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Eine Zeitreise zum Träumen Von Sanssouci nach Neuschwanstein, vom Säulengebirge des Kölner Doms zum erhebenden Anblick der Burgen am Rhein, vom Trubel des großstädtischen Berlins in beschauliche Fachwerkstädtchen, in denen der Geist der Romantikweht - dieses Buch zeigt, wie Reisende im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Deutschland erlebten.

Produktbeschreibung
Eine Zeitreise zum Träumen
Von Sanssouci nach Neuschwanstein, vom Säulengebirge des Kölner Doms zum erhebenden Anblick der Burgen am Rhein, vom Trubel des großstädtischen Berlins in beschauliche Fachwerkstädtchen, in denen der Geist der Romantikweht - dieses Buch zeigt, wie Reisende im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Deutschland erlebten.
Autorenporträt
Marc Walter ist Grafiker, Buchgestalter, Fotograf und Sammler historischer Fotos.

Sabine Arqué ist Dokumentarin, Bildredakteurin und Autorin. Sie hat an zahlreichen Büchern über Reisethemen, die Geschichte des Tourismus und der Fotografie mitgearbeitet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Trinken, feiern, träumen
Wie man in Deutschland reiste Von Jakob Strobel y Serra

Vor langer Zeit, man glaubt es kaum, war Deutschland ein fröhliches, freundliches Land voller Lebensmut und Feierlaune, bewohnt von Pfundskerlen und Prachtweibern statt Schmarotzern und Jammerlappen, bewundert von berühmten Reisenden, die im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert zwischen Ostsee und Alpen unterwegs waren. Iwan Turgenjew schwärmte von "wohlgestalten Menschen", Théophile Gautier auch und als Franzose speziell von den wohlproportionierten Frauen mit ihren gewagten Dekolletés. Pierre Mac Orlan fand besonderen Gefallen an den lustigen Winzern, während Jean Giraudoux in Bayern einundzwanzig Feiertage während eines einzigen Monats zählte und dabei eine "andauernde Trunkenheit und Ausgelassenheit" erlebte, von der er aus reiner Diskretion behauptete, daß sie "sich im einzelnen nicht beschreiben läßt".

Andere Reisende kamen mit pochendem Herzen nach Deutschland, so wie Henry Wadsworth Longfellow, für den die Burgen des Rheins mystische Orte waren, zu denen er aufstieg, um die "Schritte des fallenden Schnees zu hören, Schritte wie von Engeln, die auf die Erde herabsteigen". Es war eine Zeit, als luxuriöse Expresszüge direkt von London und Paris nach Karlsbad fuhren, als man nach München oder Dresden kam, um eine "Kur in Ästhetik" zu machen, als ein Zeppelin einmal im Monat reiche Südamerikaner für eine Deutschland-Reise in Pernambuco abholte und als Germanien sogar in den Vereinigten Staaten derart beliebt war, daß die Vereinigung der New Yorker Kieferchirurgen ihre Jahrestagung in Heidelberg abhielt. Das war 1912. Der Bildband "Legendäre Reisen in Deutschland" zeigt die Herren, wie sie entspannt im Park des Hôtel de l'Europe für das Gruppenfoto posieren. Sie scheinen nichts zu bereuen.

Dieser Bildband ist eine Fahrt in eine verschwundene Vergangenheit, auch wenn sein Titel in die Irre führt. Denn er beschreibt keine einzelnen Reisen, er heftet sich niemandem an die Fersen, sondern will, wie bei einem Puzzle aus Hunderten von Teilen, aus Fotografien, Zitaten, Fundstücken, die touristische Frühzeit Deutschlands lebendig werden lassen. Deswegen wirkt das Buch wie ein Schnappschußsammelsurium aus hundertfünfzig Jahren Reisegeschichte, entstanden nach vielen Raubzügen bei Antiquaren unter dem Diktat des Zufalls. Das einzige Ordnungsprinzip ist eine Einteilung in die fünf Hauptziele der Tourismuspioniere: den Rhein von Düsseldorf bis zum Schwarzwald, das Herz Deutschlands mit Wartburg und Brocken, die Achse Berlin, Dresden und Sächsische Schweiz, Ost- und Nordsee von Borkum bis Rügen und das Alpenvorland mit den alten Städten an der Donau. Das Besondere dieser fünf Routen wird in kurzen Texten skizziert - der Rhein als romantische Hauptschlagader Europas, die Ostseebäder als Berliner Badestrand -, um es dann mit Zitaten zu verifizieren. Das überläßt man Goethe, Eichendorff und Heine, Dostojewski, Victor Hugo und Mark Twain, Simone de Beauvoir, Scott Fitzgerald oder Hector Berlioz. Akademische Akribie herrscht dabei allerdings nicht immer; so ist Eichendorff mit einem Zitat aus dem Jahr 1866 vertreten, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon lange tot war; hier hat man wohl auf die postum erschienenen "Vermischten Schriften" zurückgegriffen. Und um die "steinerne Wucht" des Ulmer Münsters zu würdigen, wird, wahrscheinlich weil niemand anderes zur Hand war, der italienische Schriftsteller Claudio Magris bemüht, der überaus lebendig ist und schon deshalb kein richtiger legendärer Reisender sein kann.

Legendenhaftes wird man in diesem Buch ohnehin kaum finden, eher das Gegenteil, und genau das ist sein Charme: Es zeigt die Alltäglichkeit des frühen Reisens, es nimmt den Leser mit auf Tour und breitet vor ihm nicht nur Panoramadoppelseiten vom alten Dresden samt Elbe und Brühlscher Terrasse aus, sondern vieles, nur scheinbar Nebensächliches mehr: kolorierte Ansichtskarten mit krakeliger Schrift, ungelenke Erinnerungsfotos vom Ausflug mit dem Pferdefuhrwerk der "Kölner Fremdenrundfahrt" von 1922, freigestellte Fotos verkleideter Kinder bei einem Rosenmontagszug, Faksimiles von Fahrkarten, Landkarten und Speisekarten, Abbildungen von Weinetiketten und Kofferanhängern, sogar eingeklebte Werbezettel von Luxushotels oder Ferienorten wie einer Gemeinde namens Elend im Harz, die aber nicht so aussieht, wie sie heißt, vielleicht weil sie damals einige Berühmtheit als Station auf der Nordhausen-Wernigeroder-Eisenbahn besaß.

Vieles, was man sieht, wirkt in seiner Unbeholfenheit eigenartig anrührend, der scheue Gestus eines Automobilisten, der dem Fortschritt und der Haltbarkeit seines Wagens nicht zu trauen scheint, der zaghafte Blick von Kurgästen in die Kamera, der sich nicht zwischen Neugier und Skepsis entscheiden kann, das verschämte Lächeln von Ausflüglern, die sich wie bei einem verbotenen Vergnügen ertappt fühlen. Es ist, als sei der Tourismus der ersten Tage noch nicht erwachsen gewesen, weit entfernt von der Selbstverständlichkeit und manchmal Gedankenlosigkeit, mit der sich die Menschen das Reisen längst angeeignet haben. Um den Vergleich von einst und jetzt geht es in diesem Buch aber nicht, das die vielen alten Aufnahmen nur sparsam und allein aus ästhetischen Gründen mit Farbfotos von heute kontrastiert. Wenn man jetzt die Baden-Badener Salons im Stil des Ancien régime mit all ihrem vergoldeten Stuck betrachtet, diese ganze leere, kalte Pracht und daneben in ebendiesen Salons die schwebende Eleganz einer Diademe tragenden Gesellschaft in Schwarzweiß, dann spürt man dennoch, daß alles seine Zeit hat.

Doch der Blick zurück mit diesem Buch ist nicht sentimental, nicht nostalgisch. Dazu ist er - beiläufig, ganz unbeabsichtigt - zu erschreckend. Denn man sieht einmal mehr, was alles zerstört, was verloren ist, so viel Schönheit, so viele Schätze, um die wir heute Frankreich, Spanien, England oder Italien beneiden, für die wir diese Länder bewundern, als hätten wir nie etwas Vergleichbares besessen. Natürlich weiß man es längst, aber es ist immer wieder deprimierend, ein Bild von Darmstadt zu betrachten, jener Residenz, in die der örtliche Großherzog ein halbes Dutzend Künstler geholt und ihnen befohlen hatte: "Macht mir Darmstadt zur schönsten Stadt Deutschlands", um diese Aufnahme dann im Kopf mit der Nachkriegskreissparkassenwüstenei zu vergleichen. Auf einem anderen Foto ist der Frankfurter Hauptbahnhof abgebildet, einst erbaut als gründerzeitliches Fanal der Zukunftszuversicht, als historisierende Krönung einer stolzen Stadtkulisse. Er sieht noch immer so aus, doch er ist ein verlorener Findling, ein trauriger Überlebender aus einem ausgelöschten Frankfurt, auf dessen Giebel Atlas die Last der Welt trägt. Leichter ist sie ihm nicht geworden, aber ärmer.

"Legendäre Reisen in Deutschland" - von Marc Walter, Alain Rustenholz und Sabine Arqué. Geo Saison im Frederking & Thaler Verlag, München 2004. 320 S., Abb., geb., 50,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.09.2004

Als das Reisen durch Deutschland noch ein Abenteuer war
Die schönsten Beschreibungen deutscher Landschaften in diesem Bildband über die Reisekultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat der französische Dichter Théophile Gautier beigesteuert. Und da auch die meisten anderen zitierten Erinnerungsstücke von französischen Autoren stammen, begreift man rasch, dass das Buch in Frankreich zusammengestellt worden ist. Es ist der vierte Band der bei Édition Du Chêne - Hachette Livre erschienenen erfolgreichen Reihe „Legendäre Reisen” (Rustenholz / Walter / Arqué: Legendäre Reisen in Deutschland. Frederking & und Thaler Verlag München, 2004. 316 Seiten, 200 Abbildungen, 50 Euro).
Der Blick von außen auf die romantischen Landschaften und die noch unzerstörten Städte und Kurorte Deutschlands hat etwas Erfrischendes. Er erinnert die verbissen dreimal pro Jahr an allen deutschen Sehenswürdigkeiten vorbei ins Ausland rasenden Deutschen daran, dass ihre Mittelgebirge und Flusslandschaften und die in sie eingebetteten Städte einmal zu den wichtigsten Touristenattraktionen Europas außerhalb Italiens und der Schweiz gehört haben. In die dichte Folge historischer Fotografien, Postkarten, Hotelprospekte, Speisekarten und Kofferaufkleber sind immer wieder stimmungsvolle farbige Aufnahmen aus jüngster Zeit eingestreut, die das Weiterleben der alten Mythen bezeugen. Die kolorierte Postkarte vom Ende des 19. Jahrhunderts, die wir hier abbilden, zeigt das Olgabad (links) und den Trinkpavillon im Kurort Wildbad im Schwarzwald, der im 19. Jahrhundert mit viel orientalischem Luxus zum Kultbad ausgebaut worden ist.
G.K.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der Blick auf Deutschland von außen hat etwas Erfrischendes, stellt Rezensent G.K. erfreut fest, relativiere er doch die Heerscharen der ins Ausland reisenden Deutschen, die dort stur und verbissen Kulturdenkmäler abklapperten. In Vergessenheit geraten sei nämlich, so G.K., dass im 19. und frühen 20. Jahrhundert Deutschland mit seinen Mittelgebirgen, großen Flüssen und romantischen Landschaften eine der wichtigsten Touristenattraktionen in Europa gewesen sei, und auch deutsche Städte galten - vor dem Zweiten Weltkrieg - als interessant und besuchenswert. Insofern sei es kein Zufall, dass der vorliegende Band über "Legendäre Reisen in Deutschland" in Frankreich zusammengestellt worden sei: mit historischen Fotografien, reproduzierten Postkarten, Speisezetteln und Kofferaufklebern, die von heutigen Aufnahmen kontrastiert würden und, so G.K., "das Weiterleben alter Mythen" bezeugen. Den schönsten Text dieses Bandes habe übrigens Theophile Gautier beigesteuert, und auch sonst seien vielen der dort zitierten Reisende Franzosen, was sich mit dem Verweis auf die französischen Herausgeber erklären lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH