Der etwa 60 jährige Naîm ist Inhaber eines Copy-Shops, in dem Poster von Gefallenen ("Märtyrern") produziert werden. Als er im Jahr 2011 durch einen Blindgänger getötet wird, entsteht zwischen seinem Sohn Salmân, und seinem Neffen Nasr, eine Debatte, ob Naîm Held oder Opfer ist - eine Grundsatzdebatte, die das ganze Buch durchzieht. Später kommt es zu heftigen Zusammenstößen zwischen der Bevölkerung des Lagers und der Gaza-Verwaltung, als es um die Bebauung des Hügels geht, auf dem u.a. Naîms Haus steht. Diese Zusammenstöße zeigen den Versuch der Gesellschaft, sich gegen die wachsende Machtclique zu wehren, die sich nicht scheut, auch die Religion mittels mehr oder weniger Gewalt in ihre Dienste zu nehmen. Der Roman ist ein interessantes und eindrucksvolles "Dokument" des Palästina-"Problems" vom besonderen Blickwinkel des Gazastreifens aus. Dieser Roman ist im Jahre 2014 erschienen. Er steht also in keinerlei unmittelbarem Zusammenhang mit den Ereignissen in Gaza und anderswo in Palästina/Israel seit Anfang Oktober 2023. Dabei werden im Rahmen einer Art Familienroman die entstehenden Strukturen gezeigt, von manchen begrüßt, von anderen ertragen, von wieder anderen bekämpft. Dabei schont der Autor wohl keine Seite: die naiven Mitläufer werden ebenso kritisiert wie die Profitler oder die Widerständler. Es wird die unerbittlich, unaufhaltsam weiterschreitende Etablierung des neuen Machtapparats gezeigt.
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Dieser Roman ist zwar im arabischen Original bereits 2014 erschienen, aber nach wie vor hochaktuell, versichert Kritikerin Claudia Kramatschek: Der palästinensischer Autor Atef Abu Saif nimmt den Anfang beim Tod seines Protagonisten Naim Wardani, der im Gazastreifen gelebt hat und von einem "israelischen Sniper" erschossen wird. Daraufhin entfaltet sich bei Saif die ganze schwierige Geschichte des Gazastreifens von Nakba, Widerstand gegen die israelische Besatzung, Märtyrertum und Hamas, berichtet Kramatschek, die von Saifs lebensnahen Schilderungen sehr überzeugt ist. Aber vor allem beschreibe Saif die Machteroberung durch die Hamas, von der viele Palästinenser auch finanziell profitierten. Dabei vermittelt er ein klares Bild, ob und wie man im Gazastreifen leben kann, ohne zu werten, lobt sie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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