, um die Exzentrik ihrer Heldin zu illustrieren und ihre Lebensstationen zu beleben. Sichtbar wird für Wiesner die Energie der Duncan, aber auch ihre Tragik, so anhand ihrer gescheiterten Ideen zu einem Musentempel in Griechenland und einer Tanzschule im Grunewald. Dass die Autorin sich mit Urteilen weitgehend zurückhält, gefällt Wiesner gut.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2021Nicht ohne Berufung auf das antike Griechenland
Gesellschaftsporträt der Belle Epoque: Michaela Karl legt eine Biographie der Tanzpionierin Isadora Duncan vor
Sie war, so schreibt die Biographin über ihre Heldin, "die Königin des Scheiterns, des Aufstehens, des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien". Die Tragik begann schon in Duncans Kindheit in San Francisco. Der Vater verließ die Familie, als herauskam, dass er in seiner Bank die Gehälter kalifornischer Arbeiter verzockt hatte. Die Mutter zog die vier Kinder allein auf, es gab kaum Geld oder Essen, dafür las man sich abends Byron und Shakespeare vor, tanzte zu Schubert und Mozart. Mit Geld sollte Isadora ihr Leben lang nicht umgehen können: Wenn sie es hatte, gab sie es für Champagner, Austern und Luxushotels aus und lud großzügig Freunde, Bekannte und Liebhaber ein. Ein Leben lang müssen reiche Freunde ihre Hotelrechnungen übernehmen, weil sie weit über ihren Kredit hinaus gelebt hat.
Karl zeichnet diese Frau, die davon ausging, dass ihr eine solche Sonderbehandlung zustand, als mutige, unkonventionelle Exzentrikerin. Noch bevor sie zwanzig Jahre alt ist, tritt sie als Tänzerin auf. Sie lehnt die einengende Kleidung ihrer Zeit ab, trägt keine Korsetts, sondern lange fließende Tuniken. Beim Tanz blitzen ihre Waden hervor, die Zuschauer wittern einen Skandal. Doch Duncan lässt sich davon nicht beirren. Sie war, wie Karl schreibt, "schon rein optisch wie gemacht für den Jugendstil und dessen Ausbruch aus der bürgerlichen Ordnung". In New York kommt der Durchbruch. Als Duncan 1898 zum ersten Mal in der Carnegie Hall auftritt, wird die New York Post jubeln: "Miss Duncan hat die Musik nicht nur begleitet, sie war die Musik."
Die junge Frau will dem Tanz die Anerkennung als Kunstform zurückgeben und beruft sich dafür auf das antike Griechenland. Ihre romantische Vorstellung davon, geprägt von Shelley und Byron, wird sie mit Mutter und Geschwistern später dorthin führen, um einen Musentempel zu erbauen. Alles Geld aus ihren Auftritten fließt in das Vorhaben. Irgendwann stellt man fest, dass auf dem Gelände weit und breit kein Wasser vorhanden ist. Der Bau zieht sich hin. Das Geld wird knapp. Die Familie reist ab. Doch man hat ein Jahr einen griechischen Traum gelebt.
Es sind solche Episoden, in denen sich die Energie dieser Frau zeigt. Eben in dieser Geschichte wird aber auch ihre Tragik sichtbar. Karl gelingt es, an solchen Stellen ihr Urteil zurückzustellen und die Geschehnisse für sich sprechen zu lassen. An anderen ist sie weniger gnädig, etwa wenn es um das Schicksal der jungen Mädchen in einer Tanzschule geht, die Duncan mit ihrer Schwester im Grunewald gründet, sich dann jedoch kaum um die Kinder kümmern kann, weil sie das Geld für die Schule mit Auftritten zusammenbringen muss.
In mehr als einem Dutzend Archiven auf zwei Kontinenten hat Karl sich auf die Spuren Duncans begeben. Was sie gefunden hat, verwebt sie zu einem großen Gesellschaftsporträt der Belle Epoque. Es tauchen rund hundert Personen der Zeitgeschichte auf, mit der Hälfte hatte Duncan in Paris, Moskau oder Berlin eine Affäre, mit der anderen war sie befreundet. Zwischen diesen Lebensstationen der Tänzerin sind kleine Vignetten eingebettet.
Da erfährt man etwa, dass Auguste Rodins "Kuss" bei der Weltausstellung in Chicago 1893 hinter einem Vorhang ausgestellt wurde, hinter den nur Männer blicken durften. Dass der Snobismus der New Yorker Oberschicht so weit führte, dass die durch den Eisenbahnbau reich gewordenen Vanderbilts nicht auf Partys des alten Geldadels bei Caroline Astor eingeladen wurden. Oder dass die Tänzerin Loïe Fuller als Erste Elektrizität nutzte, um während ihrer Auftritte die großen Stoffbahnen, die sie schwang, mit farbigem Licht zu Orchideen oder Schmetterlingsflügeln werden zu lassen - und so ganz nebenbei die Theaterbeleuchtung revolutionierte. Man lernt im Vorbeigehen also einiges in dieser anregenden Biographie. MARIA WIESNER
Michaela Karl: "Lasst uns tanzen und Champagner trinken - trotz alledem!" Isadora Duncan. Eine Biografie.
btb Verlag, München 2021. 448 S., Abb., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gesellschaftsporträt der Belle Epoque: Michaela Karl legt eine Biographie der Tanzpionierin Isadora Duncan vor
Sie war, so schreibt die Biographin über ihre Heldin, "die Königin des Scheiterns, des Aufstehens, des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien". Die Tragik begann schon in Duncans Kindheit in San Francisco. Der Vater verließ die Familie, als herauskam, dass er in seiner Bank die Gehälter kalifornischer Arbeiter verzockt hatte. Die Mutter zog die vier Kinder allein auf, es gab kaum Geld oder Essen, dafür las man sich abends Byron und Shakespeare vor, tanzte zu Schubert und Mozart. Mit Geld sollte Isadora ihr Leben lang nicht umgehen können: Wenn sie es hatte, gab sie es für Champagner, Austern und Luxushotels aus und lud großzügig Freunde, Bekannte und Liebhaber ein. Ein Leben lang müssen reiche Freunde ihre Hotelrechnungen übernehmen, weil sie weit über ihren Kredit hinaus gelebt hat.
Karl zeichnet diese Frau, die davon ausging, dass ihr eine solche Sonderbehandlung zustand, als mutige, unkonventionelle Exzentrikerin. Noch bevor sie zwanzig Jahre alt ist, tritt sie als Tänzerin auf. Sie lehnt die einengende Kleidung ihrer Zeit ab, trägt keine Korsetts, sondern lange fließende Tuniken. Beim Tanz blitzen ihre Waden hervor, die Zuschauer wittern einen Skandal. Doch Duncan lässt sich davon nicht beirren. Sie war, wie Karl schreibt, "schon rein optisch wie gemacht für den Jugendstil und dessen Ausbruch aus der bürgerlichen Ordnung". In New York kommt der Durchbruch. Als Duncan 1898 zum ersten Mal in der Carnegie Hall auftritt, wird die New York Post jubeln: "Miss Duncan hat die Musik nicht nur begleitet, sie war die Musik."
Die junge Frau will dem Tanz die Anerkennung als Kunstform zurückgeben und beruft sich dafür auf das antike Griechenland. Ihre romantische Vorstellung davon, geprägt von Shelley und Byron, wird sie mit Mutter und Geschwistern später dorthin führen, um einen Musentempel zu erbauen. Alles Geld aus ihren Auftritten fließt in das Vorhaben. Irgendwann stellt man fest, dass auf dem Gelände weit und breit kein Wasser vorhanden ist. Der Bau zieht sich hin. Das Geld wird knapp. Die Familie reist ab. Doch man hat ein Jahr einen griechischen Traum gelebt.
Es sind solche Episoden, in denen sich die Energie dieser Frau zeigt. Eben in dieser Geschichte wird aber auch ihre Tragik sichtbar. Karl gelingt es, an solchen Stellen ihr Urteil zurückzustellen und die Geschehnisse für sich sprechen zu lassen. An anderen ist sie weniger gnädig, etwa wenn es um das Schicksal der jungen Mädchen in einer Tanzschule geht, die Duncan mit ihrer Schwester im Grunewald gründet, sich dann jedoch kaum um die Kinder kümmern kann, weil sie das Geld für die Schule mit Auftritten zusammenbringen muss.
In mehr als einem Dutzend Archiven auf zwei Kontinenten hat Karl sich auf die Spuren Duncans begeben. Was sie gefunden hat, verwebt sie zu einem großen Gesellschaftsporträt der Belle Epoque. Es tauchen rund hundert Personen der Zeitgeschichte auf, mit der Hälfte hatte Duncan in Paris, Moskau oder Berlin eine Affäre, mit der anderen war sie befreundet. Zwischen diesen Lebensstationen der Tänzerin sind kleine Vignetten eingebettet.
Da erfährt man etwa, dass Auguste Rodins "Kuss" bei der Weltausstellung in Chicago 1893 hinter einem Vorhang ausgestellt wurde, hinter den nur Männer blicken durften. Dass der Snobismus der New Yorker Oberschicht so weit führte, dass die durch den Eisenbahnbau reich gewordenen Vanderbilts nicht auf Partys des alten Geldadels bei Caroline Astor eingeladen wurden. Oder dass die Tänzerin Loïe Fuller als Erste Elektrizität nutzte, um während ihrer Auftritte die großen Stoffbahnen, die sie schwang, mit farbigem Licht zu Orchideen oder Schmetterlingsflügeln werden zu lassen - und so ganz nebenbei die Theaterbeleuchtung revolutionierte. Man lernt im Vorbeigehen also einiges in dieser anregenden Biographie. MARIA WIESNER
Michaela Karl: "Lasst uns tanzen und Champagner trinken - trotz alledem!" Isadora Duncan. Eine Biografie.
btb Verlag, München 2021. 448 S., Abb., geb., 24,- Euro.
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»Doch ihre Erzählung verliert sich nie in Details. Sie verbindet sie so gekonnt mit den Berichten und Zitaten von und über die frühe Rebellin, mit ihren Verrücktheiten, Abstürzen, ihrem ständigen Aufrappeln und Trotzdem-Tanzen, dass man schließlich noch atemlos aus diesem besonderen Buch stolpert, genauso plötzlich und zu früh wie die Duncan aus dem Leben.« Katharina Kluin, Stern
Nicht ohne Berufung auf das antike Griechenland
Gesellschaftsporträt der Belle Epoque: Michaela Karl legt eine Biographie der Tanzpionierin Isadora Duncan vor
Sie war, so schreibt die Biographin über ihre Heldin, "die Königin des Scheiterns, des Aufstehens, des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien". Die Tragik begann schon in Duncans Kindheit in San Francisco. Der Vater verließ die Familie, als herauskam, dass er in seiner Bank die Gehälter kalifornischer Arbeiter verzockt hatte. Die Mutter zog die vier Kinder allein auf, es gab kaum Geld oder Essen, dafür las man sich abends Byron und Shakespeare vor, tanzte zu Schubert und Mozart. Mit Geld sollte Isadora ihr Leben lang nicht umgehen können: Wenn sie es hatte, gab sie es für Champagner, Austern und Luxushotels aus und lud großzügig Freunde, Bekannte und Liebhaber ein. Ein Leben lang müssen reiche Freunde ihre Hotelrechnungen übernehmen, weil sie weit über ihren Kredit hinaus gelebt hat.
Karl zeichnet diese Frau, die davon ausging, dass ihr eine solche Sonderbehandlung zustand, als mutige, unkonventionelle Exzentrikerin. Noch bevor sie zwanzig Jahre alt ist, tritt sie als Tänzerin auf. Sie lehnt die einengende Kleidung ihrer Zeit ab, trägt keine Korsetts, sondern lange fließende Tuniken. Beim Tanz blitzen ihre Waden hervor, die Zuschauer wittern einen Skandal. Doch Duncan lässt sich davon nicht beirren. Sie war, wie Karl schreibt, "schon rein optisch wie gemacht für den Jugendstil und dessen Ausbruch aus der bürgerlichen Ordnung". In New York kommt der Durchbruch. Als Duncan 1898 zum ersten Mal in der Carnegie Hall auftritt, wird die New York Post jubeln: "Miss Duncan hat die Musik nicht nur begleitet, sie war die Musik."
Die junge Frau will dem Tanz die Anerkennung als Kunstform zurückgeben und beruft sich dafür auf das antike Griechenland. Ihre romantische Vorstellung davon, geprägt von Shelley und Byron, wird sie mit Mutter und Geschwistern später dorthin führen, um einen Musentempel zu erbauen. Alles Geld aus ihren Auftritten fließt in das Vorhaben. Irgendwann stellt man fest, dass auf dem Gelände weit und breit kein Wasser vorhanden ist. Der Bau zieht sich hin. Das Geld wird knapp. Die Familie reist ab. Doch man hat ein Jahr einen griechischen Traum gelebt.
Es sind solche Episoden, in denen sich die Energie dieser Frau zeigt. Eben in dieser Geschichte wird aber auch ihre Tragik sichtbar. Karl gelingt es, an solchen Stellen ihr Urteil zurückzustellen und die Geschehnisse für sich sprechen zu lassen. An anderen ist sie weniger gnädig, etwa wenn es um das Schicksal der jungen Mädchen in einer Tanzschule geht, die Duncan mit ihrer Schwester im Grunewald gründet, sich dann jedoch kaum um die Kinder kümmern kann, weil sie das Geld für die Schule mit Auftritten zusammenbringen muss.
In mehr als einem Dutzend Archiven auf zwei Kontinenten hat Karl sich auf die Spuren Duncans begeben. Was sie gefunden hat, verwebt sie zu einem großen Gesellschaftsporträt der Belle Epoque. Es tauchen rund hundert Personen der Zeitgeschichte auf, mit der Hälfte hatte Duncan in Paris, Moskau oder Berlin eine Affäre, mit der anderen war sie befreundet. Zwischen diesen Lebensstationen der Tänzerin sind kleine Vignetten eingebettet.
Da erfährt man etwa, dass Auguste Rodins "Kuss" bei der Weltausstellung in Chicago 1893 hinter einem Vorhang ausgestellt wurde, hinter den nur Männer blicken durften. Dass der Snobismus der New Yorker Oberschicht so weit führte, dass die durch den Eisenbahnbau reich gewordenen Vanderbilts nicht auf Partys des alten Geldadels bei Caroline Astor eingeladen wurden. Oder dass die Tänzerin Loïe Fuller als Erste Elektrizität nutzte, um während ihrer Auftritte die großen Stoffbahnen, die sie schwang, mit farbigem Licht zu Orchideen oder Schmetterlingsflügeln werden zu lassen - und so ganz nebenbei die Theaterbeleuchtung revolutionierte. Man lernt im Vorbeigehen also einiges in dieser anregenden Biographie. MARIA WIESNER
Michaela Karl: "Lasst uns tanzen und Champagner trinken - trotz alledem!" Isadora Duncan. Eine Biografie.
btb Verlag, München 2021. 448 S., Abb., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gesellschaftsporträt der Belle Epoque: Michaela Karl legt eine Biographie der Tanzpionierin Isadora Duncan vor
Sie war, so schreibt die Biographin über ihre Heldin, "die Königin des Scheiterns, des Aufstehens, des Überlebens größter Katastrophen und Tragödien". Die Tragik begann schon in Duncans Kindheit in San Francisco. Der Vater verließ die Familie, als herauskam, dass er in seiner Bank die Gehälter kalifornischer Arbeiter verzockt hatte. Die Mutter zog die vier Kinder allein auf, es gab kaum Geld oder Essen, dafür las man sich abends Byron und Shakespeare vor, tanzte zu Schubert und Mozart. Mit Geld sollte Isadora ihr Leben lang nicht umgehen können: Wenn sie es hatte, gab sie es für Champagner, Austern und Luxushotels aus und lud großzügig Freunde, Bekannte und Liebhaber ein. Ein Leben lang müssen reiche Freunde ihre Hotelrechnungen übernehmen, weil sie weit über ihren Kredit hinaus gelebt hat.
Karl zeichnet diese Frau, die davon ausging, dass ihr eine solche Sonderbehandlung zustand, als mutige, unkonventionelle Exzentrikerin. Noch bevor sie zwanzig Jahre alt ist, tritt sie als Tänzerin auf. Sie lehnt die einengende Kleidung ihrer Zeit ab, trägt keine Korsetts, sondern lange fließende Tuniken. Beim Tanz blitzen ihre Waden hervor, die Zuschauer wittern einen Skandal. Doch Duncan lässt sich davon nicht beirren. Sie war, wie Karl schreibt, "schon rein optisch wie gemacht für den Jugendstil und dessen Ausbruch aus der bürgerlichen Ordnung". In New York kommt der Durchbruch. Als Duncan 1898 zum ersten Mal in der Carnegie Hall auftritt, wird die New York Post jubeln: "Miss Duncan hat die Musik nicht nur begleitet, sie war die Musik."
Die junge Frau will dem Tanz die Anerkennung als Kunstform zurückgeben und beruft sich dafür auf das antike Griechenland. Ihre romantische Vorstellung davon, geprägt von Shelley und Byron, wird sie mit Mutter und Geschwistern später dorthin führen, um einen Musentempel zu erbauen. Alles Geld aus ihren Auftritten fließt in das Vorhaben. Irgendwann stellt man fest, dass auf dem Gelände weit und breit kein Wasser vorhanden ist. Der Bau zieht sich hin. Das Geld wird knapp. Die Familie reist ab. Doch man hat ein Jahr einen griechischen Traum gelebt.
Es sind solche Episoden, in denen sich die Energie dieser Frau zeigt. Eben in dieser Geschichte wird aber auch ihre Tragik sichtbar. Karl gelingt es, an solchen Stellen ihr Urteil zurückzustellen und die Geschehnisse für sich sprechen zu lassen. An anderen ist sie weniger gnädig, etwa wenn es um das Schicksal der jungen Mädchen in einer Tanzschule geht, die Duncan mit ihrer Schwester im Grunewald gründet, sich dann jedoch kaum um die Kinder kümmern kann, weil sie das Geld für die Schule mit Auftritten zusammenbringen muss.
In mehr als einem Dutzend Archiven auf zwei Kontinenten hat Karl sich auf die Spuren Duncans begeben. Was sie gefunden hat, verwebt sie zu einem großen Gesellschaftsporträt der Belle Epoque. Es tauchen rund hundert Personen der Zeitgeschichte auf, mit der Hälfte hatte Duncan in Paris, Moskau oder Berlin eine Affäre, mit der anderen war sie befreundet. Zwischen diesen Lebensstationen der Tänzerin sind kleine Vignetten eingebettet.
Da erfährt man etwa, dass Auguste Rodins "Kuss" bei der Weltausstellung in Chicago 1893 hinter einem Vorhang ausgestellt wurde, hinter den nur Männer blicken durften. Dass der Snobismus der New Yorker Oberschicht so weit führte, dass die durch den Eisenbahnbau reich gewordenen Vanderbilts nicht auf Partys des alten Geldadels bei Caroline Astor eingeladen wurden. Oder dass die Tänzerin Loïe Fuller als Erste Elektrizität nutzte, um während ihrer Auftritte die großen Stoffbahnen, die sie schwang, mit farbigem Licht zu Orchideen oder Schmetterlingsflügeln werden zu lassen - und so ganz nebenbei die Theaterbeleuchtung revolutionierte. Man lernt im Vorbeigehen also einiges in dieser anregenden Biographie. MARIA WIESNER
Michaela Karl: "Lasst uns tanzen und Champagner trinken - trotz alledem!" Isadora Duncan. Eine Biografie.
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