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Thomas Edward Lawrence erlangte Weltruhm unter dem Namen Lawrence von Arabien, nicht zuletzt durch den berühmten Film von David Lean - in der Hauptrolle mit Peter O'Toole. Peter Thorau zeigt den doppelgesichtigen Mann hinter den Mythen und schildert kenntnisreich und spannend die dramatischen Ereignisse des Ersten Weltkriegs im Vorderen Orient. Lawrence' Buch 'Die sieben Säulen der Weisheit' wurde zu einem Klassiker der Weltliteratur. In dieser faszinierenden autobiographischen Darstellung schildert er die arabische Revolte gegen das Osmanische Reich und seine eigene Rolle darin. Doch schuf er…mehr

Produktbeschreibung
Thomas Edward Lawrence erlangte Weltruhm unter dem Namen Lawrence von Arabien, nicht zuletzt durch den berühmten Film von David Lean - in der Hauptrolle mit Peter O'Toole. Peter Thorau zeigt den doppelgesichtigen Mann hinter den Mythen und schildert kenntnisreich und spannend die dramatischen Ereignisse des Ersten Weltkriegs im Vorderen Orient.
Lawrence' Buch 'Die sieben Säulen der Weisheit' wurde zu einem Klassiker der Weltliteratur. In dieser faszinierenden autobiographischen Darstellung schildert er die arabische Revolte gegen das Osmanische Reich und seine eigene Rolle darin. Doch schuf er damit zugleich die Voraussetzungen für die zahlreichen Legenden, die in der Folgezeit seine Lebensgeschichte umrankten. Peter Thorau legt nun eine konzise Biographie des Oxford-Absolventen, Archäologen, britischen Offiziers und Anführers der Beduinen vor, die auch auf arabische und türkische Quellen zurückgreift.
Autorenporträt
Peter Thorau lehrt an der Universität des Saarlandes als Professor Geschichte des Mittelalters und des Vorderen Orients.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.10.2010

Auf den mächtigen Kopfputz kam es an
Eine Figur, die auch Hollywood interessierte: Peter Thorau beschreibt das Leben des Lawrence von Arabien

Die jüngere Forschung zum britischen Imperialismus hat auf die große Bedeutung hingewiesen, die das Idealbild eines zum heroischen Führer berufenen christlichen Gentleman erlangte. In der Realität allerdings bevölkerten höchst ambivalente Figuren das Empire. Trunksucht und exzessive Gewalt charakterisierte zahlreiche Vertreter der imperialen Mächte.

Überdies waren die überseeischen Besitzungen häufig Orte, an denen man mit vergleichsweise geringem Risiko sexuellen Präferenzen nachgehen konnte. In seiner grundlegenden Studie über Kolonialismus und Homosexualität hat der australische Historiker Robert Aldrich vor einigen Jahren dargelegt, dass etwa homosexuelle Neigungen beträchtlichen Einfluss auf die politischen und kulturellen Haltungen vieler Europäer in der kolonialen Welt entfalten konnten.

Zu Aldrichs zentralen Beispielen für homosexuelle imperiale Heroen gehört Thomas Edward Lawrence (1888 bis 1935), im frühen zwanzigsten Jahrhundert einer der schillerndsten Akteure des britischen imperialen Projekts. Der Archäologe, Geheimagent im Dienste seiner Majestät und Schriftsteller agierte während des Ersten Weltkriegs im Osmanischen Reich, das an der Seite Deutschlands in den Krieg eingetreten war. Angesichts dieser Entwicklung erhoffte sich die Londoner Regierung von der Revolutionierung der Araber eine militärische Entlastung im Vorderen Orient. Lawrence kam die Aufgabe zu, die militärische Macht des Gegners an möglichst vielen Stellen zu binden. Wie bedeutend die Rolle von Lawrence in diesem Kontext tatsächlich war und wie sehr ihm der arabische Unabhängigkeitskampf am Herzen lag, ist in der Forschung umstritten. Lawrences eigene Darstellung in seinem nach dem Ersten Weltkrieg erschienenen Bestseller "Die sieben Säulen der Weisheit", zahllose weitere glorifizierende Schriften und nicht zuletzt das Hollywood-Epos "Lawrence of Arabia" (1962) verfestigten jedenfalls ein bis heute verbreitete Bild von ihm als Kopf des arabischen Aufstandes.

In seiner Biographie verweist der in Saarbrücken lehrende Mediävist Peter Thorau, freilich nicht als Erster, viele Episoden aus den "Sieben Säulen" und daran anschließende heroisierende Darstellungen ins Reich der Legende. Er zeichnet Lawrence als höchst widersprüchliche Persönlichkeit: Der Oxford-Absolvent genoss trotz seiner unehelichen Herkunft in Teilen des britischen Establishments beträchtlichen Respekt. Er war ein Puritaner mit offenkundigen Neigungen zu Masochismus, Sadismus und Gewalt. Er war ein Förderer des arabischen Unabhängigkeitskampfes und zugleich ein Agent britischer imperialer Interessen im Nahen Osten. Und er unternahm beträchtliche Anstrengungen, seine Privatsphäre zu schützen, und spielte zeitweise doch mit Verve seine Rolle als öffentliche Person.

In Thoraus chronologisch gegliederter Darstellung nimmt der Erste Weltkrieg mit Abstand den größten Platz ein. Der Autor belegt an vielen Stellen, dass Lawrences Schilderungen in den "Sieben Säulen der Weisheit" als Selbststilisierung von zuweilen hoher literarischer Qualität gelesen werden sollten. Zuweilen geraten die Nachweise über Widersprüchlichkeiten in Lawrences Berichten über bestimmte militärische Aktionen jedoch arg minutiös. In seinen Ausführungen reproduziert Thorau zudem recht unkritisch Stereotype über grausame Araber und undisziplinierte Beduinen, deren Vorstellung von Freiheit vermeintlich darin bestand, "nach Lust und Laune umherstreifen und Beute machen zu können".

Wiederholt verweist Thorau auf den latenten Sadismus seines Protagonisten und konstatiert für einige Beschreibungen aus dessen Feder eine "Mischung aus ungerührter Grausamkeit und kindlicher Begeisterung". Auch auf die Homosexualität von Lawrence geht der Autor ein, sieht jedoch im Gegensatz zu Aldrich und anderen Autoren keine eindeutigen Belege für gleichgeschlechtliche Präferenzen und Praktiken. Ohnehin, schreibt er, sei die in der Forschung breit diskutierte Frage nach der sexuellen Orientierung von Lawrence "für die Beurteilung seiner militärischen Rolle und seiner historischen Bedeutung bestenfalls zweitrangig".

Nach Kriegsende engagierte sich Lawrence erfolglos bei der Pariser Friedenskonferenz für arabische Belange. Während der Beratungen erregte seine Garderobe großes Aufsehen. Winston Churchill geriet darüber ins Schwärmen: "Die Ernsthaftigkeit seines Auftretens, die Klarheit seiner Meinungen, die Weite und der Gehalt seiner Unterhaltung schienen zu einem bemerkenswerten Teil durch seinen mächtigen arabischen Kopfputz und sein Gewand verstärkt zu werden." Und er fügte hinzu: "Er erschien als das, was er war, einer der größten Fürsten, die die Natur hervorgebracht hat." Churchills Charakterisierungen können als Teil der Heroisierung und Mythenbildung über Lawrence gesehen werden, die in dieser Zeit einsetzte, wesentlich gesteuert vom amerikanischen Journalisten Lowell Thomas. Thomas war Lawrence kurz vor Ende des Krieges in Jerusalem begegnet und machte ihn nun, so Thorau, "quasi zu einem frühen Popstar". Er inszenierte eine aufwendige und höchst erfolgreiche Bühnenschau, in der Lawrence als "Fürst von Mekka" und "ungekrönter König Arabiens" präsentiert wurde.

Lawrence hingegen, zum Teil empört, zum Teil geschmeichelt über diese Boulevardisierung, zog sich zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück und diente zum Teil unter falschem Namen als einfacher Soldat in der britischen Luftwaffe, für einige Zeit auch in Indien. Thoraus Darstellung endet recht abrupt mit dem tödlichen Motorradunfall von Lawrence im Mai 1935. Leider schöpft der Autor das reiche Potential, das die Biographie dieses Protagonisten für eine Kulturgeschichte des Imperialismus bietet, bei weitem nicht aus. Als Einstieg in dessen Lebensgeschichte, auch als Einführung in einen hierzulande eher unbekannten Aspekt des Ersten Weltkriegs, ist das Buch jedoch zu empfehlen.

ANDREAS ECKERT

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Für Stefan Weidners Geschmack geht Peter Thorau etwas zu gründlich gegen den "Mythos" um den legendären Lawrence von Arabien vor. Der britische Autor Jeremy Wilson hatte sich in seiner Biografie von 1999 in kaum einholbaren Detailfreude vor allem auf die private Person des Thomas Edward Lawrence konzentriert, erklärt der Rezensent. Peter Thorau nun baut seine Lebensbeschreibung auf der These auf, dass sein Protagonist tüchtig an seiner eigenen Legende mitsgetrickt habe, und damit kann er Weidner leider gar nicht überzeugen. Denn der Rezensent argumentiert, dass Lawrence den Medien gegenüber derart zugeknöpft und widerborstig war, dass es für ihn kaum vorstellbar ist, dass er sie für seine Zwecke zu nutzen verstanden hätte. Überhaupt reagiert der Rezensent zunehmend gereizt auf Thoraus immer wache "Skepsis" gegenüber Lawrence, und das greife nicht nur auf die öffentliche Figur, sondern eben auch auf den "Menschen" über, wie er unzufrieden bemerkt. Immerhin kann er Thorau zugute halten, dass er hervorragend und zudem sehr fesselnd in den historischen Kontext einführt.

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