Prag ist eine Stadt der magischen Momente. Ob man die stillen Pflastergassen auf der Kleinseite durchstreift oder im ehemaligen jüdischen Ghetto die mittelalterlichen Gräber betrachtet immer wieder stößt man auf Dinge, die sich sogleich in Legenden übersetzen und damit etwas vom spezifischen Geist dieser alten europäischen Kulturmetropole freigeben. In besonderer Weise gilt das für die Heldentaten des Originalgenies Jára Cimrman, die nur mit der Kraft der Imagination zu erfassen sind. Klaus Brill ist auf verschlungenen Pfaden und über versteckte Treppen den Geschichten nachgestiegen, die die tschechische Hauptstadt zu erzählen hat. Angefangen bei Kaiser Karl dem Größten und den berühmten Prager Fensterstürzen, von denen es nicht nur den einen gibt. Er berichtet von Begegnungen mit Hunden und mit Köchen, präsentiert einen altböhmischen Adligen und einen verflossenen Präsidenten ebenso wie die kleinen Schurken des Alltags und die Spitzel der kommunistischen Vergangenheit. Den Nachwirkungen des Prager Frühlings hat er ebenso nachgespürt wie den seltsamen Umwegen, auf denen erst in jüngster Zeit das Werk des Autors Franz Kafka bei seinen Prager Mitbürgern angekommen ist.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2011Köche und Hunde
Von SZ-Autoren: Klaus Brills
Lesereise durch Prag
Den Sinn im Blödsinn suchen, das klingt nach Prag und nach Schwejk. Aber nicht der zum Soldaten gepresste Hundehändler aus dem Ersten Weltkrieg gilt den heutigen Tschechen als geniale Inkarnation der eigenen Unverwüstlichkeit, sondern eher ein literarisches Phantom namens Jara Cimrman, das ein Karl Valentin nicht hätte schöner ersinnen können. Cimrmans Welt ist jener Teil von Prag, den man nicht auf den Trampelpfaden des Tourismus, sondern nur über verschwiegene Hintertreppen erreicht.
Klaus Brill, seit fünf Jahren SZ-Korrespondent in Prag, hat die tschechische Hauptstadt erkundet und berichtet von Begegnungen mit Köchen und Hunden, mit einem altböhmischen Adligen, einem politisch verfolgten Schriftsteller und zwei alten Prager Juden. Auch Franz Kafka fehlt nicht: ihm und der gesamten Bohème der deutschsprachigen Prager Literatur, die durch den Nazi-Terror ausgelöscht und im Kommunismus verleugnet wurde, ist man zwei Jahrzehnte nach der Wende von 1989 jetzt auch in seiner Heimatstadt wieder auf der Spur.
SZ
KLAUS BRILL: Lesereise Prag – Auf der Karlsbrücke nachts um halb eins. Picus Verlag, Wien 2011. 132 S., 14,90 Euro.
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Lesereise durch Prag
Den Sinn im Blödsinn suchen, das klingt nach Prag und nach Schwejk. Aber nicht der zum Soldaten gepresste Hundehändler aus dem Ersten Weltkrieg gilt den heutigen Tschechen als geniale Inkarnation der eigenen Unverwüstlichkeit, sondern eher ein literarisches Phantom namens Jara Cimrman, das ein Karl Valentin nicht hätte schöner ersinnen können. Cimrmans Welt ist jener Teil von Prag, den man nicht auf den Trampelpfaden des Tourismus, sondern nur über verschwiegene Hintertreppen erreicht.
Klaus Brill, seit fünf Jahren SZ-Korrespondent in Prag, hat die tschechische Hauptstadt erkundet und berichtet von Begegnungen mit Köchen und Hunden, mit einem altböhmischen Adligen, einem politisch verfolgten Schriftsteller und zwei alten Prager Juden. Auch Franz Kafka fehlt nicht: ihm und der gesamten Bohème der deutschsprachigen Prager Literatur, die durch den Nazi-Terror ausgelöscht und im Kommunismus verleugnet wurde, ist man zwei Jahrzehnte nach der Wende von 1989 jetzt auch in seiner Heimatstadt wieder auf der Spur.
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KLAUS BRILL: Lesereise Prag – Auf der Karlsbrücke nachts um halb eins. Picus Verlag, Wien 2011. 132 S., 14,90 Euro.
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