Lena ist Schauspielerin gewesen, bis sie nach dem Tod ihrer Mutter zurück in die Kleinstadt geht, als sei sie in der Hälfte des Lebens schon am Ende. Sie trifft ihren früheren Geliebten Ludwig wieder, der Priester war, bis er "die Wirklichkeit der Wahrheit vorzog". Lena weiß: "Das von früher, das geht nicht mehr." Sie sucht nach einer Ordnung in ihrem Leben und in ihren Gefühlen zu Ludwig.
Lena mietet sich bei Dahlmann ein, der die große Liebe ihrer Mutter war, aber nur ihr Trauzeuge wurde. Dahlmann hat ein Geheimnis. Auf der Spur seiner Vergangenheit fährt Lena nach Auschwitz und entdeckt eine Kleinstadt in der Provinz.
"Wer erzählt, hat eine Frage." Judith Kuckart erzählt die anrührende Geschichte einer eigenwilligen Frau. Je tiefer man eindringt in ihre Verstrickungen, desto mehr Fragen tun sich auf, und auch die Antworten geraten in die Schwebe zwischen Wirklichkeit und Wunsch: Warum ist jedes Erkennen ein Wiedererkennen? Warum ist die Erinnerung an die Liebe stärker als die Liebe selbst? Warum passt das Leben manchmal so schlecht wie ein falsches Kleidungsstück?
Ein Roman über das Fehlen von Trost und die Ungewissheit von Liebe: "Immer diese Sehnsucht nach Momenten, die nie geschehen sind."
Lena mietet sich bei Dahlmann ein, der die große Liebe ihrer Mutter war, aber nur ihr Trauzeuge wurde. Dahlmann hat ein Geheimnis. Auf der Spur seiner Vergangenheit fährt Lena nach Auschwitz und entdeckt eine Kleinstadt in der Provinz.
"Wer erzählt, hat eine Frage." Judith Kuckart erzählt die anrührende Geschichte einer eigenwilligen Frau. Je tiefer man eindringt in ihre Verstrickungen, desto mehr Fragen tun sich auf, und auch die Antworten geraten in die Schwebe zwischen Wirklichkeit und Wunsch: Warum ist jedes Erkennen ein Wiedererkennen? Warum ist die Erinnerung an die Liebe stärker als die Liebe selbst? Warum passt das Leben manchmal so schlecht wie ein falsches Kleidungsstück?
Ein Roman über das Fehlen von Trost und die Ungewissheit von Liebe: "Immer diese Sehnsucht nach Momenten, die nie geschehen sind."
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.04.2002Liebt Lena Ludwig?
Im Rückspiegel: Judith Kuckarts deutsch-polnisches Roadmovie
Die wundersamen Buchumschläge des DuMont Verlags geben oft, wenn man sie auffaltet und wendet, ein kleines Geheimnis preis. Diesmal findet sich auf der Rückseite ein Rückspiegel, und darin sehen wir einen Ausschnitt genau jener unscheinbaren Landschaft mit Schotterstraße und einsamem Fußgänger, die auf der Vorderseite abgebildet ist. Welchem Anblick aber sollen wir hier trauen? Bietet das vordere Panoramabild einen vollständigen Blick geradeaus, oder setzt es sich ganz aus Rückblicken und Spiegelungen zusammen? Sitzen wir in einem Wagen, der dem Fußgänger auf der Landstraße folgt, oder haben wir ihn gerade überholt?
Auch die wundersame Reisegeschichte, die Judith Kuckart uns in ihrem neuen Roman erzählt, ist voll solcher Irritationen, denn durch Vorwegnahme und Rückschau, durch Spiegelung und Projektion revidiert sie immer wieder, was wir zu sehen und verstehen glauben, und zögert bis zuletzt, uns einen Panoramablick auf das Geschehen zu eröffnen. Schon die einfachsten Begegnungen unterwegs stellen sich im Rückspiegel oft seltsam dar: "Eine Frau steht am Straßenrand und hält eine Ziege fest. Lena fährt langsam vorbei. Im Rückspiegel, scheint ihr, schaut die Frau wie eine Ziege und die Ziege wie eine Frau hinter dem Auto aus dem Westen her, das noch nicht geklaut worden ist." Erst recht aber die wahre Distanz oder Nähe dessen, was rückblickend erscheint, bleibt irritierend ungewiß: "Objects in mirror are closer than they appear", stand warnend auf dem Rückspiegel des amerikanischen Mietwagens, mit dem die Titelfigur Lena einst durch Nevada fuhr. Jetzt folgen wir ihrer Autofahrt durch Polen auf dem Rückweg nach Berlin und fragen uns fortwährend, ob ihr Orientierungs- und vor allem Richtungssinn solche Warnhinweise überhaupt registriert.
Magdalena Krings ist knapp vierzigjährig und stürzt sich aus den Sicherungsanlagen des Berufs ins Abenteuer einer ungewissen Zukunft, in der alles aufs schönste möglich scheint. Auf offener Bühne kündigt sie ihr erfolgreiches Engagement beim Theater, weil sie von Eindrücken, die ihr nicht selbst gehören, nicht leben will. Der Tod der Mutter führt sie dann in jene westdeutsche Kleinstadt, wo sie aufgewachsen ist. Unversehens gerät Lena sehr bald in die Bahnen eines Lebens, das sie hinter sich zu haben glaubte, und doch nimmt sie die alten Spuren jetzt teils zögernd, teils neugierig wieder auf. Besonders die unerwartete Begegnung mit ihrer alten Jugendflamme namens Ludwig bietet einige Gelegenheit zu nachholendem Gefühlsvollzug; das Wort "Liebe" aber wird gemieden, weil das so Bezeichnete angeblich meist in einer Dreizimmerwohnung endet.
Dazu soll es nicht kommen. Die Affäre mit einem jungen Mann, der Fußball spielt und nach dem Weichspüler seiner Mutter riecht, sowie das polnische Freundschaftsspiel der Fußballjugend geben ihr erneut Anlaß zum Aufbruch. Unter einem journalistischen Vorwand und mit dem Gaspedal ihren Gemütszustand regulierend, reist Lena dem Mannschaftsbus nach Oswiecim hinterher, dem "Kaff vor Rußland", wie die Spieler wissen, das zu deutsch Auschwitz heißt. Doch auch dort, wo das schlechte Gewissen eines Deutschen, wie es heißt, besser als der polnische Alltag funktioniert, trifft Lena unerwartet auf Bekanntes. Ihre Lebensgeschichte verschränkt sich zunehmend mit Erinnerungen an die Mutter und Eindrücken von deren Jugendliebe Dahlmann, der früher diese Kleinstadt als Sohn des Lageraufsehers kannte und sie jetzt nach langen Jahren wiedersieht. Das Fußballspiel in Auschwitz endet mit einem klaren Sieg der Polen sechs zu eins (auf Drängen des Trainers hat der polnische Torwart einen Ball als Friedenszeichen durchgelassen). Lenas Leben aber bleibt unentschieden und geht, wie sie es nennt, "in die Verlängerung".
Erzählt wird all dies nicht in klarer Überschau, sondern in ständigen Faltungen und Zeitsprüngen, die sich nicht leicht zu einem Bild zusammenfügen. Stärker noch als in "Der Bibliothekar", ihrem letzten Roman, bricht Kuckart den Erzählfluß in Erinnerungsfragmente, Ausschnitte, Rückblenden und sich überlagernde Momentaufnahmen. Trotz der schlichten, oft protokollhaft reduzierten Sätze bleibt man als Leser vielfach im Ungewissen, was genau geschieht und vor allem, wie man es zuordnen soll. Denn Lenas Erinnerung speist sich aus Erlebtem ebenso wie aus mittelbar Erfahrenem, sie nimmt Erzähltes wie Geträumtes auf und reflektiert Ersehntes. Diese Schichten durch Lektüre aufzuspüren ist streckenweise durchaus spannend, führt aber letztlich dazu, daß wir an der Kunstfertigkeit der Darstellung mehr Anteil nehmen als am Schicksal der Figuren, von denen sie uns eigentlich erzählt.
Zu reich ist die Fülle der Motive, zu viele Stränge laufen nebeneinander her, als daß sie sich verknüpfen ließen und wir an einem von ihnen überhaupt noch selbst anknüpfen möchten. Zumal der Roman eine Neigung zum Sentenzenhaften zeigt, die auch dadurch nicht erträglicher wird, daß Kleriker und Renegaten tragende Rollen übernehmen. "Schreiben hat mit Gott zu tun", lernen wir bei Gelegenheit, oder "Glaube ist eine Haltung". Dem mag man nicht widersprechen. Und wenn wir erfahren, "Wer erzählt, hat eine Frage", wissen wir, was uns hier fehlt: Dieser facettenreiche Roman macht nicht recht klar, welche Frage die Erzählerin hat. Die Rückblicke entlang der Reise, die sie bietet, allerdings sind fraglos schön.
TOBIAS DÖRING
Judith Kuckart: "Lenas Liebe". Roman. DuMont Verlag, Köln 2002. 303 S., geb., 22,90.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Im Rückspiegel: Judith Kuckarts deutsch-polnisches Roadmovie
Die wundersamen Buchumschläge des DuMont Verlags geben oft, wenn man sie auffaltet und wendet, ein kleines Geheimnis preis. Diesmal findet sich auf der Rückseite ein Rückspiegel, und darin sehen wir einen Ausschnitt genau jener unscheinbaren Landschaft mit Schotterstraße und einsamem Fußgänger, die auf der Vorderseite abgebildet ist. Welchem Anblick aber sollen wir hier trauen? Bietet das vordere Panoramabild einen vollständigen Blick geradeaus, oder setzt es sich ganz aus Rückblicken und Spiegelungen zusammen? Sitzen wir in einem Wagen, der dem Fußgänger auf der Landstraße folgt, oder haben wir ihn gerade überholt?
Auch die wundersame Reisegeschichte, die Judith Kuckart uns in ihrem neuen Roman erzählt, ist voll solcher Irritationen, denn durch Vorwegnahme und Rückschau, durch Spiegelung und Projektion revidiert sie immer wieder, was wir zu sehen und verstehen glauben, und zögert bis zuletzt, uns einen Panoramablick auf das Geschehen zu eröffnen. Schon die einfachsten Begegnungen unterwegs stellen sich im Rückspiegel oft seltsam dar: "Eine Frau steht am Straßenrand und hält eine Ziege fest. Lena fährt langsam vorbei. Im Rückspiegel, scheint ihr, schaut die Frau wie eine Ziege und die Ziege wie eine Frau hinter dem Auto aus dem Westen her, das noch nicht geklaut worden ist." Erst recht aber die wahre Distanz oder Nähe dessen, was rückblickend erscheint, bleibt irritierend ungewiß: "Objects in mirror are closer than they appear", stand warnend auf dem Rückspiegel des amerikanischen Mietwagens, mit dem die Titelfigur Lena einst durch Nevada fuhr. Jetzt folgen wir ihrer Autofahrt durch Polen auf dem Rückweg nach Berlin und fragen uns fortwährend, ob ihr Orientierungs- und vor allem Richtungssinn solche Warnhinweise überhaupt registriert.
Magdalena Krings ist knapp vierzigjährig und stürzt sich aus den Sicherungsanlagen des Berufs ins Abenteuer einer ungewissen Zukunft, in der alles aufs schönste möglich scheint. Auf offener Bühne kündigt sie ihr erfolgreiches Engagement beim Theater, weil sie von Eindrücken, die ihr nicht selbst gehören, nicht leben will. Der Tod der Mutter führt sie dann in jene westdeutsche Kleinstadt, wo sie aufgewachsen ist. Unversehens gerät Lena sehr bald in die Bahnen eines Lebens, das sie hinter sich zu haben glaubte, und doch nimmt sie die alten Spuren jetzt teils zögernd, teils neugierig wieder auf. Besonders die unerwartete Begegnung mit ihrer alten Jugendflamme namens Ludwig bietet einige Gelegenheit zu nachholendem Gefühlsvollzug; das Wort "Liebe" aber wird gemieden, weil das so Bezeichnete angeblich meist in einer Dreizimmerwohnung endet.
Dazu soll es nicht kommen. Die Affäre mit einem jungen Mann, der Fußball spielt und nach dem Weichspüler seiner Mutter riecht, sowie das polnische Freundschaftsspiel der Fußballjugend geben ihr erneut Anlaß zum Aufbruch. Unter einem journalistischen Vorwand und mit dem Gaspedal ihren Gemütszustand regulierend, reist Lena dem Mannschaftsbus nach Oswiecim hinterher, dem "Kaff vor Rußland", wie die Spieler wissen, das zu deutsch Auschwitz heißt. Doch auch dort, wo das schlechte Gewissen eines Deutschen, wie es heißt, besser als der polnische Alltag funktioniert, trifft Lena unerwartet auf Bekanntes. Ihre Lebensgeschichte verschränkt sich zunehmend mit Erinnerungen an die Mutter und Eindrücken von deren Jugendliebe Dahlmann, der früher diese Kleinstadt als Sohn des Lageraufsehers kannte und sie jetzt nach langen Jahren wiedersieht. Das Fußballspiel in Auschwitz endet mit einem klaren Sieg der Polen sechs zu eins (auf Drängen des Trainers hat der polnische Torwart einen Ball als Friedenszeichen durchgelassen). Lenas Leben aber bleibt unentschieden und geht, wie sie es nennt, "in die Verlängerung".
Erzählt wird all dies nicht in klarer Überschau, sondern in ständigen Faltungen und Zeitsprüngen, die sich nicht leicht zu einem Bild zusammenfügen. Stärker noch als in "Der Bibliothekar", ihrem letzten Roman, bricht Kuckart den Erzählfluß in Erinnerungsfragmente, Ausschnitte, Rückblenden und sich überlagernde Momentaufnahmen. Trotz der schlichten, oft protokollhaft reduzierten Sätze bleibt man als Leser vielfach im Ungewissen, was genau geschieht und vor allem, wie man es zuordnen soll. Denn Lenas Erinnerung speist sich aus Erlebtem ebenso wie aus mittelbar Erfahrenem, sie nimmt Erzähltes wie Geträumtes auf und reflektiert Ersehntes. Diese Schichten durch Lektüre aufzuspüren ist streckenweise durchaus spannend, führt aber letztlich dazu, daß wir an der Kunstfertigkeit der Darstellung mehr Anteil nehmen als am Schicksal der Figuren, von denen sie uns eigentlich erzählt.
Zu reich ist die Fülle der Motive, zu viele Stränge laufen nebeneinander her, als daß sie sich verknüpfen ließen und wir an einem von ihnen überhaupt noch selbst anknüpfen möchten. Zumal der Roman eine Neigung zum Sentenzenhaften zeigt, die auch dadurch nicht erträglicher wird, daß Kleriker und Renegaten tragende Rollen übernehmen. "Schreiben hat mit Gott zu tun", lernen wir bei Gelegenheit, oder "Glaube ist eine Haltung". Dem mag man nicht widersprechen. Und wenn wir erfahren, "Wer erzählt, hat eine Frage", wissen wir, was uns hier fehlt: Dieser facettenreiche Roman macht nicht recht klar, welche Frage die Erzählerin hat. Die Rückblicke entlang der Reise, die sie bietet, allerdings sind fraglos schön.
TOBIAS DÖRING
Judith Kuckart: "Lenas Liebe". Roman. DuMont Verlag, Köln 2002. 303 S., geb., 22,90
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Gegen Vergessen hilft nur Erinnern"
Lenas Liebe
Lena - Ende 30 -, eine ehemalige Schauspielerin, trifft nach dem Tod der Mutter in ihrer Heimatstadt ihre ehemals große Liebe - Ludwig - wieder. Dieser war Priester geworden, war aber eines Morgens aufgewacht und "hatte einfach aufgehört zu glauben" und die Wirklichkeit der Wahrheit vorgezogen. Lena völlig verunsichert, auf der Suche nach Ordnung und einem tieferen Sinn in ihrem Leben, will sich über ihre wahren Gefühle für Ludwig klar werden. Obwohl sie für Ludwig immer noch was empfindet, verliebt sie sich in den wesentlich jüngeren Torwart einer Fußballmannschaft. Während dieser - wenn auch nur sehr kurzen - Affäre lässt sie die gemeinsame Vergangenheit mit Ludwig Revue passieren. Am Ende bleibt ihr jedoch lediglich die traurige Erkenntnis, dass "die Erinnerung an die Liebe stärker ist als die Liebe selbst".
Dahlmanns Vergangenheit
Aber nicht nur Lena ist mit ihrer Vergangenheit beschäftigt. Auch ihr Untermieter Dahlmann, der einst Lenas Mutter liebte, aber dann nur ihr Trauzeuge wurde, muss sich mit dem Thema "Vergangenheit" auseinandersetzen, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Er kann nicht vergessen und muss sich deshalb erinnern: Dahlmann tritt eine lange Reise in seine Vergangenheit an. Lena begleitet ihn. Der Weg in Dahlmanns Vergangenheit führt nach Polen, nach Auschwitz. Nach und nach erfährt der Leser von Dahlmanns Geheimnis: Er ist Sohn eines KZ-Aufsehers. Zwischen 1942 und 1944 lebte die Familie in der Nähe des Lagers. An Weihnachten im Jahre 1944 floh die Familie, da die Rote Armee näherrückte. Der Vater blieb zurück. Dahlmann hatte ihn nie wieder gesehen...
Die Reise in die Vergangenheit führt beide - sowohl Lena also auch Dahlmann - zu einer tieferen Erkenntnis. Der Autorin Judith Kuckart ist es, nicht nur durch den permanenten Wechsel der Zeitebenen, gelungen, die Vergangenheit in eine enge, unlösbare Beziehung zur Gegenwart zu stellen. (Wibke Garbarukow)
Lenas Mutter ist gestorben. Für die fast 40-jährige Lena der Anlass, ihren Beruf als Schauspielerin aufzugeben und zurück in ihre ungeliebte Heimat im südlichen Ruhrgebiet zu gehen, wo sich über die Jahre fast nichts verändert hat. Lena verliebt sich wieder in Ludwig, ihren Freund aus Schulzeiten, der später Priester wurde, und findet eine Bleibe bei dem Sonderling Dahlmann. Dieser war die große Liebe ihrer Mutter und doch nur deren Trauzeuge – und er hat ein Geheimnis. Auf der Spur von Dahlmanns Vergangenheit reist Lena mit ihm nach Polen – Auschwitz – und versucht dabei, rastlos und verträumt zugleich, ihr Leben und ihre Gefühle für Ludwig zu ordnen. Die Affäre mit einem jüngeren Fußballtorwart bleibt ein Intermezzo. Ist die Erinnerung an die Liebe vielleicht stärker als die Liebe selbst? Judith Kuckart hat Gegenwart und Erinnerung sowie große Themen wie Liebe und Nationalsozialismus zu einem anrührenden, sehr spannenden Roman verwoben. (www.parship.de)
Lenas Liebe
Lena - Ende 30 -, eine ehemalige Schauspielerin, trifft nach dem Tod der Mutter in ihrer Heimatstadt ihre ehemals große Liebe - Ludwig - wieder. Dieser war Priester geworden, war aber eines Morgens aufgewacht und "hatte einfach aufgehört zu glauben" und die Wirklichkeit der Wahrheit vorgezogen. Lena völlig verunsichert, auf der Suche nach Ordnung und einem tieferen Sinn in ihrem Leben, will sich über ihre wahren Gefühle für Ludwig klar werden. Obwohl sie für Ludwig immer noch was empfindet, verliebt sie sich in den wesentlich jüngeren Torwart einer Fußballmannschaft. Während dieser - wenn auch nur sehr kurzen - Affäre lässt sie die gemeinsame Vergangenheit mit Ludwig Revue passieren. Am Ende bleibt ihr jedoch lediglich die traurige Erkenntnis, dass "die Erinnerung an die Liebe stärker ist als die Liebe selbst".
Dahlmanns Vergangenheit
Aber nicht nur Lena ist mit ihrer Vergangenheit beschäftigt. Auch ihr Untermieter Dahlmann, der einst Lenas Mutter liebte, aber dann nur ihr Trauzeuge wurde, muss sich mit dem Thema "Vergangenheit" auseinandersetzen, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Er kann nicht vergessen und muss sich deshalb erinnern: Dahlmann tritt eine lange Reise in seine Vergangenheit an. Lena begleitet ihn. Der Weg in Dahlmanns Vergangenheit führt nach Polen, nach Auschwitz. Nach und nach erfährt der Leser von Dahlmanns Geheimnis: Er ist Sohn eines KZ-Aufsehers. Zwischen 1942 und 1944 lebte die Familie in der Nähe des Lagers. An Weihnachten im Jahre 1944 floh die Familie, da die Rote Armee näherrückte. Der Vater blieb zurück. Dahlmann hatte ihn nie wieder gesehen...
Die Reise in die Vergangenheit führt beide - sowohl Lena also auch Dahlmann - zu einer tieferen Erkenntnis. Der Autorin Judith Kuckart ist es, nicht nur durch den permanenten Wechsel der Zeitebenen, gelungen, die Vergangenheit in eine enge, unlösbare Beziehung zur Gegenwart zu stellen. (Wibke Garbarukow)
Lenas Mutter ist gestorben. Für die fast 40-jährige Lena der Anlass, ihren Beruf als Schauspielerin aufzugeben und zurück in ihre ungeliebte Heimat im südlichen Ruhrgebiet zu gehen, wo sich über die Jahre fast nichts verändert hat. Lena verliebt sich wieder in Ludwig, ihren Freund aus Schulzeiten, der später Priester wurde, und findet eine Bleibe bei dem Sonderling Dahlmann. Dieser war die große Liebe ihrer Mutter und doch nur deren Trauzeuge – und er hat ein Geheimnis. Auf der Spur von Dahlmanns Vergangenheit reist Lena mit ihm nach Polen – Auschwitz – und versucht dabei, rastlos und verträumt zugleich, ihr Leben und ihre Gefühle für Ludwig zu ordnen. Die Affäre mit einem jüngeren Fußballtorwart bleibt ein Intermezzo. Ist die Erinnerung an die Liebe vielleicht stärker als die Liebe selbst? Judith Kuckart hat Gegenwart und Erinnerung sowie große Themen wie Liebe und Nationalsozialismus zu einem anrührenden, sehr spannenden Roman verwoben. (www.parship.de)
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Auch in ihrem vierten Roman macht es sich Judith Kuckart nicht leicht, findet Ulrich Rüdenauer. Auch diesmal kreisen ihre ruhelosen Protagonisten um "große Themen", nämlich um die Liebe, die Sexualität, den Nationalsozialismus, Erinnerung und Gegenwart, informiert der Rezensent und warnt den Leser sodann vor schwindelerregenden Lektüreerlebnissen. Keineswegs meint er das abwertend, denn die "Irritationen" und "Windungen" in dieser "Roadnovel" von Lena, Julius Dahlmann und dem Priester Richard Franzen auf ihrer Fahrt in einem Volvo von Polen nach Berlin faszinieren Rüdenauer. Viele Fragen würden hier aufgeworfen, auf deren eindeutige Antworten der Leser vergebens warte. Allerdings stelle sich am Ende doch, tröstet der Rezensent, ein "Hoffnungsblick in die Zukunft" ein.
© Perlentaucher Medien GmbH
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