Die Wissenschaften haben in ihrer zunehmenden Verselbständigung als Teilsystem der Gesellschaft· und in ihrer zunehmenden Ausdiffe renzierung in immer kleinere Spezialgebiete ihre Einheit offensicht lich verloren. Der explosionsartigen Zunahme der international produ zierten Wissenschaftsliteratur, selbst für ein Fach oder ein Fachgebiet, kann keiner mehr Herr werden. Diese Publikationsflut resultiert aus einer hektischen Betriebsamkeit, in der zählbare Veröffentlichungen für die Karriere und für Mittelzuweisungen wichtiger sein können als ein tatsächlicher Wissens- und Erkenntniszuwachs. ,,Absolute Wahr heit" gibt es in keiner Wissenschaft. Wissen ist immer "Vermutungs wissen", hat, weil wir uns irren können, immer nur vorläufigen Wert. Erhebliche Gefahren für Wissenschaften und Gesellschaft lauem, weil Kritik und Überprlifung von Forschungsergebnissen selbst in den Ein zeldisziplinen nur noch punktuell zu bewältigen sind. Insofern tragen die sich in einer Orientierungskrise befindlichen Wissenschaften zur allgemeinen Irritation, Skepsis und Ratlosigkeit bei, denn wie sollen wir adäquat handeln, bei so vielen widersprlichlichen Ergebnissen? - Anderseits kann Wissenschaft aus erkenntnistheoretischen Grlinden nicht die von vielen erwartete Sicherheit und ganzheitliche WeItsicht stiften, so daß antirationale Strömungen mit ihren Heilsversprechun gen vermehrten Einfluß gewinnen könnten. Aber ist das die Lösung? - Mir ist bei allen Ärgerlichkeiten lieber, mich auf hinreichend plau sible, in sich konsistente und kohärente Annahmen zu stUtzen, auch wenn ich nicht alles selbst überprlifen kann, als irgendwelchen Gurus zu folgen.