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Laure Wyss (1913 2002) führte das Leben einer alleinerziehenden, berufstätigen Frau zu einer Zeit, als dieser Lebensentwurf nicht vorgesehen war. Sie wehrte sich gegen die Benachteiligung als Mutter eines außerehelichen Kindes, als Journalistin kämpfte sie für die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Frauen. Sie wurde zu einer Medienpionierin und Wegbereiterin der heutigen Gesellschaft.Sie heiratete den Architekten Ernst Zietzschmann und zog mit ihm nach Stockholm. Während des Zweiten Weltkriegs übersetzte sie kirchliche Widerstandsschriften. Nach dem Krieg folgten die Scheidung, die…mehr

Produktbeschreibung
Laure Wyss (1913 2002) führte das Leben einer alleinerziehenden, berufstätigen Frau zu einer Zeit, als dieser Lebensentwurf nicht vorgesehen war. Sie wehrte sich gegen die Benachteiligung als Mutter eines außerehelichen Kindes, als Journalistin kämpfte sie für die Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Frauen. Sie wurde zu einer Medienpionierin und Wegbereiterin der heutigen Gesellschaft.Sie heiratete den Architekten Ernst Zietzschmann und zog mit ihm nach Stockholm. Während des Zweiten Weltkriegs übersetzte sie kirchliche Widerstandsschriften. Nach dem Krieg folgten die Scheidung, die Geburt ihres Sohnes und die Berufstätigkeit in Zürich: Für freisinnige Tageszeitungen gab sie eine Frauenbeilage heraus, für das Schweizer Fernsehen entwickelte sie das 'Magazin der Frau' sowie die erste Diskussionssendung, und 1970 war sie Mitbegründerin des 'Tages-Anzeiger Magazins'. Sie förderte junge Autoren wie Niklaus Meienberg, Jürg Federspiel, Hugo Loetscher, Peter Bichsel, Isolde Schaad, Mariella Mehr. Privat stand ihr der Publizist und Literaturwissenschaftler Karl Schmid nahe.Nach ihrer Berufskarriere entstand ihr umfangreiches schriftstellerisches Werk. In ihren Büchern beschäftigte sie sich mit Lebensentwürfen von Frauen, mit biografischen Umbrüchen und dem Altwerden. Sie schrieb Gedichte und griff aktuelle gesellschaftliche Themen auf.Brillant erzählt Barbara Kopp den Werdegang dieser leidenschaftlichen Frau, die durchlebte, worüber sie schrieb. Ihre Biografie zeigt ein exemplarisches Frauenleben und zugleich ein Stück Schweizer Medien- und Mentalitätsgeschichte seit dem Zweiten Weltkrieg.
Autorenporträt
Barbara Kopp, geboren 1964, studierte in Zürich Germanistik und Geschichte und arbeitete als Journalistin für Printmedien und das Schweizer Fernsehen. Heute ist sie Dozentin und leitet journalistische Schreibwerkstätten. Im Limmat Verlag veröffentlichte sie die Biografie 'Die Unbeirrbare. Wie Gertrud Heinzelmann den Papst und die Schweiz das Fürchten lehrte'.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.06.2013

Es geht hier doch nicht um Liebe
Die Journalistin Laure Wyss sollte weibliche Leser für die Schweizer Presse gewinnen – und jubelte ihr Fortschritt unter
Was würde Laure Wyss dazu sagen? Zur Frauenquote und der Forderung nach überhaupt mehr sogenannter weiblicher Weltsicht in den Medien? Zum Männer-Frauen-Ding im Jahr 2013? Sie war es doch gewesen – im geschlechterübergreifenden Bund übrigens mit den Kollegen Peter Frey und Hugo Leber – die der braven Schweiz im Februar 1970 über eine ganze Ausgabe im brandneuen Tagesanzeiger -Magazin den heißesten, radikalsten Feminismus aus Amerika zumutete. Das Titelbild zeigte eine hübsche junge Frau, die jeden noch so konservativen Eidgenossen um ihren niedlichen kleinen Finger hätte wickeln können. Gemein aber: Das Mädchen hatte andere Dinge im Kopf. Sie trug Kampfmontur und einen Helm mit der Aufschrift: „Make war, not love“. Natürlich gab es Zoff in Zürich. Entzücken auch.
  Denn Laure Wyss, das zeigt eine gerade erschienene Biografie, war zu diesem Zeitpunkt ihres Leben sozusagen eine gewiefte Doppelagentin. Die Magazin-Redaktion lieferte der Verlegerschaft des Tagesanzeigers eine neue Wochenendbeilage, die bei sinkenden Zeitungsverkaufszahlen junge Leute ansprechen sollte, wie der Werbeleiter des Hauses festhielt – und Frauen: „Eine gerade für eine Zeitung sehr notwendige Zielsetzung. Zeitungen werden ja vorwiegend für Männer gemacht“. Was dem Direktionscomité dabei untergejubelt wurde, war dann aber erfreulicherweise weit mehr Fortschritt und Debatte, als es die konsensliebende Schweiz sonst gewohnt war. Es schrieben Niklaus Meienberg, Peter Bichsel, Oriana Fallaci oder Susan Sontag – wobei die Texte über „die komischen Frauen“, so die Protokollnotiz aus dem Verlagsdirektorium, eher als „Hobby von L. Wyss“ abgetan wurden.
  Ein Hobby? Nein, es war ihr Fachgebiet – und sie darin einzigartig. Laure Wyss war Journalistin und moralische Instanz, sie war Ratgeberin und Aufklärerin für die Schweizerinnen, als die noch um das Wahlrecht kämpften. Weil die Männer – und einige Frauen auch – sie vorsichtshalber nicht mit Politik belästigen wollten.
  Ihre eigentliche Karriere begann erst mit 50, mit dem Wechsel zum Tagesanzeiger, und überhaupt wirkt dieses Leben so, als habe es sich erst im Alter wirklich entfaltet. Als noch junge, geschiedene Frau und alleinstehende Mutter eines unehelichen Wunschkinds hatte sie das Geld zum Leben zunächst mit kreuzbravem Stoff für die Leserin des Luzerner Tagblatts aufgebracht: Rezepte, Kindererziehung, Mode. Der Sohn musste betreut werden, wenn sie arbeitete, und ihr Bett stand im Badezimmer in diesen Jahren, weil es zu mehr Zimmern nicht reicht. Man schaut misstrauisch auf zwei verdächtige Abkürzungen in ihrem Leben: div. - „divorcée“, geschieden. Und das Kind a.e.: außerehelich.
  Im Buch von Barbara Kopp erkennt man gut, wie es auf den Frauenseiten im Luzerner Tagblatt dann mehr und mehr um die berufstätige Frau ging, um Doppelbelastung, modernes Leben und Männermacht. Was Laure Wyss, die aus dem zweisprachigen Biel kam und sich „Lor“ nannte – französisch also und in Abgrenzung zu dem Mädchen aus dem Lore-Roman mit seinem trivialen Glück – was „Lor“ Wyss schrieb, hatte lange einen irgendwie volksaufklärerischen Ton. Weit entfernt von einer Iris von Roten, die mit Frauen im Laufgitter (1958) einen Riesenskandal produzierte. Wyss, die zeitweilig eine Fernsehsendung hatte, war bei allem Einsatz für die Frauenrechte gesellschaftlich tragbar.
  Einmal war sie sogar bei Kulenkampff zu Gast, in der Samstagabendshow Einer wird gewinnen. Laure Wyss gewann nicht, sondern verlor zwangsläufig. Sie musste gegen eine Holländerin um die Wette stricken und sie war ja keine Strickliesl.
  Am 20. Juni wäre Laure Wyss hundert Jahre geworden; ihre Biografin sucht das Politische im Privaten und beginnt mit der Vorgeschichte des Journalistenlebens: der frühen Ehe, der Nähe zum Theologen Emil Brunner und der Maxime „Ich werde nur einem Manne gehören, auf den ich auch verzichten kann“. Kopp erzählt chronologisch, was manchmal strapaziert: weil dieses Leben erst allmählich Fahrt aufnimmt, so allmählich, dass man ungeduldig wird.
  Es brauchte ein ganzes Schreibleben, bis aus der Volksaufklärerin in späten Erzählungen ein literarisches Ich wurde. War sie glücklich? Wahrscheinlich nicht. Aber frei in der Liebe und im Krieg.
CLAUDIA TIESCHKY
Barbara Kopp: Laure Wyss. Leidenschaften einer Unangepassten ; 352 Seiten, Limmat Verlag, 44 sfr, 39 Euro; Laure Wyss: Lesebuch. Herausgegeben von Hans Baumann und Elisabeth Kaestli, 176 Seiten; Limmat Verlag, 32 sfr, 28 Euro.
Sie war Aufklärerin, als die
Schweizer Frauen immer noch
um das Wahlrecht kämpften
Die Frau: geschieden.
Das Kind: außerehelich.
Und das Bett im Badezimmer
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