Gesammelte Studien des bedeutenden Lessing-Forschers Wilfried Barner.Zentrum der Studien des 2014 verstorbenen Göttinger Germanisten Wilfried Barner war seit den 1970er Jahren Gotthold Ephraim Lessing. Barner hat federführend ein Arbeitsbuch zu Lessing entwickelt, das sechs Auflagen erlebte und dessen Konzept einer ganzen Reihe von Autoren-Büchern Vorbild war. Seit 1985 war er außerdem Herausgeber der zwölfbändigen Lessing-Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag, die 2003 abgeschlossen wurde.Barner hat Lessing als einen äußerst eigenständigen Autor begriffen, der sich - ausgehend von seinem akademisch-gelehrten Fundament - hochreflektiert im literarischen Leben seiner Zeit positioniert und sich sein Publikum regelrecht erschreibt. Um dies zu zeigen, hat Barner den Schriftsteller Lessing sozialhistorisch kontextualisiert und rezeptionsästhetisch untersucht.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.05.2017Lessing als Kosmopolit
Angesichts der neuen nationalstaatlich begrenzenden Kleinmütigkeit in Amerika, England, Ungarn oder der Türkei lohnt sich der Rückblick auf die Ursprünge eines Geschichtsdenkens "in weltbürgerlicher Absicht". Dieser programmatischen Formel Kants geht Lessing noch voraus, wenn er schon seit 1748 für diese Idee in der Literatur wirbt. Der Begriff "Kosmopolit" kommt in diesem Jahr in Lessings Jugendkomödie "Der junge Gelehrte" erstmals auf: Damis, der Titelheld, will sein Vaterland verlassen, weil er sich intellektuell verkannt fühlt, und sich lieber als "Kosmopolit" der "Republik der Gelehrten" und damit der "ganzen Welt" zuwenden. Trotz aller Komik dieser Figur teilt Lessing mit ihr das Bekenntnis zur universalen "Res publica litteraria", die sich über alle Grenzen von Sprachen, Religionen und Nationen hinwegsetzt. Nachzulesen ist das jetzt bei Wilfried Barner (1937 bis 2014). Unter den immer klugen und glasklaren Studien des Lessing-Forschers, die jetzt vorliegen, befasst eine sich mit "Lessings europäischer Orientierung". Zwischen dem entschiedenen Kampf für eine Behauptung der deutschen Literatur gegen europäische Einflüsse und dem überstaatlichen Ideal eines freien Geistes verkörpert Lessing eine höchst moderne Geisteshaltung, die inzwischen vielerorts keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
kos.
Wilfried Barner: "Laut denken mit einem Freunde". Lessing-Studien. Hrsg. Kai Bremer. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 450 S., geb., 29,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Angesichts der neuen nationalstaatlich begrenzenden Kleinmütigkeit in Amerika, England, Ungarn oder der Türkei lohnt sich der Rückblick auf die Ursprünge eines Geschichtsdenkens "in weltbürgerlicher Absicht". Dieser programmatischen Formel Kants geht Lessing noch voraus, wenn er schon seit 1748 für diese Idee in der Literatur wirbt. Der Begriff "Kosmopolit" kommt in diesem Jahr in Lessings Jugendkomödie "Der junge Gelehrte" erstmals auf: Damis, der Titelheld, will sein Vaterland verlassen, weil er sich intellektuell verkannt fühlt, und sich lieber als "Kosmopolit" der "Republik der Gelehrten" und damit der "ganzen Welt" zuwenden. Trotz aller Komik dieser Figur teilt Lessing mit ihr das Bekenntnis zur universalen "Res publica litteraria", die sich über alle Grenzen von Sprachen, Religionen und Nationen hinwegsetzt. Nachzulesen ist das jetzt bei Wilfried Barner (1937 bis 2014). Unter den immer klugen und glasklaren Studien des Lessing-Forschers, die jetzt vorliegen, befasst eine sich mit "Lessings europäischer Orientierung". Zwischen dem entschiedenen Kampf für eine Behauptung der deutschen Literatur gegen europäische Einflüsse und dem überstaatlichen Ideal eines freien Geistes verkörpert Lessing eine höchst moderne Geisteshaltung, die inzwischen vielerorts keine Selbstverständlichkeit mehr ist.
kos.
Wilfried Barner: "Laut denken mit einem Freunde". Lessing-Studien. Hrsg. Kai Bremer. Wallstein Verlag, Göttingen 2017. 450 S., geb., 29,90 [Euro].
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