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Das Bild des Cowboys, unsere subjektive Vorstellung, speist sich aus vielen Quellen: da ist Hollywood mit seinen unzähligen Filmen, da ist die amerikanische Country-Musik in all ihren Facetten, da sind die berühmten Werbekampagnen der Zigarettenmarke Marlboro und da ist - natürlich - Brokeback Mountain. Was all diese Bilder gemeinsam haben, ist wohl dies: sie sind meist Fiktion, zumindest aber der Realität entrückt. Auch Martin H. M. Schreiber erhebt nicht den Anspruch, mit seinen Fotografien die Realität abzubilden. Auch bei ihm mischen sich romantisch verklärte Bilder einer unberührten…mehr

Produktbeschreibung
Das Bild des Cowboys, unsere subjektive Vorstellung, speist sich aus vielen Quellen: da ist Hollywood mit seinen unzähligen Filmen, da ist die amerikanische Country-Musik in all ihren Facetten, da sind die berühmten Werbekampagnen der Zigarettenmarke Marlboro und da ist - natürlich - Brokeback Mountain.
Was all diese Bilder gemeinsam haben, ist wohl dies: sie sind meist Fiktion, zumindest aber der Realität entrückt. Auch Martin H. M. Schreiber erhebt nicht den Anspruch, mit seinen Fotografien die Realität abzubilden. Auch bei ihm mischen sich romantisch verklärte Bilder einer unberührten Landschaft mit den Widrigkeiten harter Arbeit, der "Geruch" von Testosteron mit einer schwülen Homoerotik. Und doch sind seine Aufnahmen ehrlicher, vielleicht näher an der Realität als viele andere.
Dabei ist anzumerken, dass Schreibers Fotos vor mehr als 30 Jahren entstanden, fernab jeglicher Diskussion um männliche Rollenbilder. Gerade das macht ihren Reiz aus. Über ein Jahr lang zog Schreiber mit seiner Kamera durch die Weiten Texas, besuchte Rinderfarmen, Rodeo-Veranstaltungen, porträtierte Cowboys bei der Arbeit, in ihrer Freizeit, auf dem Sattel und der Couch. Mit vielen freundete er sich persönlich an.
Schreiber veröffentlichte eine Auswahl seiner Aufnahmen bereits 1982 in einem Buch. Viele der Motive sind selbst zu Ikonen geworden und haben unser Cowboy-Bild geprägt. Last of a Breed erscheint nun in einer vollständig überarbeiteten Neuauflage, die um zahlreiche, bisher unveröffentlichte Aufnahmen erweitert wurde.
These photographs of the contemporary cowboy are the best that I have ever seen. To those who believe the cowboy is a creature of myth and imagination, these pictures should be a revelation-for here they are, the working cowboys of today, doing the same things they did yesterday and in much the same manner. Although we have heard lately of something called the "urban cowboy," there is no such thing. The very name is a contradiction in terms, for there is no place in the city for a working cowboy except as a casual visitor. A cowboy is, literally, a man who works with cows. The saddle is his workbench, designed for the job of working cattle or horses. Wearing boots and a wide-brimmed hat does not make one a cowboy, and no one who has not worked the trade is entitled to the name. - Louis L'Amour
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2016

Hufschlag für Hufschlag

Gerade noch hatte Martin Schreiber ein Mädchen in New York fotografiert, das später als Madonna zur Ikone wurde, da erhielt er eine Einladung, ganze Kerle zu fotografieren - die letzten ihrer Art.

Von Freddy Langer

Martin Hugo Maximilian Schreiber war sechs, als er seine erste Kamera in Händen hielt, eine Brownie, das war in New York, und seine Freundin von nebenan war Danielle Steel, die später Bestseller schreiben würde wie "Herzschlag für Herzschlag", "Im Feuer der Gefühle" und "Der Preis des Glücks". Mit der Brownie, so viel weiß er noch, hat er damals eine Parade fotografiert. Aber ob Danielle Steel mit auf eines der Bilder gerutscht ist, weiß er nicht mehr. "Ich könnte ja mal das Archiv durchwühlen", sagt er. Er sagt es mehr im Scherz. Denn eine halbe Million Bilder lagern dort beieinander, entstanden im Laufe von vierundsechzig Jahren.

Manche zeigen Menschen auf Marktplätzen, wie sie Obst und Gemüse kaufen. Manche zeigen Landschaften im Nebel. Es gibt Architektur, Stillleben und Porträts. Bilder von Rinderherden und Bilder von Gästen in Cafés. Er hat Yoko Ono fotografiert, die Kleidermode der Amish und Fußabdrücke im Schlamm einer Großstadt. "I photograph everything", sagt er ganz und gar unprätentiös und zeigt auf die Leica, die an seiner Schulter baumelt. Doch am Ende, folgt noch im selben Atemzug die Klage, am Ende würde sein Werk doch bloß auf immer dieselben drei, vier Filmrollen reduziert, die er im Februar 1979 in seinem New Yorker Atelier belichtet hat. Bilder einer jungen Frau, die sich für ihn und eine Handvoll Fotografiestudenten des Seminars "Photographing the Nude" aller Kleider entledigte und sich sitzend, hockend, hingestreckt vor einem grauen Vorhang in Pose warf, stets von Licht umschmeichelt wie über den schlanken Körper ausgegossen, einmal kühn den Schoß leicht in die Höhe gestreckt. Die junge Frau, Tänzerin und Aktmodell und über eine Agentur für dreißig Dollar gebucht, hieß Madonna Ciccone. Einige Jahre später wurde sie als Madonna der größte Popstar des Universums. Da kramte Schreiber die Bilder wieder hervor und stellte sie zu einem schmalen Fotoband zusammen, der sich prompt mehr als hunderttausend Mal verkaufte. Doch der Ruhm stellte sich für ihn nicht ein.

Es folgten keine Galerieausstellungen, schon gar keine Einladungen zu großen Museumsschauen. Nicht einmal Madonna meldete sich bei ihm. So blieb Martin H. M. Schreiber ein Auftragsfotograf, wie es so viele gibt, denen es weder an ästhetischem Gespür und handwerklichem Vermögen mangelt noch an Engagement; im Gegenteil. Mit welchem Einsatz er sich der Arbeit damals gewidmet hat, belegt nun der wunderbare Band "Last of a Breed", dessen Bilder Schreiber vor fast fünfunddreißig Jahren aufgenommen hat.

Im Lone Star Café in New York war ihm ein paar Tische weiter ein Kerl von einem Mann aufgefallen, der Jeans und Cowboystiefel trug und um die Hüfte einen Ledergürtel mit der größten Schnalle, die er in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Er sprach ihn an und lud ihn für den nächsten Tag in sein Studio ein, um ihn zu fotografieren. Doch der Mann aus Texas kehrte die Einladung kurzerhand um: Kommen Sie doch lieber zu mir nach Hause. Zwei Tage später saß Schreiber im Flugzeug nach Amarillo, wo eine Privatmaschine auf ihn wartete, um ihn zur Ranch zu fliegen. Die Ranch wurde zu seinem Basislager. Für ein ganzes Jahr.

Nirgendwo zuvor, sagt Schreiber, habe er eine solche Gastfreundschaft erlebt wie dort. Und dann hebt er die Ehrlichkeit, Rechtschaffenheit, Aufrichtigkeit, Liebenswürdigkeit und absolute Zuverlässigkeit hervor, die er bei den Cowboys erfahren hat, und man spürt, dass er die Liste am liebsten um etliche weitere Vokabeln verlängern würde, ohne sich des Pathos seines Vortrags bewusst zu sein. Ein Jahr lang wurde er nicht nur von Ranch zu Ranch gereicht. Er ritt auch mit den Männern aus, wenn sie das Vieh zusammentrieben. Er war dabei, wenn die Kälber mit dem Brandeisen markiert wurden. Wenn Pferde zugeritten wurden. Wenn Cowboys sich am Morgen an einem Wasserloch die Haare wuschen oder beim Frühstück um eine Pfanne knieten. Das gesamte Repertoire seiner Ausbildung findet sich in dem Buch wieder: Stillleben und Porträt, Mode und Landschaft, Reportage und sogar Food Photography. Wie unsichtbar scheint er sich in dem harten Alltag der Cowboys zwischen den Paddocks der Ranches und der Weite der Prärie bewegt zu haben. Oder eben wie einer von ihnen. Auf die Romantik der Zigarettenreklame hat er deshalb ebenso verzichtet wie auf die Monumentalität des Westerns aus dem Kino. Und doch schuf er - neben Madonna - wiederum das Bild einer amerikanischen Stilikone, womöglich der uramerikanischen Ikone überhaupt. Auf das zierliche Mädchen folgten die harten Kerle.

Ungeachtet der erschöpfenden Arbeit der Cowboys, schimmert wie ein Wasserzeichen stets ein Moment von Freiheit, Ungebundenheit durch Schreibers Motive. Kein Haus, kein Telegrafenmast und keiner, der dir sagt, wie du deine Arbeit zu erledigen hast, schwärmt Schreiber: "Holy shit. It's phantastic!" Dabei habe er sich zunächst einmal an die unendliche Leere gewöhnen müssen, eine Landschaft platt und trocken bis zum Horizont, nicht eben das, was man als pittoresk bezeichnet.

Es dauerte, sagt er, sich mit diesem Nichts anzufreunden. Umso überraschter war er, als er nach einigen Wochen lernte, selbst über Meilen hinweg die Männer zu unterscheiden, sie an ihrem Hut erkannte oder an ihrer Haltung im Sattel. Keiner war für ihn nur eine Figur. "Und keiner war doof", fügt er hinzu, als würde das nur allzu oft unterstellt. Das waren kluge Männer, darunter Dichter, Musiker - und mindestens ein großartiger Koch. Und so zeigt er sie auch: als Individuen, viele beim Namen genannt: Dick Sheperd, Jim Eicke, Buster Smallwood, jeder mit einer Biographie, die als Roman taugte. Mit Titeln vielleicht, die man bei Danielle Steel ausleihen könnte: "Herzschlag für Herzschlag", "Im Feuer der Gefühle" oder "Der Preis des Glücks".

"Last of a Breed - Portraits of Working Cowboys" von Martin H. M. Schreiber. Mit einem Vorwort von Louis L'Amour. Kettler Verlag, Dortmund 2016. 108 Seiten, zahlreiche Schwarzweißfotografien. Gebunden, 38 Euro.

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