'Sie erschienen in den östlichen Ausläufern der Cordillera Oriental zu Beginn des Jahres 1662, und schnell verbreitete sich die Kunde über sie. Sie selbst nannten sich nur: Los Constructores, die Baumeister. Spanisches oder portugiesisches Blut mochte in ihnen sein, vielleicht auch anderes, aus nördlicheren Ländern des fernen Europa. Und mit sich führten sie eine Kolonne von indianischen Sklaven, die durch Hunger, Schläge und Erschöpfung gefügig gehalten wurden und hinter den vollgepackten Lamas und Eselfuhrwerken die Erinnerung an die vergangene Größe der Inkareiche mit sich schleppten.'Legende von Schatten erzählt eine eindrucksvolle Geschichte aus der Zeit der Eroberung Südamerikas - mit historischer Präzision und literarischer Farbigkeit.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.09.2013Grausamer Silberabbau
Gierige, skrupellose Spanier, sterbende Sklaven und Minenarbeiter, hinterlistige Inkas, die Machenschaften der katholischen Kirche und Jahrmärkte, die eigentlich gruselige Menschenzoos sind: Das hat Bolivien im siebzehnten Jahrhundert zu bieten. Ein Klima aus Grausamkeiten, Macheten, Magie und Intrigen. Für seinen zweiten Roman "Legende von Schatten" greift Thomas Josef Wehlim tief in den Schlund der Kolonisationsgeschichte und formt aus ihren sämtlichen faulen Zähnen düstere Figuren, die allesamt krimisteuerpflichtig sein müssten.
Allerdings verhandelt der Autor seine Themenstränge, die in verschiedenen Zeiten spielen und mit mehreren antagonistischen Figuren besetzt sind, auf nur 165 Seiten. Manche Fäden bleiben dabei zu dünn. Angelpunkte des episodischen Romans sind zwei Liebesgeschichten und eine fiktive historische Reportage zum Silberbergbau. Für die Gefühle ist der durchschnittlich grausame Leutnant Don Amado zuständig. Mit der Ehebrecherin Ana de Silva bekommt er ein Kind und die Quittung in Form eines verätzten Gesichtes. Später verliebt er sich in eine Hermaphroditin, und diese Geschichte zweier Ausgestoßener gehört in ihrer zwar holzschnittartigen, aber auch überzeugend scharfkantigen Restmenschlichkeit zu den eindrücklichsten Episoden des Buches.
Ähnliches gilt für das Sozialreportagenthema des Romans. Dabei sind die Bedingungen, die der Outlaw Apakani rund um den Silberbergbau in Potosí, einst eine der größten Städte der Welt, schildert, auch heute noch nicht vollständig überholt. Immer noch gibt es ein massives Kinderarbeitsproblem im bolivianischen Bergbau. Das kann selbstverständlich nicht Thema in Wehlims historischem Erzählen sein. Wer sich aber informiert, stellt fest - und das ist ein interessanter Effekt -, dass es zwischen der archaisch wirkenden Brutalität des Romans und der Gegenwart an dieser Stelle keinen bedeutenden Bruch gibt. (Thomas Josef Wehlim: "Legende von Schatten". Edition Rugerup, Rugerup 2013. 165 S., geb., 17,90 [Euro].)
akam
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gierige, skrupellose Spanier, sterbende Sklaven und Minenarbeiter, hinterlistige Inkas, die Machenschaften der katholischen Kirche und Jahrmärkte, die eigentlich gruselige Menschenzoos sind: Das hat Bolivien im siebzehnten Jahrhundert zu bieten. Ein Klima aus Grausamkeiten, Macheten, Magie und Intrigen. Für seinen zweiten Roman "Legende von Schatten" greift Thomas Josef Wehlim tief in den Schlund der Kolonisationsgeschichte und formt aus ihren sämtlichen faulen Zähnen düstere Figuren, die allesamt krimisteuerpflichtig sein müssten.
Allerdings verhandelt der Autor seine Themenstränge, die in verschiedenen Zeiten spielen und mit mehreren antagonistischen Figuren besetzt sind, auf nur 165 Seiten. Manche Fäden bleiben dabei zu dünn. Angelpunkte des episodischen Romans sind zwei Liebesgeschichten und eine fiktive historische Reportage zum Silberbergbau. Für die Gefühle ist der durchschnittlich grausame Leutnant Don Amado zuständig. Mit der Ehebrecherin Ana de Silva bekommt er ein Kind und die Quittung in Form eines verätzten Gesichtes. Später verliebt er sich in eine Hermaphroditin, und diese Geschichte zweier Ausgestoßener gehört in ihrer zwar holzschnittartigen, aber auch überzeugend scharfkantigen Restmenschlichkeit zu den eindrücklichsten Episoden des Buches.
Ähnliches gilt für das Sozialreportagenthema des Romans. Dabei sind die Bedingungen, die der Outlaw Apakani rund um den Silberbergbau in Potosí, einst eine der größten Städte der Welt, schildert, auch heute noch nicht vollständig überholt. Immer noch gibt es ein massives Kinderarbeitsproblem im bolivianischen Bergbau. Das kann selbstverständlich nicht Thema in Wehlims historischem Erzählen sein. Wer sich aber informiert, stellt fest - und das ist ein interessanter Effekt -, dass es zwischen der archaisch wirkenden Brutalität des Romans und der Gegenwart an dieser Stelle keinen bedeutenden Bruch gibt. (Thomas Josef Wehlim: "Legende von Schatten". Edition Rugerup, Rugerup 2013. 165 S., geb., 17,90 [Euro].)
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