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Die Biografie der Häuser Kurfürstendamm 48-50a wird in fünf Epochen (1870-1970) als Abbild der Geschichte des Boulevards erzählt. Es geht um Bauten, Menschen, ihre Tätigkeiten und Schicksale. Zahlreiche Abbildungen lassen das Leben und Wohnen am Kurfürstendamm im Wandel der Zeit lebendig werden.Die ein Jahrhundert umfassende Geschichte der vornehmen Wohn- und Geschäftshäuser Kurfürstendamm 48-50a am heutigen George-Grosz-Platz erzählt vom Gebäude und seinen Bewohnern als Teil des Boulevards. Hinter Fassaden der Neorenaissance lebten gehobene Kreise in bis zu 500 qm großen Wohnungen. Um 1900…mehr

Produktbeschreibung
Die Biografie der Häuser Kurfürstendamm 48-50a wird in fünf Epochen (1870-1970) als Abbild der Geschichte des Boulevards erzählt. Es geht um Bauten, Menschen, ihre Tätigkeiten und Schicksale. Zahlreiche Abbildungen lassen das Leben und Wohnen am Kurfürstendamm im Wandel der Zeit lebendig werden.Die ein Jahrhundert umfassende Geschichte der vornehmen Wohn- und Geschäftshäuser Kurfürstendamm 48-50a am heutigen George-Grosz-Platz erzählt vom Gebäude und seinen Bewohnern als Teil des Boulevards. Hinter Fassaden der Neorenaissance lebten gehobene Kreise in bis zu 500 qm großen Wohnungen. Um 1900 vom Eigentümer Heinrich Munk, Architekt und Bauunternehmer, errichtet, bot das Haus bis 1919 auch ihm und seiner Familie ein luxuriöses Wohnen. Nach und nach aber wich das Grün der parkähnlichen Höfe Autogaragen und Benzingruben. Das hohe Sockelgeschoss, von Hermann Muthesius 1925 modernisiert, beherbergte ab den Zwanziger Jahren zahlreiche Geschäfte. Im Hof produzierte zeitweise eine Zigarettenfabrik. In den Wohnungen, Läden und Büros haben viele Menschen gelebt, gearbeitet, gefeiert, gelitten. Den Schriftsteller Hans Sahl, der in seiner Jugend im Haus Kurfürstendamm 50 wohnte, zwangen die Nationalsozialisten zur Emigration, andere Bewohner wurden deportiert und ermordet. Das Häuserensemble überstand den Krieg leicht beschädigt und war eine Zuflucht für Ausgebombte, bis sich in der Nachkriegszeit mehr und mehr renommierte Geschäfte etablierten. Die politischen Veränderungen der 1960er Jahre gaben dem Kurfürstendamm und den Häusern 48-50a ein neues Gesicht.
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Autorenporträt
Dorothea Zöbl veröffentlichte mehrere regionalgeschichtliche Publikationen: Das periphere Zentrum: Ort und Entwicklung der Bundes- und Reichsbehörden in Berlin 1866/67-1914, Potsdam 2001; 'Es ist nicht genug jekrohnt zu werden...': Die preußische Königskrönung von 1701 in Königsberg und Berlin, Berlin 2001; Siemens in Berlin. Spaziergänge durch die Geschichte der Elektrifizierung, Berlin 2008; u.a.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2011

Gründerzeit am Kudamm
Die Geschichte eines Eckhauses erzählt den Wirtschaftswandel

"Ich hab so Heimweh nach dem Kurfürstendamm, Berliner Tempo, Betrieb und Tamtam" sang Hildegard Knef im Jahre 1963. Der "Ku'damm" zwischen Gedächtniskirche und Halensee war schon lange zuvor in aller Welt als Flaniermeile berühmt. Angelegt Mitte des 16. Jahrhunderts als Reitweg für die Berliner Kurfürsten in den Grunewald, wollte Reichskanzler Otto von Bismarck daraus die zweiten Champs-Élysées machen. Die ländliche Straße mutierte nach 1885 zum breiten Boulevard mit Dampfstraßenbahn, Theatern, Cafés, Geschäften und vornehmen Wohnhäusern. In diesem Jahr feiert die Platanenallee ihren 125. Geburtstag.

Ende Oktober inszeniert eine Licht- und Laser-Schau die Ku'damm-Architektur bei Nacht. Dabei wird auch das imposante Eckhaus Nr. 48-50 am George-Grosz-Platz angestrahlt. Die Genese des ausladenden Gründerzeit-Komplexes kann man jetzt bei Dorothea Zöbl nachlesen. Das Schicksal des Gebäudes und seiner Mieter dient als Folie für die generelle Geschichte vom Leben, Wohnen und Arbeiten am Kurfürstendamm zwischen 1870 und 1970: "Im Hausensemble 48-50a fokussiert sich die deutsche Geschichte mit ihren erfreulichen, aber auch mit ihren dunklen Seiten."

Das Vorwort hat Margrit Bröhan geschrieben. Sie ist seit dem Jahr 2000 Eigentümerin von Nr. 48-50. Ihr verstorbener Mann, Namensgeber des Charlottenburger Jugendstil-Museums, hatte die Immobilie 1967 erworben. Der Besitzübergang lässt sich aus einer kleinen Liste der Mietparteien von 1970 erraten. Im Text wird dazu nichts gesagt, auch nichts über die Entwicklung seitdem. Einige Fotos von 2009/2010 zeigen immerhin den mächtigen Neo-Renaissance-Bau aktuell und in bestem Zustand.

Das schmucke Doppel-Anwesen besteht aus Vorderhäusern, Seitenflügeln, Quergebäuden und Remise. Es hat sechs Treppenhäuser, drei Fahrstühle und viele Erker, Säulen, Rundbögen und Dachaufbauten. Die üppigen Vorgärten von einst, die parkähnlichen Höfe mit Blumenbeeten und Brunnen sowie die patriotische Bronze-Statue der "Viktoria" auf der Kuppel des Eckturms sind jedoch verschwunden.

Mit Blick auf die Schicht anspruchsvoller, großbürgerlicher Mieter hatte der Bauunternehmer Heinrich Munk 1899/1900 palastähnliche Wohnungen mit bis zu 500 Quadratmetern Fläche konzipiert. Sie waren mit Marmor, Vergoldungen und Glasmalereien ausgestattet und verfügten über Quartiere für Personal, Pferde und Kutschen. Im luxuriösen Ambiente wohnte Munk selbst, bis er 1919 das Gebäude verkaufen musste.

Der neue Eigentümer, eine Grundstücksgesellschaft, verkleinerte aus Renditegründen die Wohnungen, baute das Sockelgeschoss zur Ladenzeile aus und pflasterte die Vorgärten bis zu den Schaufenstern. Im Erdgeschoss logierten fortan ein Feinkostgeschäft, ein Autohaus, ein Juwelier und ein Schreibwarengeschäft. Auch in den Etagen siedelten sich immer mehr Büros, Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe an. In den Höfen produzierte eine Zigarettenfabrik, später ein Pharmaunternehmen sowie eine Schuhfabrik. Die wachsende kommerzielle Nutzung signalisierte den Wandel des Kurfürstendamms von der Wohn- zur Geschäftsstraße.

Trotz gewerblicher Vermietung gelang es jedoch nicht, die Einkünfte zu steigern. Es kam zum krisenbedingten Leerstand. Als 1932 auch noch die altersschwache Siegesgöttin vom Hausdach abgenommen werden musste, wirkte das fast wie ein Symbol für den "Niedergang der Seele des Kurfürstendamms."

Ab 1933 machten die Nationalsozialisten den Kurfürstendamm zu ihrer "Hassmeile". 1939 erklärten sie das Gebiet für "judenfrei". Viele Anwohner wurden zur Emigration gezwungen oder deportiert und ermordet. Auch den Schriftsteller Hans Sahl (1902 bis 1993), der in Nr. 50 groß geworden war, zwangen die Nationalsozialisten zur Flucht. Die Lebensgeschichte des jüdischen Bankiersohnes durchzieht wie ein roter Faden Dorothea Zöbls Dokumentation. Den Zweiten Weltkrieg überstand der Gebäudekomplex 48-50 nur wenig beschädigt. Er wurde zur Zuflucht für Ausgebombte, bis sich in der Nachkriegszeit wieder Geschäfte etablierten. Darunter waren viele Modefirmen, die in den fünfziger und sechziger Jahren den Kurfürstendamm zum Schaufenster des Westens machten.

In der Straße spiegelte sich in dieser Zeit nicht nur das wirtschaftliche und kulturelle, sondern auch das politische Geschehen: 1963 zeigte sich dort John F. Kennedy im Konfettiregen den Berlinern. Fünf Jahre später demonstrierten auf dem Kudamm die Studente.

Bis heute setzt der Kudamm auf Veränderung und Moderne. Siegfried Kracauer nannte ihn 1932 eine "Straße ohne Erinnerung". Für Zöbls Gewährsmann Hans Sahl galt das nicht. Sahl thematisierte noch nach vielen Jahren im New Yorker Exil in seinem Werk das Haus seiner Kindheit, und beinahe wäre er mit 87 Jahren wieder am Kurfürstendamm 50 eingezogen.

ULLA FÖLSING.

Dorothea Zöbl: Leben am Kurfürstendamm.

Gebr. Mann Verlag, Berlin 2011, 248 Seiten, 39 Euro

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