Lelia - schön und reich, begehrenswert und unnahbar - steht im Zentrum dieser Geschichte von Liebe und Leidenschaft, Sinnlichkeit und Frigidität, Wahnsinn, Mord und Selbstmord. In diesem dialogisch aufgebauten Roman, der im nachrevolutionären Frankreich spielt, verzehren sich Stenio, der adonisgleiche junge Dichter, und Magnus, der mysteriöse irische Priester, in leidenschaftlichem Begehren nach der unerreichbaren Frau, die selbst um ihre Bestimmung ringt. Vergeblich versuchen ihre Schwester Zinzolina, die als noble Kurtisane Pulcheria das Lustprinzip verkörpert, und der geläuterte Lebensphilosoph Trenmor zu helfen: das Drama nimmt seinen Lauf.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.04.19971833
Georg Sand "Lelia"
Schön, mondän, klug, Männer und Frauen bezaubernd, fasziniert vom Leben und der Liebe (so etwas wie die Françoise Sagan ihrer Zeit, aber wandelbarer, und doch aus festerer Materie, so daß sie sich fast ein halbes Jahrhundert lang hielt) - das war George Sand damals, Anfang der dreißiger Jahre. 1832 hatte sie "Indiana" geschrieben, eine großartig gefühlvolle Geschichte voller Liebe und Exotik, jetzt, und nun kam der Skandal hinzu, brachte sie "Lelia" heraus, einen fast unverstehbar komplizierten Roman, aber so voller Leidenschaft und Aufbegehren gegen alle Konventionen des Lebens, der Liebe, des Glaubens, und wenigstens nach der Meinung der Eingeweihten so sehr nach dem wahren Leben der vielberedeten Autorin geschrieben, daß er nun doch ganz einfach schien. Denn wie immer (damals, als Goethe den "Werther", noch mehr, als Schlegel die "Lucinde" schrieb) träumten alle jungen Frauen und Mädchen mehr, als sie hätten dürfen, und keine noch so komplizierte Kunstform (die uns Spätere nun schrecken kann) machte es ihnen schwer, ihre kühnen Träume hier wiederzufinden. Die Sand hat niemals wieder etwas Vergleichbares gemacht, ja, sie hat hinter den sich wandelnden Botschaften, die sie dann schreibselig gerade auch unter das minder träumende Publikum bringen wollte, beinahe absichtsvoll vergessen gemacht, was in ihr selber einst gegärt hatte. Erst wenn wir heute diesen mit den Jahren halb esoterisch gewordenen Roman lesen, kann uns dämmern, was für eine leidenschaftlich Schreibende auch alle ihre späten Geschichten im Innern noch bewegt, und wir verstehn Flaubert besser, der seine für ihn jugendlich gebliebene Freundin so verehrt, und wir verstehn jenen Kustos in Nohant, der noch heute, wenn er die Besucher durchs Schlößchen führt, überall jene wunderbare Frau zu sehen scheint. (George Sand: "Lelia". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Anna Wheill. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1984. 289 S., br., 16,- DM. Aus dem Französischen neu übertragen von Heidrun Hemje-Oltmanns, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1993, 363 S., br., 16,90 DM.) R.V.
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Georg Sand "Lelia"
Schön, mondän, klug, Männer und Frauen bezaubernd, fasziniert vom Leben und der Liebe (so etwas wie die Françoise Sagan ihrer Zeit, aber wandelbarer, und doch aus festerer Materie, so daß sie sich fast ein halbes Jahrhundert lang hielt) - das war George Sand damals, Anfang der dreißiger Jahre. 1832 hatte sie "Indiana" geschrieben, eine großartig gefühlvolle Geschichte voller Liebe und Exotik, jetzt, und nun kam der Skandal hinzu, brachte sie "Lelia" heraus, einen fast unverstehbar komplizierten Roman, aber so voller Leidenschaft und Aufbegehren gegen alle Konventionen des Lebens, der Liebe, des Glaubens, und wenigstens nach der Meinung der Eingeweihten so sehr nach dem wahren Leben der vielberedeten Autorin geschrieben, daß er nun doch ganz einfach schien. Denn wie immer (damals, als Goethe den "Werther", noch mehr, als Schlegel die "Lucinde" schrieb) träumten alle jungen Frauen und Mädchen mehr, als sie hätten dürfen, und keine noch so komplizierte Kunstform (die uns Spätere nun schrecken kann) machte es ihnen schwer, ihre kühnen Träume hier wiederzufinden. Die Sand hat niemals wieder etwas Vergleichbares gemacht, ja, sie hat hinter den sich wandelnden Botschaften, die sie dann schreibselig gerade auch unter das minder träumende Publikum bringen wollte, beinahe absichtsvoll vergessen gemacht, was in ihr selber einst gegärt hatte. Erst wenn wir heute diesen mit den Jahren halb esoterisch gewordenen Roman lesen, kann uns dämmern, was für eine leidenschaftlich Schreibende auch alle ihre späten Geschichten im Innern noch bewegt, und wir verstehn Flaubert besser, der seine für ihn jugendlich gebliebene Freundin so verehrt, und wir verstehn jenen Kustos in Nohant, der noch heute, wenn er die Besucher durchs Schlößchen führt, überall jene wunderbare Frau zu sehen scheint. (George Sand: "Lelia". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Anna Wheill. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1984. 289 S., br., 16,- DM. Aus dem Französischen neu übertragen von Heidrun Hemje-Oltmanns, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1993, 363 S., br., 16,90 DM.) R.V.
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