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Der 1948 erstmals erschienene Roman erzählt die Geschichte von Thérèse, die sich zu Bernard, einem etwas zwielichtigen, rebellischen und jungen Mann, der sich als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg begibt, hingezogen fühlt. Als der Krieg zu Ende ist, kehrt er zurück und versucht sich für die verlorenen Jahre zu entschädigen. Die Jagd nach dem schnellen Geld wird zu einer Leidenschaft, die Enttäuschungen Thérèses hervorrufen, aber ihre Liebe nicht schmälert. Némirovsky schildert das fiebrige Klima der Zwischenkriegsjahre. Ihr Roman wird zu einem eindringlichen Panorama der bürgerlichen Gesellschaft dieser Epoche.…mehr

Produktbeschreibung
Der 1948 erstmals erschienene Roman erzählt die Geschichte von Thérèse, die sich zu Bernard, einem etwas zwielichtigen, rebellischen und jungen Mann, der sich als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg begibt, hingezogen fühlt. Als der Krieg zu Ende ist, kehrt er zurück und versucht sich für die verlorenen Jahre zu entschädigen. Die Jagd nach dem schnellen Geld wird zu einer Leidenschaft, die Enttäuschungen Thérèses hervorrufen, aber ihre Liebe nicht schmälert. Némirovsky schildert das fiebrige Klima der Zwischenkriegsjahre. Ihr Roman wird zu einem eindringlichen Panorama der bürgerlichen Gesellschaft dieser Epoche.
Autorenporträt
Irène Némirovsky, geb. 1903 als Tochter eines reichen russischen Bankiers in Kiew geboren, kam während der Oktoberrevolution nach Paris. Dort studierte sie französische Literatur an der Sorbonne. Irène heiratete den weißrussischen Bankier Michel Epstein, bekam zwei Töchter und veröffentlichte ihren Roman 'David Golder', der sie schlagartig berühmt und zum Star der Pariser Literaturszene machte. Viele weitere Veröffentlichungen folgten. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach und die Deutschen auf Paris zu marschierten, floh sie mit ihrem Mann und den Töchtern in die Provinz. Während der deutschen Besetzung erhielt sie als Jüdin Veröffentlichungsverbot. In dieser Zeit arbeitete sie an einem großen Roman über die Okkupation. Am 13.7.1942 wurde Irène Némirovsky verhaftet und starb wenige Wochen später in Auschwitz. 2005 entzifferte Némirovskys Tochter Denise Epstein das Manuskript, das als Suite française veröffentlicht und zur literarischen Sensation wurde.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.05.2009

Zurück bleibt ein entblößtes Land

Irène Némirovksys letzter vollendeter Roman liegt jetzt auf Deutsch vor. "Feuer im Herbst" ist ein französisches Gesellschaftspanorama über das untergehende Bürgertum zwischen den Weltkriegen.

Ihr unvollendeter Roman überdauerte sechzig Jahre in einem Koffer in Paris. Als das Manuskript entdeckt und schließlich 2005 veröffentlicht wird, feiert man Irène Némirovsky ähnlich begeistert wie schon während der zwanziger Jahre, als die jüdische Autorin ukrainischer Herkunft zu den Stars der Pariser Salons zählte. Ihre postum veröffentlichte "Suite Française", ein ursprünglich auf tausend Seiten angelegtes Werk, von dem nur zwei der fünf geplanten Teile fertig wurden, zeichnet ein glasklares Bild von jenem Land, dem sich die staatenlose Exilrussin so verbunden fühlte und aus dem sie 1942 nach Auschwitz deportiert wurde, wo sie noch im selben Jahr starb.

Seit Erscheinen der "Suite Française" wird Némirovskys Werk, das in Frankreich immer schon mehr war als nur ein Geheimtipp, auch bei uns Buch für Buch entdeckt. Nach "Jesabel" und "Die Hunde und die Wölfe" hat der Knaus Verlag "Feuer im Herbst" herausgebracht. Es ist die Vorstufe zur "Suite Française" und der letzte abgeschlossene Roman der Autorin. Als Irène Némirovsky "Les feux de l'automne" um 1941/42 zu Ende schrieb, wurde sie aufgrund ihrer jüdisch-ukrainischen Wurzeln im besetzten Frankreich schon nicht mehr publiziert. So erschien das Werk erst 1948; Eva Moldenhauer hat jetzt die deutsche Ausgabe übersetzt.

Schon auf den ersten Seiten zeigt sich die Meisterschaft der 1903 in Kiew geborenen und während der russischen Revolution nach Paris geflohenen Schriftstellerin, die in der Tradition der großen französischen und russischen Erzähler des neunzehnten Jahrhunderts steht. Das breitwandige Eröffnungstableau zieht den Leser augenblicklich in den Bann: Wir erleben die Pariser Familie Brun, wie sie an einem Frühlingssonntag zu Tisch sitzt. Auf der Tafel steht ein Strauß frischer Veilchen, außerdem Brot, Wein und ein Ragout in cremiger Soße.

Das Déjeuner, das stets von der Schwiegermutter zubereitet wird, ist hier eine durchaus ernste Angelegenheit, weshalb die versammelten petits bourgeois es zelebrieren wie ein heiliges Ritual. Mit spitzer Ironie führt uns die Autorin sodann durch den winzigen, mit Henri-II-Möbeln eingerichteten Salon, beschreibt nicht ohne Spott die an den Wänden hängenden Reproduktionen aus dem Louvre und lässt sich aus über Frisuren oder Kleidungsstücke. Zum verwitweten Adolphe und seiner Tochter Thérèse haben sich der Medizinstudent Martial und dessen Freund Raymond gesellt sowie das Ehepaar Jacquelain mit Sohn Bernard. Die Konversation plätschert vor sich hin. Aus dem geöffneten Fenster klingen die Geräusche der Straße und die Pfiffe der Züge der nahe gelegenen Gare de Lyon hinauf in die Wohnung, und die Sonne lässt das Interieur jener traumverlorenen Welt vor dem Ersten Weltkrieg in einem zauberhaften Licht erstrahlen.

Diese Welt von gestern steht nur wenige Seiten und einige Jahre später in Flammen. Zwar halten auch jetzt noch vor allem die Älteren verzweifelt fest an ihrem Glauben an die Sinnhaftigkeit der Ereignisse, doch die soziale und politische Realität ist längst eine andere. Der schüchterne Martial, der kurz nach seiner Hochzeit mit Thérèse, der Freundin aus Kindertagen, in den Krieg zog, wird in Flandern von einer Bombe zerfetzt. Und Bernard, der 1914 freiwillig und mit wehenden Fahnen auf die Schlachtfelder eilte, kehrt vier Jahre später als Gezeichneter zurück - gealtert, ohne Zeit zum Reifen gehabt zu haben, wie Irène Némirovsky schreibt; "er ähnelte Frühobst, bei dem man nur auf hartes, bitteres Fleisch beißt".

"Feuer im Herbst" ist ein Sittengemälde über das Frankreich zwischen den beiden Weltkriegen, in dem die Autorin auf weniger als dreihundert Seiten gut dreißig Jahre umspannt. Mal verbeißt sie sich in minutiöse Beschreibungen eines Details oder einer Szenerie, dann wieder schreitet sie zügig voran. Dabei schildert Némirovsky die gesellschaftliche Realität vor allem anhand der Erlebnisse ihrer Protagonisten; Politik und Ideologien kommen fast nicht vor. Stattdessen treten Mütter, Soldaten, Geschäftsleute auf, Bankiers und Politiker, die häufig in inneren Monologen zu Wort kommen. Ihre Hoffnungen, ihr Leid und ihre Träume fließen zu einem polyphonen Chor zusammen, der vor allem offenbar macht, wie sehr der Krieg auf die Moral und Haltung der Pariser Bürger eingewirkt hat und wie sehr die Eliten in den prekären Jahren der Zwischenkriegszeit versagt haben. Frankreich, in seinen Grundfesten erschüttert, blieb zurück als "ein verwüstetes Land, ein entblößtes, erdrücktes, wehrloses Land", schreibt Némirovsky. Vor allem im Mittelteil, den Jahren zwischen 1929 und 1936, dreht sich alles nur noch um Macht, Korruption und den schnellen Gewinn: "So wenig wie möglich tun und so viel wie möglich verdienen", lautet das Nachkriegsmotto des einstigen Idealisten Bernard.

Anhand seiner wechselvollen Beziehung zur jungen Witwe Thérèse, die er nach dem Ersten Weltkrieg heiratet, wird gezeigt, wie die Menschen an den Antagonismen der Zeit zerbrechen: Während Thérèse tapfer an ihrer romantischen und auch ein wenig naiven Vorstellung von Liebe und Mutterschaft festhält, entwickelt Bernard sich zum zynischen nouveau riche, der aus der Enge der Kleinfamilie ausbricht. Bernards Fall während der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre vollzieht sich freilich ebenso rasant wie zuvor sein Aufstieg. Am Ende des Romans aber kommt es überraschend zum Wandel des Helden. Als Bernard, nun wieder im Krieg, 1940 in deutsche Gefangenschaft gerät, tut er Buße. Ihrem Protagonisten gewährt Irène Némirovsky noch einmal eine Chance, die ihr selbst bekanntlich nicht zuteil wurde. Wenige Monate nach Fertigstellung des Romans wurde sie in ihrem Versteck in Burgund verraten und nach Auschwitz deportiert.

SANDRA KEGEL

Irène Némirovsky: "Feuer im Herbst". Roman. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer. Knaus Verlag, München 2008. 272 S., geb, 19,95 [Euro].

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