In den Jahren um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde die Leipziger Innenstadt, die sich in ihren Ausmaßen und ihrer Grundstruktur seit dem 14. Jahrhundert nicht verändert hatte, gewissermaßen neu erbaut. Zahllose Gebäude der Renaissance, des Barock und des Klassizismus wurden rücksichtslos abgerissen. An ihre Stelle traten die gewaltigen, oft genug protzigen Bauten der Gründerzeit und des Historismus. In Leipzig entstanden ganz neue Häusertypen wie Messepaläste, Passagenbauten, Kaufhäuser, Pelzwarenkontore und als Krönung der Monumentalbau des Hauptbahnhofes. Am Ende dieses Umbauprozesses war aus der kleinen, etwas verschlafenen Stadt eine pulsierende Metropole der Moderne geworden. Das neue Medium der Ansichtskarte reagierte unverzüglich. In abertausenden Aufnahmen wurde das Bild der "neuen Stadt" in aller Welt verbreitet. Aber nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl dieser Fotos wurde von Hand koloriert (die Farbfotografie entstand erst später) und farbig gedruckt. Das Buch versammelt eine umfassende Auswahl dieser kolorierten Ansichtskarten des Leipziger Stadtzentrums und der inneren Vorstädte. Die historischen Ansichten werden ergänzt durch Vergleichsfotos vom heutigen Zustand. Auf diese Weise entsteht ein verblüffend lebendiges Bild der Stadt um die Jahrhundertwende - und von den schweren Schäden, die das Stadtbild im Laufe des 20. Jahrhunderts erlitten hat.