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"Das Schwarzbuch des Kommunismus" löste bei seinem Erscheinen in Frankreich heftige Diskussionen aus und stand wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Es zieht eine grausige Bilanz des Kommunismus, der prägenden Idee unserer Zeit. 80 Millionen Tote, so rechnen die Autoren vor, hat die Vision von der klassenlosen Gesellschaft gekostet, mehr als der Nationalsozialismus zu verantworten hat. Mit dieser These lösten die Autoren eine beispiellose Voraus-Debatte aus, die ihren Niederschlag in zahlreichen deutschen Zeitungen gefunden hat. "'Das Schwarzbuch des Kommunismus' ist nicht nur eine…mehr

Produktbeschreibung
"Das Schwarzbuch des Kommunismus" löste bei seinem Erscheinen in Frankreich heftige Diskussionen aus und stand wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Es zieht eine grausige Bilanz des Kommunismus, der prägenden Idee unserer Zeit. 80 Millionen Tote, so rechnen die Autoren vor, hat die Vision von der klassenlosen Gesellschaft gekostet, mehr als der Nationalsozialismus zu verantworten hat. Mit dieser These lösten die Autoren eine beispiellose Voraus-Debatte aus, die ihren Niederschlag in zahlreichen deutschen Zeitungen gefunden hat. "'Das Schwarzbuch des Kommunismus' ist nicht nur eine Chronik der Verbrechen, sondern auch eine Unglücksgeschichte jener 'willigen Helfer'im Westen, die sich 90 Jahre lang blind und taub machten", schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.1997

Einhundert Millionen
Von Rußland bis Nordkorea: Ein französisches "Schwarzbuch" bilanziert die Toten des Kommunismus

Gezählt hat sie keiner. Fünfundachtzig, vielleicht sogar hundert Millionen sollen es seit 1917 gewesen sein. Zum achtzigsten Geburtstag der Oktoberrevolution haben französische Historiker eine Bestandsaufnahme der im Namen des Kommunismus erfolgten Verbrechen vorgelegt: "Le livre noir du communisme. Crimes, Terreur, Répression". Der 850 Seiten umfassende Sammelband ist in den Editions Robert Laffont erschienen, der Historiker Stéphane Courtois zeichnet als verantwortlicher Herausgeber. Von Rußland bis Vietnam, von der ehemaligen DDR über Äthiopien und Kambodscha bis China, Kuba, Nordkorea wird eine Bilanz erstellt. Der Befund ist niederschmetternd. "Der Nürnberger Prozeß des Kommunismus" überschrieb Pierre Daix im "Figaro" seine Besprechung: "In den meisten kommunistischen Ländern gehörten die Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Regierungssystem."

Nicolas Werth befaßt sich mit der Sowjetunion. Für die Zarenzeit zwischen 1825 und 1917 zählt er 6321 politische Todesurteile. Die am 20. Dezember 1917 gegründete Tscheka hat innerhalb weniger Wochen mehr als doppelt so viele Exekutionen vorgenommen, und dies, bevor der Ausbruch des Bürgerkriegs zum Vorwand für eine Radikalisierung der bolschewistischen Politik genommen werden konnte: Der Terror hat schon mit Lenin begonnen. Der Historiker widerlegt auch die von den Trotzkisten propagierte Auffassung, die stalinistische Repression - zu deren ersten Kritikern sie gehörten - hätte nur oder vorwiegend revolutionäre Kommunisten getroffen. Nicolas Werth versucht akribisch, die "gewöhnlichen Opfer" zu beziffern: von erschossenen Streikenden über ermordete Oppositionelle bis zu den systematisch ausgehungerten Bauern. Französische Rezensenten des Buchs loben seine Bemühungen, diese "Vergessenen" der kommunistischen Verbrechen in Erinnerung zu rufen.

Als Bilanz der Schreckensherrschaft der Jahre 1936 und 1937 korrigiert Werth die drei Millionen, von denen der britische Historiker Robert Conquest in den sechziger Jahren sprach, ein bißchen nach unten. Sieben Millionen Menschen seien zwischen 1934 und 1941 in den GULag eingewiesen worden - doch in dieser Statistik sind wegen Verlegungen einzelne Opfer mehrmals verbucht. Am 1. Januar 1941 zählten die Arbeitslager und Strafkolonien rund zwei Millionen Häftlinge. Schwieriger fällt die statistische Erfassung der vergleichsweise ruhigen Phasen zwischen zwei Terrorwellen. Das gilt für die Zeit des Tauwetters und der Perestrojka ebenso wie für die zwanziger Jahre der Neuen Ökonomischen Politik, an die sich unverbesserliche Leninisten noch immer zu klammern versuchen. Werth erinnert daran, wie damals in Tambow die aufständischen Bauern verschleppt, erschossen und in den Wäldern vergast wurden.

Insgesamt wird die Zahl der Toten für die Sowjetunion mit zwanzig Millionen angegeben. Auch bezüglich der anderen Länder werden runde Summen errechnet. China: 65 Millionen. Vietnam: eine Million. Nordkorea: zwei Millionen. In Kambodscha - zwei Millionen - hat der Terror ein Höchstmaß an Grausamkeit und Intensivität erreicht: Innerhalb von dreieinhalb Jahren wurden von Pol Pot und seinen Roten Khmer zwanzig Prozent der Bevölkerung umgebracht. Auch in den ehemaligen "Volksdemokratien" des Ostblocks bezahlte eine Million Menschen den kommunistischen Wahn mit dem Leben. In Lateinamerika sind Castro und den Sandinisten Nicaraguas rund 150000 Bürger zum Opfer gefallen. Für Afrika verbuchen die Autoren in Angola, Moçambique, Äthiopien 1,7 Millionen Tote. Insgesamt kommen die verschiedenen Verfasser des Sammelbandes auf eine Zahl von mindestens 85 bis neunzig Millionen. In seinem Vorwort rundet Stéphane Courtois munter auf und nennt nicht ganz grundlos hundert Millionen - die er den 25 Millionen Opfern Hitlers entgegensetzt. Um diese Einleitung, die ursprünglich der verstorbene François Furet schreiben sollte, ist ein Streit entbrannt, der seit einigen Tagen in Funk und Fernsehen, im Feuilleton wie in den Leitartikeln zwischen Historikern und Kommunisten geführt wird. Dabei geht es in keiner Weise um die - unbestrittene - Zahl ihrer Opfer, sondern ausschließlich um die Vergleiche zwischen den beiden Ideologien. Stéphane Courtois ist ein ausgewiesener Experte des Kommunismus und ein gründlicher Historiker. Doch wie viele der Protagonisten, die sich an den jetzigen Debatten beteiligen, war er selbst Kommunist. Vier Jahre seines Lebens habe er im Anschluß an den Mai 68 als "Berufsrevolutionär" (F.A.Z. vom 5. Dezember 1996) gewirkt. Courtois war Mitglied der maoistischen Organisation "Vive la Révolution". Nach seiner Rückkehr in die akademischen Institutionen wurde er Assistent von Annie Kriegel, die sich von der stalinistischen Fanatikerin zur antikommunistischen Historikerin des internationalen Kommunismus gemausert hatte. Seit ihrem Tod gilt Courtois als einer der führenden Experten Frankreichs. Aus den sowjetischen Archiven hat er einige spektakuläre Funde nach Hause gebracht - unter anderem den Beleg, daß Stalin ursprünglich tatsächlich die Absicht hatte, die Rote Armee bis nach Paris zu schicken.

In seiner Empörung über die einstigen Leitfiguren, die sich als Massenmörder erwiesen haben, vermutet man bei Courtois stets auch ein bißchen den Eifer und die Borniertheit des Renegaten. Daß seine Wut über die gefallenen Götter und sein Wille zur Aufklärung dennoch heilsam wirken, bescheinigen ihm auch etwas zurückhaltendere Experten. Weniger Verständnis bringen sie für sein geradezu obsessives Bemühen auf, Stalin im Vergleich zu Hitler als noch viel größeren Verbrecher darzustellen.

Stéphane Courtois zieht Parallelen, stellt Vergleiche an und nimmt Aufrechnungen vor. "Die von Lenin erarbeiteten, von Stalin und seinen Schülern systematisierten Methoden lassen an die Methoden der Nazis denken, nehmen sie aber oftmals voraus", schreibt er in seinem Vorwort. Courtois vertritt im Gespräch auch die Ansicht, daß die Verantwortung Stalins für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs noch immer unterschätzt werde. Die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Totalitarismen seien größer als ihre Unterschiede: Hitlers "Rassen-Genozid" stellt Courtois Stalins "Klassen-Genozid" entgegen: Der Hungertod eines Kulaken-Kindes wiege, da die Hungersnot gezielt herbeigeführt worden sei, genauso schwer wie das Verhungern eines Kindes im Ghetto von Warschau.

Das Vorwort, in dem Stéphane Courtois seine persönlichen Einschätzungen formuliert, hat zunächst seine Mitarbeiter in Rage versetzt. Nur weil der Verleger mit Entschädigungsansprüchen gedroht hatte, konnte das Werk überhaupt ausgeliefert werden. Nicolas Werth hält dem Kommunismus nach wie vor zugute, daß er sich als "Ideologie der Befreiung der Mehrheit der Menschen" und ihrer Emanzipation verstehe, während der Nationalsozialismus eine "rassistische Doktrin" sei, die von Anfang an die Mehrheit der Menschen diskriminiere. Für Jean-Louis Margolin, ebenfalls Mitarbeiter des Sammelbandes, hat sich der Stalinismus die "Ausmerzung der Klassenfeinde" vorgenommen, aber nicht jene von Individuen oder "ganzen Bevölkerungsschichten". Werth: "Es hat in der Sowjetunion keine Vernichtungslager gegeben." Auch Karel Bartosek, der in "Les Aveux des Archives" Artur Londons stalinistische Vergangenheit enthüllte, distanziert sich von seinem Herausgeber. Er begrüßt diese "weltweit erste Synthese", weigert sich aber kategorisch, "die Leiden der Opfer ideologisch und politisch zu betrachten".

Ohne sich in allen Punkten mit Stéphane Courtois einverstanden zu erklären, lobt Jean-Luc Domenach - Verfasser eines Buchs über den chinesischen GULag - diesen ersten Versuch einer globalen Bilanz: "Mir scheint, die französischen Historiker haben eine Länge Vorsprung vor den ausländischen Kollegen." Domenach meint die Fähigkeit, "die Fakten gesamtheitlich zu deuten".

Doch es geht vor allem um die subtilen Unterschiede. Jean-François Forges, Autor eines pädagogischen Essays "Eduquer contre Auschwitz" (Gegen Auschwitz erziehen), erinnert an Margarete Buber-Neumann: "Für sie war der Gulag schlimmer als das Lager von Ravensbrück, außer ganz am Schluß." Doch in der Roten Armee habe es nichts gegeben, was mit den SS-Einsatzgruppen vergleichbar sei. "Die Bauern der Ukraine konnten, wenn sie sich unterwarfen, dem Massaker entgehen", wie übrigens auch die aufständische Bevölkerung der Vendée im revolutionären Frankreich: "Für die Juden hingegen, was immer sie auch taten, war von Anfang an der Tod vorgesehen." Für Forges verkörpert Auschwitz die Essenz des Nationalsozialismus, während der Kommunismus nicht automatisch den Stalinismus und seinen Terror hervorbringe: "Er kann eine generöse Idee sein, eine Utopie."

An solche Einschätzungen klammern sich die französischen Kommunisten. Ihr Generalsekretär Robert Hue hat auf leicht gewundene Weise erklärt, die KPF sei nicht willens, die Verantwortung für die Toten des Stalinismus zu übernehmen. Er weigerte sich, mit Courtois im Fernsehen zu debattieren. An seiner Stelle stieg der ehemalige "Humanité"-Chefredakteur Roland Leroy in die Arena und brachte den Historikerstreit auf eine griffige politische Formel: "Am Anfang des Nationalsozialismus war der Haß auf die Menschen, am Anfang des Kommunismus war die Liebe zu den Menschen." Dieser Sicht widerspricht die linke "Libération": "Die Massaker haben doch ganze Bevölkerungsgruppen, die eine rein virtuelle Bedrohung darstellten, betroffen."

In keinem anderen Land Westeuropas waren der GULag und generell die Verbrechen der Kommunisten - noch bis zum Genozid Pol Pots - dermaßen hartnäckig verschwiegen worden. Das hatte mit der ideologischen Hegemonie der Kommunisten zu, die wiederum eng mit der Verdrängung der Vichy-Vergangenheit verknüpft war. Um so größer ist seit der epochalen Wende das Bedürfnis nach Aufarbeitung beider totalitärer Ideologien. Nach François Furet, der in seinem "Ende der Illusion" ihre ideengeschichtlichen und politischen Verstrickungen darstellte, hat kürzlich auch Alain Besançon, der die Verbrechen von Hitler und Stalin für "gleichwertig" hält, den Gedächtnisschwund bezüglich der kommunistischen Greuel beklagt - der im übrigen in Frankreich seit ein paar Jahren keineswegs mehr so offensichtlich ist. Vermittelt durch Furet waren auch Ernst Noltes Thesen, die Furet würdigte und einschränkte, in Paris bekannt geworden. An sie erinnern in den jetzigen Debatten verschiedene Publikationen. Kein Rezensent allerdings erwähnt, daß sich Courtois von Nolte - ohne ihn zu zitieren - distanziert: "Die Tatsache, daß die Techniken der Massengewaltausübung von den Kommunisten eingeführt wurden und die Nazis sich von ihnen inspirieren ließen, bedeutet keineswegs, daß man eine direkte kausale Beziehung zwischen der Machtergreifung der Bolschewisten und dem Aufstieg des Nazismus herstellen kann." JÜRG ALTWEGG

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