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Es wird die Rede sein von Hotels und Küchentischen, von Krankenhäusern und Schlachtfeldern. Die Liebe ist allgegenwärtig. Und doch erkennt sie nicht jeder, denn manchmal macht sie sich unsichtbar und wird ganz still, manchmal erlischt sie von heute auf morgen, oder sie nimmt von allen unbemerkt eine neue Gestalt an. Wie die Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern. Oder die Zuneigung zu geliebten Gegenständen, die Liebe zu alten Freunden. Sie lässt sich nicht erklären, wohl aber kartografieren - und so widmet sich Annette Pehnt der Liebe in all ihren Formen, schreibt von Schmerz und Glück, Ungewissheit, Lust, Auf- und Hingabe, Verzweiflung und Ritual. …mehr

Produktbeschreibung
Es wird die Rede sein von Hotels und Küchentischen, von Krankenhäusern und Schlachtfeldern. Die Liebe ist allgegenwärtig. Und doch erkennt sie nicht jeder, denn manchmal macht sie sich unsichtbar und wird ganz still, manchmal erlischt sie von heute auf morgen, oder sie nimmt von allen unbemerkt eine neue Gestalt an. Wie die Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern. Oder die Zuneigung zu geliebten Gegenständen, die Liebe zu alten Freunden. Sie lässt sich nicht erklären, wohl aber kartografieren - und so widmet sich Annette Pehnt der Liebe in all ihren Formen, schreibt von Schmerz und Glück, Ungewissheit, Lust, Auf- und Hingabe, Verzweiflung und Ritual.
Autorenporträt
Annette Pehnt, geboren 1967 in Köln, studierte und arbeitete in Irland, Schottland, Australien und den USA. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Freiburg und Hildesheim, wo sie das Institut für Literarisches Schreiben & Literaturwissenschaft leitet. 2001 veröffentlichte sie ihren ersten Roman »Ich muß los«, für den sie unter anderem mit dem Mara-Cassens-Preis ausgezeichnet wurde. 2002 erhielt sie in Klagenfurt den Preis der Jury für einen Auszug aus dem Roman »Insel 34«, 2008 den Thaddäus-Troll-Preis sowie die Poetikdozentur der Fachhochschule Wiesbaden und 2009 den Italo Svevo-Preis. 2022 wurde sie mit dem Rheingauer Literaturpreis und 2023 mit dem Großen Preis des Deutschen Literaturfonds für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet. 2011 erschien ihr Roman »Chronik der Nähe«, im selben Jahr erhielt sie den Solothurner Literaturpreis sowie den Hermann Hesse Preis. 2013 erschien der Prosaband »Lexikon der Angst«, 2014 war sie Mitherausgeberin der Anthologie »Die Bibliothek der ungeschriebenen Bücher«. Darüber hinaus schrieb sie mehrere Kinderbücher, unter anderen »Der Bärbeiß«. Zuletzt veröffentlichte sie den Roman »Die schmutzige Frau«.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.11.2017

Wenn der
Faden reißt
Nicht ganz vollständig: Annette
Pehnts „Lexikon der Liebe“
In der Notaufnahme wartet ein alter Mann auf seine Frau. Sie ist gestürzt, nach vorn, mit dem Gesicht nach unten. Sonst ist sie immer nach hinten auf den Kopf gefallen, und der Mann denkt, es müsse an diesen Stürzen liegen, dass sie so apathisch geworden ist. Deshalb hatte er sie gebeten, beim nächsten Mal nach vorn zu fallen. Dieser Sturz scheint schlimmer zu sein als die anderen zuvor. Aber die Liebe zwischen ihm und seiner Frau, die er zärtlich „Meine Feder“ nennt, wird auch dieses Unglück überstehen.
Bedrückend und tröstlich zugleich ist diese Miniatur von Annette Pehnt, eine von rund fünfzig kurzen Geschichten aus ihrem neuen Buch „Lexikon der Liebe“. 2013 hatte Pehnt bereits das „Lexikon der Angst“ veröffentlicht. Jetzt also die Liebe von A wie Ahnung bis Z wie Zittern in ihren komischen, traurigen, dramatischen und banalen Verwicklungen. Es geht um Melancholie, Abschied, Krankheit, Entfremdung, Alter und Älterwerden, aber auch um die kleinen und großen Glücksmomente. Die Geschichten sind meist nicht mehr als drei oder vier Seiten lang, die Titel bewusst unspektakulär, fast beliebig gehalten („Unter“, „Viele“, „Namen“). Doch ganz so alltäglich, wie die Titel suggerieren, sind diese Kurzerzählungen nicht, Pehnt sucht das Besondere im Alltag, oft findet sie es, manchmal auch nicht.
Liebende, erfahren wir in einer Geschichte, erzählen gern von den Anfängen, wie sie sich kennen lernten, was sie erlebten, als alles noch offen war. Annette Pehnt berichtet selten vom Zauber des Anfangs und häufiger davon, wie die Liebe auf die Probe gestellt wird. Wenn das Schicksal an einer Ecke lauert und dabei zuschaut, wie die Protagonisten mit ihrem Unglück zurechtkommen. Wenn sich in eine enge Beziehung plötzlich das Gefühl von Entfremdung schleicht, weil die Eltern hilflos zusehen müssen, wie ihnen ihre erwachsen gewordenen Kinder entgleiten.
In einer anderen Geschichte geht es nicht um Nähe, die schwindet, sondern um das aktive Zerstören von Nähe – durch lustvolle Untreue. Eine Tänzerin ist mit ihrem Ensemble in der ganzen Welt unterwegs, und auch ihr Partner reist beruflich viel umher. Zwischen Flughäfen, Bahnhöfen und Hotelzimmern chatten sie pausenlos, aber eines Tages reißt der digitale Faden plötzlich ab. Sie liegt in Florenz mit einem Anderen im Bett, und er muss es aushalten, dass ihr Handy stumm bleibt. „Parkplätze“ heißt die kurze Geschichte über Liebe in den Zeiten des Webs, sie hat eine schöne Leichtigkeit und Dramaturgie. Und dazu noch eine hübsche Schlusspointe, wie manche dieser kurzen Texte.
Allerdings sind nicht alle Miniaturen in diesem Liebes-Lexikon geglückt. Wenn Pehnt von einer Frau erzählt, die einen Guru anhimmelt, wirkt das allzu stromlinienförmig, es fehlen die Brechungen. Überhaupt vermisst man in manchen Geschichten das Abgründige, Sperrige, den Widerhaken. „Man muss sich schon etwas einfallen lassen, aber zu schräg darf es auch nicht sein“, heißt es in der Geschichte „Phrase“, in der ein Mann zum ersten Mal in seinem Leben eine Kontaktanzeige aufgibt. Doch, möchte man einwenden, doch, es soll schräg sein, unbedingt! So wie in der Geschichte „Gast“, in der eine auffällig schmutzige Frau sich bei einem Wissenschaftler zu Hause einnistet. Woher sie kommt, was sie will, bleibt offen. Hier machen die Fragezeichen den Reiz der Geschichte aus.
Man hätte der Autorin für ihre Erzählungen, die stilistisch fast alle im gleichen Duktus gehalten sind, etwas mehr Mut gewünscht, sich auf die schiefe Bahn zu begeben. Pehnt entwirft viele anrührende Szenen und Lebensläufe, erzählt von Krankheit und Leid in einem Ton, der von Menschlichkeit und Warmherzigkeit geprägt ist. Aber da braucht es eben auch einen klaren Kontrapunkt. Ein Lexikon der Liebe ist nun mal keine Fibel allein des Guten.
FRANZISKA WOLFFHEIM
Annette Pehnt: Lexikon der Liebe. Piper Verlag, München 2017. 192 S., 20 Euro. E-Book 18,99 Euro.
Zum Ton der Menschlichkeit
und Warmherzigkeit braucht es
einen starken Kontrapunkt
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.2018

Sie würde so gern ein unverziertes Müsli essen
"G" wie Gemurmel: Annette Pehnts "Lexikon der Liebe" zieht kurze Geschichtenfäden aus dem großen Beziehungsgeflecht der Welt

An Buchtiteln, die "das Abc", gerne auch "das kleine Abc" von irgendetwas versprechen, mangelt es wahrlich nicht. Oft steckt dahinter die Strategie, Texte zu bündeln, die eigentlich keinen Zusammenhang haben. Ein "kleines ABC der Liebe" gibt es auf diesem Markt zudem schon, braucht man also auch noch das "Lexikon der Liebe"? Immerhin klingt der Titel schön, und er hat zudem ein musikalisches Vorbild: das 1982 erschienene Album "The Lexicon of Love" der britischen Synth-Pop-Gruppe ABC. Wenn man einen Zusammenhang zwischen den vorliegenden Erzählungen Annette Pehnts und diesem Album sehen wollte, dann vielleicht den eines "New Romanticism" - so könnte es zumindest auf den ersten Blick scheinen: "Sein Herz schlägt bis unter das Schlüsselbein, ein weiches Pochen von Hingabe und Dankbarkeit. So, denkt er einen Moment lang, hat mich noch niemand berührt, bevor er einfach aufhört zu denken."

Doch der Satz ist noch nicht zu Ende, der Rest lautet: ". . . bis auch schon die Zeit zu Ende geht und die Masseurin ihm einen Klaps auf die Nieren gibt". Es ist dann doch eher sachlich, im handgreiflichen und auch banalen Alltag verankert, wie Pehnt erzählt. Das ist keine schwärmerische Literatur - eher könnte man sich an einen Suhrkamp-Band mit "Liebesgeschichten" aus den frühen Achtzigern erinnert fühlen, auf dem vorne ein Wasserhahn mit Zahnputzbecher abgebildet war und der "Verständigungstexte" versprach.

Die Einträge in diesem "Lexikon" klingen erst einmal überraschend, sie lauten zum Beispiel "Ahnung", "Balkon" und Boden". Später folgen "Mirabellen" und "Mutter" oder auch "Postbus" und "Punkt". Die Texte dazu sind oft nur zwei oder drei Seiten lang, lauter novellistische Minieinblicke in die Leben ganz verschiedener Menschen. Öfter geht es allerdings um Mütter. Eine davon übt eine Art von erdrückender Liebe auf ihre Tochter aus, die sich auch in zu vielen Geschenken und dadurch erzwungener Dankbarkeit ausdrückt. Die Tochter hat das Gefühl, als Reaktion darauf nie genug tun und sagen zu können, und was sie auch macht, es wird nicht ausreichend freudig und innig sein. "Sie würde gern ein unverziertes Müsli essen", lautet ein Satz über diese Tochter, der die Situation sehr schön zuspitzt.

In einer anderen Geschichte heißt es über einen Mann, dass er womöglich eine bessere Mutter wäre als die Frauen, die er kennenlernt: "Mütterlichkeit ist eine seiner besten Eigenschaften, er ist geduldig, kräftig und wohlhabend, und seine überschüssige Wärme dehnt sich über seine Grenzen hinweg aus, wölbt sich in andere Leben hinein, ständig könnte er lieben, nur dass er ebendiesen einen Menschen nicht findet, es muss ein Kind sein, niemand anders kann es sein, sein Kind." Auch hier also zu viel Liebe, und man merkt, dass Annette Pehnt auch der durchaus boshaften Beobachtung fähig ist. Sie wendet diese hier sogar für einmal ins Groteske, indem sie den Mann dann noch fragen lässt: "Können Sie mir ein Kind empfehlen?" Er würde sich am liebsten eines aus dem Katalog aussuchen.

In einer derartigen Pointierung liegt allerdings auch die Gefahr, literarische Figuren zu allzu künstlichen Gebilden zu machen. Im kritischen Jargon nennt man das gern Holzschnitte oder Laubsägearbeiten, und Annette Pehnt riskiert öfter, solche zu produzieren. Zum Beispiel, wenn sie einen Mann zeigt, der für Liebe und Zärtlichkeit unter Menschen nur Verachtung übrig hat, sich stattdessen einen Hund zulegt, diesen aber einschläfern lassen muss, und der schließlich abends einsam am Radio sitzend sein Supermarktessen verzehrt.

So nett die Idee mit den überraschenden Lemmata in diesem Buch auch scheint, entdeckt man doch ziemlich schnell, dass sich hinter diesen ein ums andere Mal ziemliche Holzschnitt-Themen der Literatur verbergen, nämlich etwa Liebe im Alter, Liebe zu einer dementen Person, Liebe in Zeiten der Smartphone-Kommunikation, Liebe auf Dating-Portalen, Liebe im Test des ersten gemeinsamen Urlaubs. Der Eintrag "Gemurmel" hieß ursprünglich wohl eher "Geburt", der namens "Balkon" im Entwurf wohl etwas wie "Affäre im Hotelzimmer". Aus diesen Baukastenelementen des Liebeslebens hat die Autorin mal mehr, mal weniger gemacht.

JAN WIELE

Annette Pehnt: "Lexikon der Liebe".

Piper Verlag, München 2017. 190 S., geb., 20,- [Euro].

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»Auf engstem Raum nähert sich Annette Pehnt einem großen Gefühl.« Sandra Kegel 3 sat Buchzeit 20171210