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Die siebzehnjährige Germaine erzählt von der Ankunft Addi Bâs, einem jungen Guineer. Addi Bâ war Soldat einer senegalesischen Schützenkompanie, die an der Ardennenschlacht teilgenommen hatte. Nach der Kapitulation der französischen Armee kommt er halb verhungert in das Vogesendorf. Der Bürgermeister bringt ihn in Kontakt mit der Widerstandsgruppe Marcel Arburgers. Schnell wird er zum Chef des lokalen Widerstands in den Vogesen. Von den Deutschen wird er als der schwarze Terrrorist gejagt, bis er im Dezember 1943 gefangengenommen und hingerichtet wird. 2012 mit dem Grand Prix du roman métis ausgezeichnet.…mehr

Produktbeschreibung
Die siebzehnjährige Germaine erzählt von der Ankunft Addi Bâs, einem jungen Guineer. Addi Bâ war Soldat einer senegalesischen Schützenkompanie, die an der Ardennenschlacht teilgenommen hatte. Nach der Kapitulation der französischen Armee kommt er halb verhungert in das Vogesendorf. Der Bürgermeister bringt ihn in Kontakt mit der Widerstandsgruppe Marcel Arburgers. Schnell wird er zum Chef des lokalen Widerstands in den Vogesen. Von den Deutschen wird er als der schwarze Terrrorist gejagt, bis er im Dezember 1943 gefangengenommen und hingerichtet wird. 2012 mit dem Grand Prix du roman métis ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.08.2023

Schwarz-Weiß-Malerei und Aufklärung

Ein Afrikaner, Tierno Monénembo, hat ein wunderbares Buch über einen anderen Afrikaner geschrieben. Der 1947 in Guinea geborene Schriftsteller hat über Addi-Bâ Mamadou geschrieben, der 1913 in Guinea geboren wurde, im Zweiten Weltkrieg als Scharfschütze im Regiment der tirailleurs sénégalais in der französischen Armee gegen die Deutschen gekämpft hat, gefangen genommen wurde, fliehen konnte und halb tot von einfachen Bauern in einem winzigen Dorf in den Vogesen gefunden wurde. Dort geht er als Muslim mit einem christlichen Gleichaltrigen eine tiefe freundschaftliche Verbindung ein und kämpft mit der örtlichen Gruppe der Résistance zusammen, bis er abermals von den Deutschen festgenommen und dann am 18. Dezember 1943 in Épinal gefoltert und anschließend exekutiert wird.

In erster Linie wollte Monénembo mit "Le terroriste noir", 2012 in Frankreich erschienen und in mehrere Sprachen, aber nicht ins Deutsche, übersetzt, an die vielen Opfer auch ausländischer Kämpfer, besonders aus Afrika, erinnern, die den französischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung zu wahrhaft internationalen Angelegenheit gemacht haben. Indem er eindrücklich und detailliert die damaligen Lebensumstände und insbesondere unterschiedlichen Einstellungen allem Fremden gegenüber lebendig werden lässt, zeichnet er ein historisch glaubwürdiges Bild dieser Zeit und ihrer Menschen. Dazu gehört für ihn selbstverständlich auch ein unverstellter und differenzierter Blick auf die seinerzeit herrschenden besonderen Vorurteile und den weitverbreiteten Rassismus Schwarzen gegenüber - und das bedeutet auch, dass Monénembo in seinen Schilderungen den damaligen Sprachgebrauch (teilweise bis hinein in bestimmte Dialektformen) wiedergibt. Dazu gehört auch das Wort nègre, das die einfachen Bauern der Vogesen damals geläufig benutzten.

Ist damit Monénembos historischer Roman für Farbige unlesbar, weil sie sich womöglich allein durch den darin häufigen Gebrauch des Wortes "Neger" beleidigt, gekränkt oder diskriminiert fühlen könnten, wenn sie Sätze wie die folgenden lesen würden? "Man nannte ihn 'den Neger', wenn er nicht dabei war, und einfach 'mein Herr', wenn man direkt vor ihm stand. Das war einfach, praktisch und passte uns allen. Ihn schien es auch nicht zu stören. Ein Neger unter uns - man hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich darüber zu wundern."

Monénembo macht es sich und seinen Leserinnen und Lesern nicht so einfach: Die tief sitzende Fremdenfeindlichkeit der Bauern trifft "Eindringlinge" und "Zugereiste" aus der Hauptstadt Paris mit deren verstörend "modernen Ideen" nämlich ebenso wie Farbige, und auch seine Beschreibung der Intimfeindschaft zweier Familien in dem kleinen Vogesendorf relativiert das Rassismusthema erheblich. Was Monénembo auch und vor allem zeigt: Diskriminierung und Rassismus sind immer auch historisch einzuordnen und nie an einem einzigen Begriff festzumachen. Gleichzeitig beschreibt er sehr überzeugend, dass Vorurteile und Menschlichkeit sich keineswegs immer ausschließen müssen.

Warum sollten das nicht auch Afrikaner, Schwarze, Farbige heute mit Vergnügen lesen - nicht nur weil sie wüssten, dass es um etwas Historisches ginge, das man nicht beliebig im Sinne der political correctness umformulieren kann, sondern auch weil das Wort "Neger" nicht immer und überall den abwertenden Beiklang von "Nigger" besaß, den es in Amerika hat. Sie würden wohl nachempfinden können, dass der Begriff unter bestimmten Bedingungen und ohne romantisch-exotische Anwandlungen kein Hindernis für gegenseitige Achtung, ja sogar für echte Zuneigung und Freundschaft war und sein muss.

Tierno Monénembo, der seit 1979 schreibt, hat 2008 noch einen anderen herausragenden Roman geschrieben: "Der König von Kahel", für den er den renommierten Prix Renaudot erhalten hat. Darin geht es um einen von Afrika besessenen weißen Franzosen, eine historisch verbürgte Gestalt, die im neunzehnten Jahrhundert inmitten des damals allgemein herrschenden Rassismus dem westafrikanischen Hirtenvolk der Peul, das dieser Europäer nicht nur achtete, sondern auch bewunderte, und dem er mit dem Bau einer Eisenbahn und klassischer Bildung auf die Sprünge helfen wollte, weil er in den Peul und nicht im dekadenten Europa die Zukunft zu sehen meinte. Bereits mit diesem Roman hatte Monénembo vorgeführt, dass grobe Schwarz-Weiß-Malerei nicht der Aufklärung, sondern der Ideologisierung dient, und nur historisch korrekte differenzierte Schilderungen das komplexe und spannungsvolle Verhältnis von Weißen und Schwarzen in seiner jeweiligen Erscheinungsform erhellen können.

Auch in seinem Roman über den schwarzen Widerstandskämpfer Addi-Bâ Mamadou schlägt sich dieses Anliegen Monénembos in ebenso einfachen wie bedeutungsträchtigen Passagen wie der folgenden nieder: "Ich frage mich auch heute noch, wie diese beiden sich so nahe kommen konnten, um das unwahrscheinlichste Gespann zu bilden, das man jemals in Romaincourt gesehen hatte - der eine, der Muslim und stolze Afrikaner voller Eleganz und Zurückhaltung, und der andere, der brave Bursche aus den Vogesen, der das Fleisch und die Wurst vom Schwein, den Schnaps, das Angeln und die deftigen Scherze liebte." Und: "Als die Deutschen ihn exekutiert haben, da haben wir hier nicht einen Neger aus den Kolonien verloren, der zufällig aus den Wäldern herausgekommen und hier bei uns gelandet war, sondern einen Bruder, einen Verwandten, einen wichtigen Teil des Ganzen, einen von uns." GERHARD BIERWIRTH

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