Im vorliegenden Buch verarbeitet die Autorin ihre langjährigen Erfahrungen an verschiedenen Schulen. Sie unterrichtete an allen gängigen Schulformen in 13 Schulstufen bis zum Abitur.Durch beständige Fortbildung verschaffte sie sich selbst einen Überblick über Möglichkeiten , ertragreich gemeinsam mit jungen Menschen zu lernen.Sie war Mitarbeiterin in Projekten zur individuellen Förderung und bildete gemeinsam mit einer Kollegin Konfliktschlichter aus. Außerdem führte sie eine schulinterne Lehrerfortbildung durch und betreute junge Kollegen mit viel Freude und gegenseitigem Gewinn. Schließlich entschied sie sich dazu, sich vorzeitig und noch gesund aus dem aktiven Schuldienst zu verabschieden, um ihre Erfahrungen und Einsichten einem größeren Publikum zur Verfügung zu stellen, in der Hoffnung, dass Erziehungsberechtigte, Politiker, Lehrkräfte, Lehramtsstudierende und diejenigen, die für das schulische Bildungswesen verantwortlich sind, dazu anzuregen, mit dazu beizutragen, dass notwendige Änderungen gefunden und umgesetzt werden.
Buchbesprechung Bettina Lorenzen: Lehrer - ausgebrannt und heißbegehrt Allenthalben erreichen uns Nachrichten über Unzulanglichkeiten und Mangel, die unser Bildungssystem betreffen. Und fast jeder hat in seinem Umfeld Erfahrungen gemacht - sei es durch die Erfahrungen der eigenen Kinder oder denjenigen in Verwandtschaft oder Nachbarschaft - die das bestatigen. 'Wir brauchen Schulfrieden' - so lautet die Uberschrift in einem Spiegel- Interview mit der Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und dem Prasidenten der Kultusministerkonferenz, Helmut Holter (Der Spiegel Nr. 35, 25.8.2018, S.38-39). Darin ist der Satz zu lesen: 'Die Lehrer wollen verstandlicherweise auch mal Ruhe an den Schulen haben, zehn Jahre ohne große Umstürze.' Aus dem übrigen Interview geht jedoch hervor, dass beide Experten reichlich ratlos vor den Ruinen der Bildungsreformlandschaft in Deutschland stehen ... und außer allgemeinen Satzen nicht viel zustande bringen. Michael Stürmer schreibt in der 'Welt' vom 16.8.18 von der Schule als einer 'Werkstatt der Ideologen', dass statt der vordringlich propagierten Vereinheitlichung und Standardisierung mehr innere und außere Differenzierung notwendig sei. Die Schule als 'Versuchswerkstatt für Ideologen und Ideologien', so schreibt Stürmer weiter, bestehe vor der 'Stunde der Wahrheit' mitnichten. Ruhe an Schulen brauchen wir vielleicht, aber noch mehr schopferisches Denken, würde Bettina Lorenzen sagen, die ein weiteres Buch über diese 'Landschaft', geschrieben hat, eine Lehrerin, die selbst die Hohepunkte und Niederungen der Bildungs- und Erziehungslandschaft erfuhr und jahrelang engagiert an alternativen Schulmodellen mitarbeitete. Bettina Lorenzen steigt ein über ihre Kindheits- und Jugenderfahrungen, an die sie sich erinnern kann. Man merkt, dass sie sehr in sich gegangen ist, um moglichst viel an Gewesenem und auch Verschüttetem hervorzuholen, das die Strukturen ihrer eigenen Erziehungsbiografie deutlich werden lasst. Das ist geschickt geschrieben, man ist neugierig, liest weiter, entdeckt Parallelen zu einem selbst - und zu denjenigen Ereignissen in Schule und Umfeld, die einen damals an dem Sinn der Erwachsenen-Institution Schule zweifeln ließ. Das Buch zeigt sich in weiten Teilen eingangig, ohne auf Strukturen und Pramissen zu verzichten, was viele an unserem Bildungssystem vermissen und was sich relativ leicht einrichten ließe, wenn wir es denn nur wollten. Aber dürfen Lehrerinnen und Lehrer eigentlich überhaupt 'wollen'? Oder 'sollen' sie nur das ausführen, was sich kinderferne Nichtpadagogen ausgedacht haben und was oft zu Frust, Burnout und Flucht in die Krankheit führt? Bettina Lorenzen schreibt ausführlich über ihre leitende Tatigkeit an einer privaten Versuchsschule. Dazu musste sie sich als Beamtin entlassen lassen - man hore und staune. Es sei nicht im Interesse des Landes, sie für die Tatigkeit an der Versuchsschule zu beurlauben, hieß es aus dem Ministerium. Viele waren da 'eingeknickt', Bettina Lorenzen tat es jedoch nicht. Die Lust, Neues auszuprobieren, gewann die Oberhand, trotz erheblicher finanzieller Nachteile. Ein großes Anliegen war es für sie, die Kontakte zu den Eltern zu verstarken, sie am Bildungsauftrag und an methodischen Konzepten zu beteiligen. Auch schreibt sie vieles über die Benachteiligung sensibler und hochbegabter Schülerinnen und Schüler im Schulbetrieb. Der Katalog, den Bettina Lorenzen über Anderungen im schulischen Bildungssystem aufstellt, die ihrer Meinung nach notwendig sind, ist lang, gut lesbar und so geschrieben, dass man sich fragt, wieso diese Maßnahmen nicht schon langst selbstverstandlich sind. Die Autorin entwickelt ein komplettes Konzept für Aufbau und Gestaltung einer Schule; beachtenswert ist dabei Ihr Einsatz für eine Verstarkung der kümmerlich unterreprasentierten asthetischen Facher und des epochalen, facherübergreifenden Unterrichts. Schließlich stellt sie die Schulpflicht in Frage und schlagt stattdessen das 'Bildungsrecht' vor. Die dafür hier notwendigen Anderungen ermuntern dazu, diese umgehend einzuleiten. Bettina Lorenzen hat aus ihrer Erfahrung heraus ein Modell für eine menschenwürdige Schule entworfen, die gleichermaßen vieles für Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende zu bieten hatte. Ihre Ausführungen sind weit entfernt von umfangreichen Abhandlungen, ohne dass es dem Werk an Pragnanz und Eingangigkeit mangelt. In Schulkollegien konnte das Buch als Leitfaden zur Uberprüfung unmittelbar umzusetzender kommunikativer Verbesserungen vor Ort dienen. Prof. Dr. Klaus-Ove Kahrmann