Die Auswirkungen der neuen Lernkultur sind für mich als ehrenamtlichen Lesetrainer und sicher für viele Kollegen und Hausaufgabenbetreuer täglich zu spüren. Deswegen habe ich dieses Buch gekauft und in einem Satz verschlungen.
Der Autor beschreibt, wohin es führen wird, wenn die
Elementartechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht mehr beherrscht werden, weil die Beschäftigung damit der…mehrDie Auswirkungen der neuen Lernkultur sind für mich als ehrenamtlichen Lesetrainer und sicher für viele Kollegen und Hausaufgabenbetreuer täglich zu spüren. Deswegen habe ich dieses Buch gekauft und in einem Satz verschlungen.
Der Autor beschreibt, wohin es führen wird, wenn die Elementartechniken wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht mehr beherrscht werden, weil die Beschäftigung damit der modernen Auffassung vom Lernen nicht standhält. Am Beispiel der Handschrift erläutert der Autor das so: „Warum sollte man es denn ihnen [den Kindern] unnötig schwer machen mit all den geschwungenen Linien, die die lateinische Schreibschrift verlangt? So erfand man eine ´vereinfachte Ausgangsschrift´ mit weniger Schwüngen und Kringeln. Wurde die Handschrift seither besser und geläufiger? Im Gegenteil. Nun, warum dann überhaupt noch auf einer Schreibschrift bestehen? Druckbuchstaben tun es doch auch.“ Das ist leider Realität. Wie so oft heutzutage: Plagen ist out. Lieber reduziert man die Anforderungen. An anderer Stelle im Buch schreibt der Autor zu dieser Entwicklung: „In allen Bildungsstandards drängen die soft skills nach vorn. Hard skills wie Kopfrechnen, Rechtschreibung, Memorieren werden widerwillig mitgeschleppt und erodieren. Sie gelten nicht mehr als mentale Elementartechniken, nicht mehr als Unterbau höherer Leistungen, sondern unter der Würde von Kindern, die durch kreatives Entdecken statt durch Pauken vorankommen sollen.“ Und dann folgt das wunderbare Beispiel vom Fußballtrainer, der Kraft- und Konditionstraining auf eine Aufwärmphase reduziert, um mehr Zeit fürs Eigentliche (für das Fußballspielen) zu gewinnen. Damit sägt man an dem Ast, auf dem das Eigentliche sitzt.
Nachdem sich der Autor ausführlich und mit anschaulichen Beispielen mit dem Kompetenzwahn in der Schulpolitik und mit dem Inklusionswahn auseinandergesetzt hat, beschreibt er die Rolle des Lehrers, wohin sie sich entwickelt und worin sie eigentlich besteht. Lehrer dürfen sich nicht zu Kompetenzbeschaffungsgehilfen degradieren lassen. Frontalunterricht, richtig gestaltet, ist gemeinsame „Jetztzeit“, und Grundlage für Wiederholung, Vertiefung usw. Die Lehrer „zeigen“ den Schülern etwas und entfachen Interesse, das dann wiederholt, variiert und vertieft wird, und zwar in der Klasse, in Kleingruppen, bei Hausaufgaben usw.
Als ehrenamtlicher Lesetrainer dachte ich beim Lesen oft auch an die Blogbeiträge auf meiner Internetseite: Aus der Praxis, für die Praxis! Weil es letztlich nicht auf die Schulbürokratie, sondern auf die Lehrer ankommt, besteht noch Hoffnung!
Siegbert Rudolph - der-lesekoch.de