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Nicht nur für Fachleute, sondern auch für neugierige und interessierte Laien geschrieben, schildert Meinhard Sarembas Janácek-Biografie den Lebensweg eines der größten Musikdramatiker des 20. Jahrhunderts. Dabei wird ein Blick hinter die Kulissen des "Janácek-Mythos" gewährt: Der Leser kann miterleben, wie kulturpolitische Meinungsbildung betrieben und Janácek noch zu Lebzeiten zu einem künstlerischen und humanitären Idol aufgebaut wurde. Das Buch gewährt aber nicht nur neue Einblicke in Janáceks Arbeits- und Privatleben, sondern zeichnet auch ein facettenreiches Portrait seiner Epoche und…mehr

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Produktbeschreibung
Nicht nur für Fachleute, sondern auch für neugierige und interessierte Laien geschrieben, schildert Meinhard Sarembas Janácek-Biografie den Lebensweg eines der größten Musikdramatiker des 20. Jahrhunderts. Dabei wird ein Blick hinter die Kulissen des "Janácek-Mythos" gewährt: Der Leser kann miterleben, wie kulturpolitische Meinungsbildung betrieben und Janácek noch zu Lebzeiten zu einem künstlerischen und humanitären Idol aufgebaut wurde. Das Buch gewährt aber nicht nur neue Einblicke in Janáceks Arbeits- und Privatleben, sondern zeichnet auch ein facettenreiches Portrait seiner Epoche und seines Landes und des Ineinanders von Musikgeschichte, Kulturpolitik und Geistesgeschichte. In den allgemeinen Kapiteln zu Janáceks Musik werden die verschiedenen Stationen seiner musikalischen Entwicklung nachgezeichnet und erstmals die enge Wechselwirkung von Janáceks wissenschaftlichen Arbeiten und seinen Kompositionen (ausgehend immer von den lange Zeit vernachlässigten Originalfassungen) dargelegt.Meinhard Saremba ,geb. 1960, ist freiberuflich als musikwissenschaftlicher Publizist, Musikdozent und Übersetzer tätig. Er veröffentlichte unter anderem die erste deutschsprachige Sullivan-Biographie ("Arthur Sullivan - Ein Komponistenleben im viktorianischen England", Wilhelmshaven 1993) sowie ein Buch über englische Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts ("Elgar, Britten Co.", Zürich/St. Gallen 1994).
Autorenporträt
Meinhard Saremba, geboren 1960, ist freiberuflich als musikwissenschaftlicher Publizist, Musikdozent und Übersetzer tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2001

Er kann Jenufa nicht morgens in der Straßenbahn gesehen haben
Denn er ging aus nationalem Prinzip zu Fuß: Meinhard Saremba erzählt das Leben des Komponisten Leos Janácek in zu kleinen Schritten

Lieben Sie Janácek? "Seine Musik ja, aber ihn nicht", so das entschiedene Urteil der Brünner Sängerin Marie Calma-Veselá, die ihn bestens kannte. Damit stand sie keineswegs allein. Der mährische Komponist Leos Janácek taugt als Paradebeispiel dafür, daß künstlerisches Genie und menschliche Mängel gern in einer Person zusammenfallen.

Einerseits glückten ihm Opern wie "Jenufa" oder "Katja Kabanova": meisterliche, psychologisch fein ausgelotete Plädoyers für Frauen, die unter den Zwängen einer männlich dominierten Gesellschaft zu leiden haben. Andererseits trieb er seine Gattin Zdenka, die er als Sechzehnjährige geheiratet hatte, durch Machismo und außereheliche Amouren bis zum Selbstmordversuch. Einerseits liebten seine Schüler den begnadeten, engagierten Pädagogen wie einen Vater, der sich auch persönlich, gar finanziell für sie einsetzte. Andererseits fiel ihm am Sterbebett seiner Tochter Olga, die mit einundzwanzig Jahren an Typhus erkrankte, nichts Dringenderes ein, als ihre letzten Seufzer säuberlich in einem Notenbüchlein zu protokollieren - interessante Intonationen des Todes, zur späteren kompositorischen Verwendung. Mit der Dostojewskij-Adaption "Aus einem Totenhaus" brachte Janácek das Elend in einem sibirischen Straflager auf die Opernbühne: ein Monument der Menschlichkeit und ein Appell zur Toleranz, den er im Motto der Partitur, einem Zitat des Dichters, zusammenfaßte: "In jedem Geschöpf ein Funke Gottes." Hingegen blieb er bis zum Schluß ein knochenharter Nationalist, der in seiner Heimatstadt Brünn lieber zu Fuß ging, als die deutsche Straßenbahn zu benutzen, seinen deutschsprachigen Schwiegereltern das Haus verbot und seine Frau zwang, Tschechisch zu lernen.

Die unangenehmen Wesenszüge des Komponisten blieben allerdings lange hinter der Legende vom Gutmenschen Janácek verborgen, an der noch zu Lebzeiten sein Freund und erster Biograph, der Schriftsteller und Komponist Max Brod, zu stricken begann. Erst neuere Veröffentlichungen einschlägiger Quellen, vor allem die Erinnerungen seiner Ehefrau und die Briefe an die fast vierzig Jahre jüngere Geliebte Kamila Stösslová, revidierten das geschönte Bild.

Insoweit zeigt sich die neue Janácek-Biographie von Meinhard Saremba auf der Höhe der Zeit. Kritisch, lebendig erzählend, mitunter gar anschaulich bis hart an die Grenze zur Stilblüte ("Die Habsburger-Kaiser ... sind nun mal ohne jede Zusatzqualifikation zugleich Könige von Böhmen. So einfach kann Herrschen sein"), gelingt es Saremba vielfach, Facetten dieses schwierigen Charakters herauszuarbeiten. Auch geschichtliche Hintergründe, etwa die habsburgfeindliche Stimmung in Mähren, die Janáceks Deutschenhaß nährte, leuchtet er informativ aus.

Dennoch überwiegt am Ende beim Leser aus zwei Gründen der Verdruß. Erstens fehlt der rote Faden, ein erkennbares Konzept, in das sich die Entwicklungslinien einbetten ließen. Im großen und ganzen chronologisch fortschreitend, zerfasert die Darstellung in viele kleine Abschnitte, deren flott gemeinte Überschriften ("Die erträgliche Leichtigkeit des Seins", "Ein volkstümlicher Klugscheißer") wenig besagen, den Leser schlecht orientieren und oft nicht das geringste mit dem Inhalt zu tun haben. Die nach größeren Lebensabschnitten eingeschalteten Zwischenbetrachtungen, die laut Vorwort "die relevanten musikalischen Etappen und ihre Bedeutung für Janáceks Schaffen" resümieren wollen, liegen nicht merklich auf einer anderen Reflexionsebene als der Rest der Darstellung. Vor- und Rückgriffe zwingen den Autor immer wieder zu ermüdenden Wiederholungen.

Schwerer wiegt der zweite Einwand. Die werkanalytischen Teile des Buches sind weitgehend mißglückt. So erläutert Saremba häufig zwar Sachverhalte noch einigermaßen korrekt, wählt dann jedoch höchst unglückliche Beispiele, um das Gemeinte an Janáceks Musik nachzuweisen. Das ergibt mitunter baren Unsinn. So will Saremba zeigen, wie sich die Lektüre zeitgenössischer psychoakustischer Studien, etwa Otto von Helmholtz' Lehre von den Tonempfindungen, in Janáceks Kompositionstechnik niederschlug. Dafür führt er den simplen, dreitönigen Anfangsklang von "Aus einem Totenhaus" mit großem analytischen Aufwand auf die natürliche Obertonreihe zurück - was etwa dem Versuch entspricht, zur Erklärung des ersten Wortes in einem Roman das Alphabet heranzuziehen.

In dieser Weise wird musiktheoretische Terminologie oft unsicher, gelegentlich auch fehlerhaft verwendet. Wenigstens aber sollte das Lektorat eines renommierten Musikverlags elementare sachliche Irrtümer berichtigen, wie die dreifach falsche Behauptung, Arnold Schönbergs Monodram "Erwartung" (geschrieben 1909) sei 1924 komponiert worden, zwölftönig und enthalte "Sprechgesang". Dem ist, da Sarembas Buch laut Klappentext auch für "interessierte Laien" gedacht ist, der Vorwurf hinzuzufügen, daß die ausufernde Fachsprache nicht eingedämmt wurde. Weite Teile des Textes müssen dem neugierigen, doch ungeschulten Leser komplett unverständlich bleiben. Letztlich kann er nur mit den biographischen und zeitgeschichtlichen Passagen etwas anfangen und fährt daher genausogut und erheblich preiswerter, wenn er sich beispielsweise in die im letzten Jahr erschienene schmale Janácek-Biographie von Detlef Gojowy vertieft. Fachleuten hingegen bietet Sarembas Buch nichts wirklich Neues.

FRIEDRICH GEIGER

Meinhard Saremba: "Leos Janácek". Zeit-Leben-Werk-Wirkung. Bärenreiter Verlag, Kassel 2001. 455 S., Abb., Notenbeispiele, geb., 89,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Wohlwollend bespricht der Rezensent Jakob Knaus Meinhard Sarembas Biografie des Komponisten Leos Janacek. Umso mehr als die Forschung über den unkonventionellen Komponisten bisher mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, so Knaus. Lange Zeit lagen nur tschechische Darstellungen vor, die die tabuisierten Bereiche (leider ist unklar, um welche Bereiche es sich handelt) nur vorsichtig streiften. Es wurde das Bild verbreitet eines "glühenden Humanisten", der jedoch als Privatmann "oft starrköpfig und unnahbar war", und dies ohne allzu großes Hinterfragen. Für den Rezensenten eröffnet Sarembas Buch die Zeit der Redefreiheit, die nach der Wende angebrochen ist und in der "diese Rücksichten nicht mehr notwendig" sind. Da jetzt auch die Aufzeichnungen von Janaceks Ehefrau und der Briefwechsel mit seiner Geliebten zugänglich geworden sind, gelingt es Saremba, die beiden Frauen gerechter als bisher zu beurteilen, lobt Knaus. Weiterhin würdigt der Rezensent, dass auch die neuesten Forschungsergebnisse eingearbeitet sind, auf gut lesbare Weise, dass auch einzelne, bisher unbeachtete Werke herausgehoben werden und dass der Autor Janaceks musiktheoretische Ansichten erläutert. Doch ein Satz des Autors hat es dem Rezensenten besonders angetan, weil er die Diskrepanz zwischen Privatmann und Komponist treffend beschreibt: "Der Musiker scheint seiner Zeit eher voraus zu sein als der Mensch."

© Perlentaucher Medien GmbH
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