In Deutschland sitzen in den Vorständen der 100 umsatzstärksten Firmen gerade einmal drei Prozent Frauen. International sieht es nicht viel besser aus. Sheryl Sandberg ist COO von Facebook und gehörte davor zur Führungsmannschaft bei Google. Zusammen mit ihrem Mann Dave erzieht sie zwei kleine Kinder. Sie ist eine der wenigen sichtbaren Top-Managerinnen weltweit und ein Vorbild für Frauen aller Generationen. In ihrem Buch widmet sie sich ihrem Herzensthema: Wie können mehr Frauen in anspruchsvollen Jobs an die Spitze gelangen? Sie beschreibt äußere und innere Barrieren, die Frauen den Aufstieg verwehren. Sandberg zeigt, wie jede Frau ihre Ziele erreichen kann.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.04.2014Fertig ist besser als perfekt
Zwei Ratgeber zum Aussteigen oder Aufsteigen
Gegensätzlicher könnten zwei Ratgeber nicht sein: Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook, ermutigt alle Frauen, sich aus der Deckung zu wagen und beruflich richtig reinzuhängen. Ausgestiegen sind dagegen drei Männer aus London und New York, sie haben das "Escape Manifest" verfasst: "Das Leben ist kurz, kündigen Sie, fangen Sie etwas Neues an." In ihrem früheren Leben waren Rob Symington, Dom Jackman und Mikey Howe als Manager und Investmentbanker tätig: Gutbezahlte Jobs, um die - dies wünscht sich Sandberg - Frauen unbedingt kämpfen sollten. Frauen boxen sich nach oben, während die Männer die Segel streichen?
Sandberg will mehr Frauen für Führungspositionen in der Wirtschaft motivieren. Zwei Gründe führt sie für das Ungleichgewicht der Geschlechter an: Zum einen müssten sich Frauen in wesentlich höherem Maße beweisen als Männer. In der Tat belegt eine McKinsey-Studie von 2011, dass Männer aufgrund ihres Potentials und Frauen wegen vergangener Erfolge befördert werden. Zum anderen seien Frauen auch deshalb unterrepräsentiert, "weil sie zu wenig für ihr Fortkommen kämpfen". Diese These hat Sandberg heftige Kritik beschert. Denn auf ihrem eigenen Weg nach oben musste sie kaum kämpfen: Als weiße Amerikanerin aus gut situiertem Elternhaus konnte sie nach einem Harvard-Abschluss bei der Weltbank, Google und Facebook arbeiten. Wenn Sandberg über Rückschläge spricht, die sie habe hinnehmen müssen, verweist sie auf eine kinderlose Ein-Jahres-Ehe mit Mitte 20. Inzwischen ist sie 44 Jahre alt und gehört zu den reichsten Frauen der Welt.
Sie rät ihren Geschlechtsgenossinnen, den Arbeitgeber nach dem "größten Wachstum" auszusuchen und den Ehepartner danach, ob dieser bereit sei, nachts die Kinder zu trösten und überhaupt beruflich zurückzustecken. Sie habe beide Ratschläge befolgt und sei damit gut gefahren. Zu ergänzen bleiben ein paar nicht unwesentliche Umstände: Sandbergs Mann kann teilweise von zu Hause aus arbeiten. Ihre Schwester wohnt gleich nebenan und kann jederzeit als Babysitterin einspringen. Für die lästigen Dinge des Lebens - Waschen, Bügeln, Putzen - gibt es Personal in einer Villa, die sich standesgemäß in der Bay Area von Kalifornien befindet.
"Warum arbeiten so viele Menschen in Jobs, die ihnen nichts bedeuten", fragen sich dagegen die drei Aussteiger. Zwei von ihnen gehörten zu den Anzugträgern, die frühmorgens in U-Bahnen Richtung Londoner Finanzviertel fahren, um in fensterlosen Arbeitskäfigen eine Arbeit zu erledigen, die eintönig ist und nichts zum gesellschaftlichen Wohlstand beträgt, aber immerhin gut bezahlt wird. Ausgestiegen sind Symington, Jackman und Howe übrigens freiwillig. Sie raten zu einer erfüllenden beruflichen Tätigkeit, was drei Dinge mit sich bringe. Erstens: die Möglichkeit, das Leben selbst zu gestalten. Zweitens: die Chance, in etwas, was wichtig ist, immer besser und besser zu werden. Drittens: Zahlreiches zu leisten, das im Dienste von etwas Größerem steht als wir selbst. Das Fazit der Autoren lautet: Gründen Sie Ihr eigenes Unternehmen! Finden Sie ein Problem, das Sie stört und auf das Sie sich mit Haut und Haaren stürzen! Im Umgang mit diesem Problem bilde sich allmählich Wissen heraus. "Sammeln Sie nicht länger Qualifikationen", lautet ein weiterer Rat: "Häufig sind Aufbaustudiengänge nichts anderes als eine Form der Verschleppungstaktik. Wir wissen das, weil wir selbst stark in Versuchung waren, uns in einen MBA-Kurs einzuschreiben, um uns etwas Auszeit zu gönnen. Doch so versäumen wir, echte Erfahrungen im richtigen Leben zu sammeln." Von den 50 wichtigsten Managern Amerikas haben übrigens nur fünf einen MBA. Eine davon ist Sheryl Sandberg.
JOCHEN ZENTHÖFER
Sheryl Sandberg: Lean in - Frauen und der Wille zum Erfolg. Econ, Berlin 2013, 312 Seiten, 19,99 Euro
Rob Symington / Dom Jackman / Mikey Howe: Das Escape Manifest. Gabal, Offenbach 2014, 312 Seiten, 24,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwei Ratgeber zum Aussteigen oder Aufsteigen
Gegensätzlicher könnten zwei Ratgeber nicht sein: Sheryl Sandberg, Geschäftsführerin von Facebook, ermutigt alle Frauen, sich aus der Deckung zu wagen und beruflich richtig reinzuhängen. Ausgestiegen sind dagegen drei Männer aus London und New York, sie haben das "Escape Manifest" verfasst: "Das Leben ist kurz, kündigen Sie, fangen Sie etwas Neues an." In ihrem früheren Leben waren Rob Symington, Dom Jackman und Mikey Howe als Manager und Investmentbanker tätig: Gutbezahlte Jobs, um die - dies wünscht sich Sandberg - Frauen unbedingt kämpfen sollten. Frauen boxen sich nach oben, während die Männer die Segel streichen?
Sandberg will mehr Frauen für Führungspositionen in der Wirtschaft motivieren. Zwei Gründe führt sie für das Ungleichgewicht der Geschlechter an: Zum einen müssten sich Frauen in wesentlich höherem Maße beweisen als Männer. In der Tat belegt eine McKinsey-Studie von 2011, dass Männer aufgrund ihres Potentials und Frauen wegen vergangener Erfolge befördert werden. Zum anderen seien Frauen auch deshalb unterrepräsentiert, "weil sie zu wenig für ihr Fortkommen kämpfen". Diese These hat Sandberg heftige Kritik beschert. Denn auf ihrem eigenen Weg nach oben musste sie kaum kämpfen: Als weiße Amerikanerin aus gut situiertem Elternhaus konnte sie nach einem Harvard-Abschluss bei der Weltbank, Google und Facebook arbeiten. Wenn Sandberg über Rückschläge spricht, die sie habe hinnehmen müssen, verweist sie auf eine kinderlose Ein-Jahres-Ehe mit Mitte 20. Inzwischen ist sie 44 Jahre alt und gehört zu den reichsten Frauen der Welt.
Sie rät ihren Geschlechtsgenossinnen, den Arbeitgeber nach dem "größten Wachstum" auszusuchen und den Ehepartner danach, ob dieser bereit sei, nachts die Kinder zu trösten und überhaupt beruflich zurückzustecken. Sie habe beide Ratschläge befolgt und sei damit gut gefahren. Zu ergänzen bleiben ein paar nicht unwesentliche Umstände: Sandbergs Mann kann teilweise von zu Hause aus arbeiten. Ihre Schwester wohnt gleich nebenan und kann jederzeit als Babysitterin einspringen. Für die lästigen Dinge des Lebens - Waschen, Bügeln, Putzen - gibt es Personal in einer Villa, die sich standesgemäß in der Bay Area von Kalifornien befindet.
"Warum arbeiten so viele Menschen in Jobs, die ihnen nichts bedeuten", fragen sich dagegen die drei Aussteiger. Zwei von ihnen gehörten zu den Anzugträgern, die frühmorgens in U-Bahnen Richtung Londoner Finanzviertel fahren, um in fensterlosen Arbeitskäfigen eine Arbeit zu erledigen, die eintönig ist und nichts zum gesellschaftlichen Wohlstand beträgt, aber immerhin gut bezahlt wird. Ausgestiegen sind Symington, Jackman und Howe übrigens freiwillig. Sie raten zu einer erfüllenden beruflichen Tätigkeit, was drei Dinge mit sich bringe. Erstens: die Möglichkeit, das Leben selbst zu gestalten. Zweitens: die Chance, in etwas, was wichtig ist, immer besser und besser zu werden. Drittens: Zahlreiches zu leisten, das im Dienste von etwas Größerem steht als wir selbst. Das Fazit der Autoren lautet: Gründen Sie Ihr eigenes Unternehmen! Finden Sie ein Problem, das Sie stört und auf das Sie sich mit Haut und Haaren stürzen! Im Umgang mit diesem Problem bilde sich allmählich Wissen heraus. "Sammeln Sie nicht länger Qualifikationen", lautet ein weiterer Rat: "Häufig sind Aufbaustudiengänge nichts anderes als eine Form der Verschleppungstaktik. Wir wissen das, weil wir selbst stark in Versuchung waren, uns in einen MBA-Kurs einzuschreiben, um uns etwas Auszeit zu gönnen. Doch so versäumen wir, echte Erfahrungen im richtigen Leben zu sammeln." Von den 50 wichtigsten Managern Amerikas haben übrigens nur fünf einen MBA. Eine davon ist Sheryl Sandberg.
JOCHEN ZENTHÖFER
Sheryl Sandberg: Lean in - Frauen und der Wille zum Erfolg. Econ, Berlin 2013, 312 Seiten, 19,99 Euro
Rob Symington / Dom Jackman / Mikey Howe: Das Escape Manifest. Gabal, Offenbach 2014, 312 Seiten, 24,90 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main