Produktdetails
- Verlag: Felix Jud
- Seitenzahl: 54
- Erscheinungstermin: Februar 2013
- Deutsch
- Abmessung: 32.5cm x 21.5cm
- ISBN-13: 9783981331837
- ISBN-10: 3981331834
- Artikelnr.: 37014277
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2015Kaufmannsgeist anstatt Kunstsinnigkeit
Hamburger, schrieb Siegfried Lenz, sind Leute, die sich selbst für Hamburger halten. Der gebürtige Ostpreuße hielt sich nie dafür, obwohl er die längste Zeit seines Lebens in Hamburg lebte. Im Jahr 1968, fünf Jahre nachdem er sich im Elbvorort Othmarschen ein Haus gekauft hatte, widmete er sich literarisch seinen Mitbürgern. Die Erzählung "Leute von Hamburg" zählte er später zum "Besten, was ich je gemacht habe". Anlässlich von Lenz' Tod im vergangenen Jahr ist sie neu aufgelegt worden, versehen mit einem Vorwort seines Freundes Helmut Schmidt und Illustrationen von Klaus Fußmann. Das Verhältnis des Schriftstellers zu den Hamburgern war nicht ungetrübt. Wie in keinem seiner Werke übte sich Lenz hier in Sarkasmus und Ironie. Keine Spur von der berühmten Menschenfreundlichkeit, die er sonst gegenüber seinen Figuren walten ließ. Das Hamburgische sei die Kunst, die Welt am Lieferanteneingang zu empfangen und ihr das Gefühl zu geben, dies sei die größte Auszeichnung, die man hier zu vergeben hat, schreibt er. Ein Satz, der auf eigenen enttäuschenden Erfahrungen gründen mag. Künstler, nicht nur Heinrich Heine, hatten es noch nie leicht in dieser vom Kaufmannsgeist durchdrungenen Stadt. Und so ist es auch besonders der ausgeprägte Sinn fürs Merkantile, der den Leuten von Hamburg gemein ist. Die junge - natürlich langbeinige - Fremdsprachenkorrespondentin ist liebenswürdig gegen jedermann, solange die Überweisungen pünktlich erfolgen. Der erfolgreiche Künstler malt besonders gern bestellte Seestücke für Arztpraxen. Die Hausfrau kauft ihre Kleidung im Ausverkauf und lässt sie zwei Jahre liegen, bevor sie die Stücke trägt. Und der Reeder bezeichnet es als einen seiner glücklichsten Tage, als er feststellt, dass sein Name in einem Artikel über die Reichen in Deutschland nicht genannt wird. Man liest diese Porträts mit Schmunzeln, denn es gibt sie auch heute noch, diese skurrilen Hamburger Typen. Doch bedauerlicherweise findet sich das typische Hamburger Understatement inzwischen meist nur noch bei den Älteren. Mittlerweile gilt es auch in Hamburg nicht mehr als attraktiv, anderen als möglichst unscheinbar zu erscheinen oder als großzügiger Stifter auf strikte Anonymität zu beharren.
Nag.
"Leute von Hamburg" von Siegfried Lenz. Mit Bildern von Klaus Fußmann und einem Vorwort von Helmut Schmidt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2014. 72 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden. 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hamburger, schrieb Siegfried Lenz, sind Leute, die sich selbst für Hamburger halten. Der gebürtige Ostpreuße hielt sich nie dafür, obwohl er die längste Zeit seines Lebens in Hamburg lebte. Im Jahr 1968, fünf Jahre nachdem er sich im Elbvorort Othmarschen ein Haus gekauft hatte, widmete er sich literarisch seinen Mitbürgern. Die Erzählung "Leute von Hamburg" zählte er später zum "Besten, was ich je gemacht habe". Anlässlich von Lenz' Tod im vergangenen Jahr ist sie neu aufgelegt worden, versehen mit einem Vorwort seines Freundes Helmut Schmidt und Illustrationen von Klaus Fußmann. Das Verhältnis des Schriftstellers zu den Hamburgern war nicht ungetrübt. Wie in keinem seiner Werke übte sich Lenz hier in Sarkasmus und Ironie. Keine Spur von der berühmten Menschenfreundlichkeit, die er sonst gegenüber seinen Figuren walten ließ. Das Hamburgische sei die Kunst, die Welt am Lieferanteneingang zu empfangen und ihr das Gefühl zu geben, dies sei die größte Auszeichnung, die man hier zu vergeben hat, schreibt er. Ein Satz, der auf eigenen enttäuschenden Erfahrungen gründen mag. Künstler, nicht nur Heinrich Heine, hatten es noch nie leicht in dieser vom Kaufmannsgeist durchdrungenen Stadt. Und so ist es auch besonders der ausgeprägte Sinn fürs Merkantile, der den Leuten von Hamburg gemein ist. Die junge - natürlich langbeinige - Fremdsprachenkorrespondentin ist liebenswürdig gegen jedermann, solange die Überweisungen pünktlich erfolgen. Der erfolgreiche Künstler malt besonders gern bestellte Seestücke für Arztpraxen. Die Hausfrau kauft ihre Kleidung im Ausverkauf und lässt sie zwei Jahre liegen, bevor sie die Stücke trägt. Und der Reeder bezeichnet es als einen seiner glücklichsten Tage, als er feststellt, dass sein Name in einem Artikel über die Reichen in Deutschland nicht genannt wird. Man liest diese Porträts mit Schmunzeln, denn es gibt sie auch heute noch, diese skurrilen Hamburger Typen. Doch bedauerlicherweise findet sich das typische Hamburger Understatement inzwischen meist nur noch bei den Älteren. Mittlerweile gilt es auch in Hamburg nicht mehr als attraktiv, anderen als möglichst unscheinbar zu erscheinen oder als großzügiger Stifter auf strikte Anonymität zu beharren.
Nag.
"Leute von Hamburg" von Siegfried Lenz. Mit Bildern von Klaus Fußmann und einem Vorwort von Helmut Schmidt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2014. 72 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden. 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main